Vang Vieng.

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Apr 272015
 

DSC06911717. Reisetag

22.188 km

 

Bei leicht bedecktem Himmel verlasse ich in der Frühe Vientiane. Am Straßenrand knien Frauen auf Matten, vor Ihnen sind Gabentöpfen aufgestellt. Mönche im Gänsemarsch ziehen an ihnen vorbei und sammeln die tägliche Spende ein. Jeder bekommt etwas in seinen Topf. Ob es wohl später redlich geteilt wird?

Die gemütlich zu befahrende Straße wird zur staubigen Baustelle. Der Versuch mich mit einem Mundschutz zu schützen – wie die vorbeirauschenden Mopedfahrer – scheitert. Mein Atmen wird schwieriger, außerdem beschlägt die Brille. Dann lieber Staub einziehen.

Ich weiche auf Nebenstraßen aus, anfangs geteert, dann Holperpiste. Befürchtungen, dass eine Fähre (wegen des wenigen Verkehrs) ihren Dienst eingestellt hat Bewahrheiten sich nicht. Mit ihr gelange ich nach der Flussüberquerung wieder auf die jetzt baustellenlose Hauptstraße.

Als Übernachtungsort habe ich mir ein einsam gelegenes „Öko“-Resort ausgesucht. Nach 100 km Fahrt erreiche ich abgeschlafft in der Mittagshitze mein Tagesziel. Öko bedeutet hier einfach, die Preise entsprechen allerdings einem 3-Sterne-Hotel. Ich bin der einzige, den es hier hin verschlagen hat. Mit etwas Zeit und einem kaltes Bier werde ich meinen anfänglichen Groll los. Ich bin offen für das schöne Umfeld.
Rund herum alles grün. Unter mir ein Fluss, in dem Kinder baden. Im nahen Teich quaken Frösche. Wie dirigiert setzt ein Grillenkonzert ein und hört wieder auf.

Das Flachland habe ich verlassen, es fängt an zu hügeln. Das spüre ich bei der Weiterfahrt am nächsten Morgen. Die trockenen Reisfelder sind durch grüne mit Bambus und Buschwerk bewachsene Hänge abgelöst. Meine Augen freuen sich, die Beine sind ein wenig gefordert.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Vang Vieng. Einst das berühmt berüchtigte Hippie-Paradies inmitten einer Karstlandschaft mit Fluss. Mittlerweile gibt es keine 24-Stunden-Parties mehr, Nachtruhe beginnt um 22 Uhr, der Alkohol fließt noch, aber nicht mehr in Strömen, Drogenhandel wird bestraft. Nach einem „hohen Staatsbesuch“ sind die Behörden rigoros vorgegangen.

Die schöne Landschaft ist geblieben, die Touristen auch. Anstatt Besäufnis stehen Caving (Höhlenbesichtigung), Tubing (auf einem Autoschlauch sich den Fluss hinunter treiben zu lassen), Climbing und Kayaking u.a. auf dem Programm. Die ersten zwei Punkte auch auf meinem.

Die Besichtigung der Tropfsteinhöhlen ist etwas Besonderes. Haarsträubend, wenn man deutsche Sicherheitsanforderungen stellen würde. Keine Beleuchtung drinnen, keine Halteseile. Mit meiner Stirnlampe versehen klettere ich hinein, über rutschig feuchte abgewetzte Tropfsteine und Geröll, auf allen vieren. Zu Tode stürzen würde ich mich nicht, ein Abrutschen würde deutliche Blessuren hinterlassen. Unten gelange ich in eine Gewölbehalle. Es ist stockdunkel. Ich bin alleine. Der Strahl meiner Lampe lässt die Schatten der Tropfsteinsäulen in den hinteren Raum fallen. Ein merkwürdiges Gefühl hier zu stehen und ein wenig gruselig ist es auch.
Ich versuche mir den gangbaren Weg zu merken, da es genügend Hindernisse gibt. Aber alles sieht ähnlich aus und beim Zurückschauen wieder anders. Die Bange, den Rückweg nicht zu finden begrenzt mein Eindringen in die Tiefen, schade.

Das Tubing läuft organisiert ab. Die diversen Unternehmen im Ort haben sich auf eine Anlaufstelle geeinigt. Dort leiht man sich den Schlauch und wird zur Einstiegsstelle oberhalb des Flusses transportiert. Das vermeidet Konkurrenz und sichert ihnen einen guten Preis.

Dort angekommen, könnte ich gleich einkehren und laut Hinweisschild Freunde finden. Müsste dafür aber die sehr laute Partymusik in Kauf nehmen.
Setzte mich also gleich in den Schlauch. Auf der einen Seite baumeln die Beine, dazwischen der Hintern im Wasser und Arme und Oberkörper auf der anderen Seite. Die Strömung ist mäßig, die Treibgeschwindigkeit auch. So lasse ich für die nächsten 4 Stunden das Umfeld an mir vorbeiziehen. Zwischendurch lege ich einen Halt ein und trinke ein Bier in einer Hütte. Solche Stationen gibt es reichlich. Beim Weiterfahren bemerke ich ein Loch im Schlauch. Kann den Luftaustritt aber durch Fingerdrücken deutlich reduzieren. Trotzdem ein ungutes Gefühl. Hinzu kommt eine dunkle Wolkenwand und Gewitterdonner. Die Reisegeschwindigkeit ist weiterhin ausgesprochen langsam und ich kann sie nur durch Handpaddelbewegung beschleunigen. Dazu benötige ich aber beide Hände, die Luft verlässt dann schneller den Reifen. Zu Hilfe kommt mir ein kräftiger Wind, der mich schneller stromabwärts treibt. Kurz vorm Einsetzen des Gewittersturms mit Eimerregen erreiche ich mit etwas schlappem Schlauch mein Ziel.

Wasserfest und Visa wartend.

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Apr 232015
 

DSC06720713. Reisetag

21.977 km

 

 … schwapp, kalt rinnt es den Nacken hinunter. Hinter mir ein Gekicher von Mädchen, die ihre leere Schüssel bereits wieder auffüllen. Das ist nur der Anfang. Kein Stadtgang ohne Dusche. Ein Ausweichen ist nur in den Wats möglich, von denen es viele gibt. Dort wird der Buddha mit Wasser begossen und zwar ausgiebig. Die Menschen ziehen mit einem Eimerchen von Wat zu Wat und besprengen die vielen Buddhafiguren. Nachfüllstationen gibt es genügend. Das Buddha-Wasser ist mit Blüten bestückt.
 Etwas Andacht ist vorhanden. Einige Besucher lassen sich von gelangweilt wirkenden jungen Mönchen ein Bändchen um den Arm binden. Ein Obulus wird in die Spendenbox gesteckt.

Mit dem Wasserfest wird in den buddhistischen Ländern Südostasiens das vergangene Jahr beschlossen. Das Wasser spült kleine und größere Sünden weg und entlässt einen frisch ins neue Jahr. Das ist einfacher als die Beichte und macht auch noch Spaß.
Ein kleiner Umzug zieht durch die Straßen, auf einem Anhänger eine riesige Wildsau, auf der eine Frau sitzt. Ob die Wildsau im Zeichen des neuen Jahres steht konnte ich nicht ermitteln.

Das turbulentere Leben findet auf der Straße statt. Wasserbehälter und Anschlüsse sind in Aktion gebracht. Plastikschwimmbecken wurden gefüllt und dienen dem Nachschub. Mit Luftdruck bestückte Wasserpistolen sorgen für den ununterbrochenen Strahl. Von Pick-ups und Lieferwagen wird kübelweise Wasser übers Volk geschüttet. Vor vielen Häusern stehen kleine Bühnen, mit lauter Musik und natürlich Wasseranschluss. Am Mekongufer ist eine riesige Bühne aufgebaut mit dem Motto „Under Water“. Von oben sprüht es fast ununterbrochen auf die Tanzenden nieder. Tankwagen liefern das notwendige Nass.

Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Es wird viel Bier getrunken. Ich höre aber kein Gebrülle oder Geschreie.
 Drei Tage dauert das intensive Wasserfest. Der Tag davor und danach ist ein halber Feiertag.

Die meisten Lokale und Läden bleiben geschlossen. So auch die Botschaften. Und kaum ist in Laos das Wasserfest zu Ende, beginnt es in Myanmar. Erst am 22. April kann ich dort meinen Visaantrag abgeben.

Habe also viel Zeit in Vientiane. Vormittags erledige ich mein Sightseeing-Programm.
 Ich besuche das Nationalheiligtum That Luang, eine vergoldete Stupa aus der Zeit, als Laos noch ein Königreich war. Das Gold der Außenmauer sieht etwas ramponiert aus, eine Reinigung wäre angebracht. Ich besteige das auf einer Verkehrsinsel gelegene Monument Patuxai, Vientiane’s Arc de Thriompfe. Von oben habe ich eine dunstige Sicht über die Stadt. Die alte Stupa That Dam in der Nähe sieht etwas angekratzt aus. Ursprünglich war sie mit Gold bedeckt. Das haben (angeblich?) die Siamesen 1828 mitgehen lassen. Und es gibt unzählige Watanlagen, durch diese habe ich mich während des Wasserfestes treiben lassen.
 Am breiten Mekongufer entstanden im Rahmen eines Sand-Art-Festivals diverse Skulpturen. Etwas Lehm ist wohl beigemischt, damit die Figuren ihre Festigkeit behalten.

Meine kulinarischen Genüsse kann ich ausleben. Alles steht verständlich auf der Speisekarte und für Abwechslung ist gesorgt. Der Verführung zu einer Pizza hätte ich widerstehen sollen, die angeblich ein italienischer Küchenchef backt. Zu viel Ketschup, aufgeweichter Teig und nur ein Hauch von Käse. In einem Importladen besorge ich mir etwas Käse. Der unverschämte Preis von 70$ das Kilo hält mich nicht davon ab. Der Biowein aus Italien dazu ist gut, das Baguette ausgesprochen schlecht. In Vietnam und Kambodscha haben die Franzosen ihre Backkunst hinterlassen, in Laos leider nicht.

Morgens um 10 Uhr ist es mit 34 Grad bereits heiß, nachmittags mit über 40 Grad nicht mehr auszuhalten. Da ziehe ich mich in mein klimatisiertes Hotelzimmer zurück, halte eine Siesta und Lese.
Ich habe Glück zwei Tage vor der Weiterfahrt erfolgt ein Temperatursturz um fast 10 Grad. Der Himmel ist bewölkt, es folgen kräftige Regenschauer. Ein wunderbares Klima um sich auf die Weiterfahrt zu freuen.

Der Müßiggang der letzten Tage raubt meine Energie. Bereits der Gang zur Botschaft bedeutet mir Anstrengung. Ich reduziere Unternehmungen.
Ich benötige die Bewegung des Unterwegssein, dazu gehört auch das Abplagen und Ertragen der Hitze. Dann spüre ich mich und bin offener für meine Umwelt.

Wieder am Mekong.

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Apr 122015
 

DSC06440702. Reisetag

22.213 km

 

Das Dämmerlicht verschwindet allmählich. Der rote Ball der Sonne erscheint am Horizont und taucht die Landschaft in einen warmen Ton. Die Temperatur ist angenehm. Nur selten fährt ein Auto an mir vorbei. Diese Morgenstunden genieße ich sehr. Der alltägliche Fahrradtrott lässt sich durch diese schönen Stunden nicht vermeiden. Meinen Alltag fühle ich wenn ich durch wenig reizvolle Landschaften fahre.

Am Fuße der auslaufenden Berge wachsen Tabakpflanzen, deren untere Blätter geerntet und in beheizten „Schuppen“ auf Gestänge getrocknet werden.

Ansonsten sehe ich in den nächsten drei Tagen abgeerntete Reisfelder, Buschland und Kautschukplantagen bis endlich nahe des Mekongs das saftige Grün bewässerter Reisfelder auftaucht. Eine Wohltat für meine Augen.
Um Abwechslung von der Monotonie der Hauptstraße zu erhalten nutze ich Nebenstrecken. Muss dafür aber viel Staub von vorbeifahrenden Fahrzeugen schlucken und die grob geschotterte Straße schüttelt mich kräftig durch.

In zwei Tagen läuft mein Visa in Laos aus. Ein neues erhalte ich, indem ich kurz das Land verlasse und wieder einreise. Auf der anderen Seite des Mekongs liegt Thailand. Die Einreise ist für einen kürzeren Aufenthalt kein Problem. An der Grenze erhalte ich ohne Antrag einen Stempel in den Pass.
Ich überquere eine der vier Freundschaftsbrücken zwischen den Ländern. Zwar steht ein Verbotsschild für Fahrrad und Motorrad davor, keiner hindert mich aber an der Überquerung. Fußgänger können die Grenze nur im Bus passieren.
Im thailändischen Grenzort Nong Khai herrscht ein ziemlicher Rummel auf dem direkt am Mekong gelegenen Markt. Alle Stände haben fast das gleiche Sortiment von diversen Süßigkeiten, Gewürzen und Klamotten. Meine Hoffnung Käse (außer Mozzarella oder Chesterscheibletten) und Haferflocken zu finden verfliegen. Selbst ein Essen in einem besseren Lokal bringt keine Abwechslung von Reis und Nudeln. Ich habe bereits in Laos festgestellt, das die Qualität der Zubereitung in teureren Lokalen keinen Deut besser ist als in den kleinen an der Straße.
Am Abend ziehen dunkle Wolken über dem Mekong auf und Blitze zucken. Seit langem erlebe ich wieder einen kräftigen Regenguss, der die Luft ein wenig abkühlt. In der letzten Zeit bin ich sehr viel gefahren und habe ein gewisses Ruhebedürfnis. Bleibe also den nächsten Tag faul im Ort bevor ich wieder ohne Schwierigkeiten die für Fahrräder verbotene Freundschaftsbrücke nach Laos passiere. Mein Ziel ist das nur 25 km entfernte Vientiane, die Hauptstadt von Laos.

Über und durch die Berge.

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Apr 072015
 

DSC06367697. Reisetag 

21.931 km

 

Der seit Tagen über der Landschaft liegende Dunst, eine Mischung aus Rauch und Nebel, verschwindet nicht. Er wird genährt durch die gewollten Brände des Buschlandes um daraus Ackerland zu machen oder Kautschukplantagen anzulegen.

Schilder an der Straße weisen auf von Blindgängern gesäuberte Gebiete hin. Um ihre Dominanz in Südostasien nicht zu verlieren bombardierten die Amerikaner Laos ohne Kriegserklärung in Zeiten des Vietnamkrieges mit dem dichtesten Bombenteppich der Weltgeschichte. Auf das kleine Land Laos fielen mehr Bomben, als die Alliierten im Zweiten Weltkrieg auf Deutschland und Japan zusammen warfen. Millionen Blindgänger, darunter vor allem die nichtexplodierten Teile der Streubomben verstümmeln und töten noch 40 Jahre später.
Das Ansehen des Zerstörers von damals hat sich in Laos, aber auch in Vietnam und Kambodscha stark gewandelt. American Standard ist zum Vorbild geworden.

Beim Blick hinunter von einer Brücke sehe ich auffallend geformte Fischerboote am Ufer liegen. Diese sind aus den abgeworfenen raketenförmigen Tanks (zum Luftauftanken der Bomber) gefertigt worden. Ein nutzvolles Recycling.

In den Dörfern dominieren die hölzernen Stelzenhäuser. Es ist warm hier, das Dorfleben findet im Freien statt, im Schatten unter oder neben den Häusern. Dort wird gekocht, in Hängematten geschlafen und manchmal auch an Webstühlen gearbeitet. Auffallend sind die vielen (Haus-)Baustellen. Oft ragen erst die Betonsäulen in die Höhe, auf denen das neue Haus platziert werden soll.

Ein unerwartet steiler Berg zwingt mich am späten Vormittag noch einmal in die Höhe. Nach der Abfahrt biege ich in ein Seitental ab, an dessen Ende ein Fluss sich sein Bett durch das Kalkgebirge geschaffen hat. Eine 7 km lange Höhle ist entstanden und wird touristisch vermarktet. Eine entsprechende Infrastruktur ist entstanden.
Mit einem Motorboot fahre ich am nächsten Tag hinein in die Dunkelheit. Der Bootsführer liebt die Geschwindigkeit und findet seinen nicht immer gradlinigen Weg mit Hilfe einer Stirnlampe. Etwas unheimlich. Zwischendurch steige ich aus, damit das Boot über Stromschnellen oder zu flachem Untergrund geschoben werden kann. Einen Landgang mit künstlicher Beleuchtung mache ich durch eine riesige Halle mit Tropfsteinen. Ein Lichtschein zeigt das Ende der Tunnelstrecke an. Das Boot legt kurz danach an und es gibt Imbiss- und Souvenirsbuden. Die Rückfahrt scheint mir mit der Strömung noch schneller zu gehen. Auch wenn ich nur schemenhaft im Kegel der Stirnlampe die Unterwelt wahrnehmen konnte empfand ich die Fahrt als ein besonderes Erlebnis.

Nach der angenehmen Temperatur im Berg schlägt mir die Hitze am Ausgang entgegen. Habe das Gefühl in diesem Tal staut sie sich besonders. In der Nacht kann ich nur mit einem nassen Handtuch auf dem Bauch einschlafen. Kaum sitze ich in der Frühe wieder auf dem Rad tropft der Schweiß. Nach den ersten flachen 40 km bis zum Ausgang des Tales folgt die Herausforderung. Es geht verdammt steil in die Höhe. Zwar nur über 4 km, aber ich muss häufig kurz anhalten um Luft zu schnappen. Zum Glück hält die Schwäche nicht an. Nach dem Erreichen des Gipfels und einer rasanten Abfahrt radele ich mit gewohnter Stärke weiter. Mittags gelange ich wieder in die Mekongebene und finde in einem kleinen Dorf eine angenehme Unterkunft.