Bukarest – erste Eindrücke.

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Okt 102013
 
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Der Revolutionsplatz.

 157. Reisetag

 

Fühle mich seit Mittwoch wieder (fast) gesund und starte meine Erkundungen zu Fuß.

Ich sehe viele schön renovierte alte Häuser, manche neue und immer wieder die große Plattenbauten. Nach kurzer Wegstrecke erreiche ich einen großen Platz. Auf der einen Seite das Nationalmuseum, auf der anderen ein kleiner Rundbau mit einem blauen Kuppeldach und Säulen am Portal. Es ist das Athenäum, 1888 errichtet nach den Plänen eines französischen Architekten. Einst als Zirkus gedacht wurde es später zu einem Konzerthaus umgestaltet. Da nicht genügend Geld vorhanden war half ein Spendenaufruf an die Bukarester weiter. In den Jahren 1919 bis 1920 war das Athenäum Sitz des Abgeordnetenhauses. Jetzt beheimatet es die Staatsphilharmonie.

Wenige Schritte weiter überquere ich die Piata Revolutiei. Neben einer Säule stehen Tafeln mit den Namen von den über 1000 Opfern der Revolution. An diesem Platz begann am 21. Dezember 1989 das Regime Rumäniens zu zerbrechen. Proteste während Ceaucescus letzter öffentlicher Rede zwangen ihn, diese abzubrechen. Die Unruhen hörten nicht mehr auf und in den Tagen danach kam es zu Flucht, Festnahme, Prozess und schließlich Hinrichtung es Ehepaares Ceausescu. Neben einer Säule stehen Tafeln mit den Namen von über 1000 Opfer der Revolution.

Über eine Seitenstraße erreiche ich Bukarests ältesten Park. 1847 ließ Fürst Gheorghe Bibescu von einem Schweriner Gartenbauarchitekten den Gradina Cismigiu anlegen. Der Park ist um einen See gestaltet, mit einen langen geraden Rasenstreifen von Nord nach Süden. Blühende Beete sind nicht mehr zu sehen. Amphoren und Figuren zieren von der Jahreszeit unbeeinflusst den Park. Auf einem Platz in der Mitte stehen steinerne Tische mit Schachbrettmuster. Hier treffen sich die Männer zum spielen. Auffallend sind die breiten gußeisernen Einpersonensitzbänke. Leider sind viele voller Taubenkacke. Diese Vögel sind in ganz Rumänien sehr beliebt und werden überall eifrig gefüttert.

Ich verlasse den Park, kreuze ein paar Straßenzüge und erreiche das Lipscani-Viertel. Lipscani bedeutet Leipzig und deutet auf die einst regen Handelsbeziehungen mit dieser Stadt hin. Das Viertel ist Fußgängerzone und Ausgehmeile geworden. Neben vielen Cafés und Restaurants findet man verschiedene Läden und darüber Wohnetagen alter Häuser, manche sind sehr marode und baufällig.

An einer Ecke steht eine merkwürdige Bronze-Skulptur: ein großes Speichenrad, anstelle der Radnabe steckt ein Mann im Zentrum des Rades. Etwas befremdend.

Ich erreiche das bekannteste Bukarester Bierlokal, dem Caru cu Bere. Die Fassade ist hinter Planen bedeckt und wird renoviert. Laut Reiseführer sieht das 1879 im gotischen Stil erbaute Haus wie ein Rathaus aus. Ich gehe hinein und bestelle bei den bedirndelten Mädels etwas zu essen, dazu ein Krug Bier (400 ml). Erhalte zwei Biere mit der Bemerkung, vor 6 Uhr abends gibt es immer zwei (zum gleichen Preis). Eigentlich für mich am Nachmittag etwas zu viel.

Schräg gegenüber des Caru cu Bere befindet sich das Kloster Stavropoleos. Als Gasthofskapelle des griechischen Mönches Joannikis wurde die Biserica gegründet und ist heute Bukarests einzige Kirche mit prächtiger Außenmalerei.
Der begrünte Innenhof mit Arkaden, Blumentöpfen lädt zum Verweilen ein. Der Innenraum ist wie in allen orthodoxen Kirchen mit Fresken bemalt. Ein Gottesdienst ist gerade zu Ende. Im Innenhof wird ein mit Honig zubereiteter Getreidebrei aufgestellt. Davon wird mir von einem Gottesdienstbesucher etwas angeboten, dazu ein Becher Wein. Es ist das Memorial an seinen Vater, der bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist, erklärt er mir. Es ist Sitte den Umstehenden nach dem Gedenkgottesdienst Essen und Wein anzubieten.

Eine kurze Wegstrecke weiter erreiche ich den alten Fürstenhof Curtea Veche, von dem nur wenige Überreste zu sehen sind: ein paar Mauern, eine einzelne Säule und die Büste von Vlad III. Tepes, der im 15. Jahrhundert der Fürst der Walachei war.
Bekannt wurde er für die Grausamkeiten. Tausende seiner Untertanen ließ er an einem Pfahl aufspießen und trug deshalb den Beinamen „Drǎculea“ – der Pfähler. Später war er Vorlage für die gleichnamige Romanfigur: Graf Dracula.
Der andauernde Kriegszustand zur damaligen Zeit hatte chaotische Zustände geschaffen. Vlad setzte zur Wiederherstellung der Ordnung auf harte Maßnahmen, da nur ein ökonomisch stabiles Land eine Aussicht auf Erfolg gegen seine Feinde hatte.
Walachischen Überlieferungen zufolge sollen Verbrechen und Korruption durch Vlads Strenge schon bald nach seinem Regierungsantritt weitgehend verschwunden sein, und Handel und Kultur wieder floriert haben. Viele Untertanen verehrten Vlad für sein unerbittliches Beharren auf Recht, Ehrlichkeit und Ordnung. Er war auch als großzügiger Förderer von Kirchen und Klöstern bekannt.

Schnupfen in Bukarest.

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Okt 082013
 

DSC04050155. Reisetag

 

Kaum bin ich in Bukarest angekommen holt mich mein (regelmäßig) jährlicher Schnupfen ein. Merkwürdig, habe nicht gefroren, hatte keine nasse Kleidung an. Es gab bereits deutlich anfälligere Situationen.

Bin froh in einem schönen Apartment in der historischen Altstadt untergekommen zu sein (http://apartments4rent.ro/tworooms.php). Fahrrad steht in einer abgeschlossenen Garage, wohne im 5. Stock mit Blick über die Dächer, habe eine Badewanne und eine Küchenzeile. Kann mir meinen morgendlichen Kaffee selber kochen und sogar warmes Abendessen machen.
Mein Umfeld wartet noch auf die Erkundung. Draußen scheint die Sonne, diesmal wäre mir Regen lieber, da ich etwas energielos und mit Matschekopf im Hause bleibe. Einmal am Tag gehe ich einkaufen. Markt und Geschäfte sind ganz in der Nähe.

Der Sightseeing-Bericht aus Bukarest folgt also erst in ein paar Tagen.

Auf Nebenstraßen nach Bukarest.

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Okt 042013
 

DSC03884151. Reisetag

6611 km

 

Ich möchte noch was zum Verständnis für die Hunden sagen. Auch wenn ich am Tage fast 1000 Hunde zum Bellen bringe. Sie sind fast alle hinter einem Zaun auf einem Grundstück und kommen nicht heraus. Die meisten Hunde auf der Straße haben Angst und laufen weg. Viele liegen zusammengerollt irgendwo herum. Es sind arme Kreaturen. Ganz wenige bellen, rennen mir nach und sind aggressiv. Es ist wie bei den Menschen, die wenigen störenden bestimmen die Sicherheitspolitik zum Nachteil aller.
Die große Menge an herumlaufenden Hunden ist ein großes Problem in Rumänien.

Die letzten Regentropfen fallen nach 4 Tagen Dauerregen. Mit 4 Grad ist es kalt am Morgen.
Verlasse Pitesti auf der Ausfallstraße zur Autobahn. Auf beiden Seiten der vierspurigen Straße stehen Plattenbauten, etwas außerhalb folgt eine Einkaufsmeile. Diese ist fest in der Hand der EU-Kettenläden.

Nach 8 km fährt alles auf die Autobahn Richtung Bukarest. Ich radle auf einer Nebenstraße weiter, die mich durch die flache Landschaft der Walachei mit kleinen Dörfern führt. Mal kreuzt eine Schafsherde meinen Weg, mal eine Rinderherde.

Vor mir fährt ein Pferdewagen der Roma. Besen und Körbe sind auf dem Planwagen festgebunden. Darin wird wohl auch geschlafen. Der Hund muss an einer Kette hinterherlaufen. Ich fahre vorbei und mir wird etwas zugerufen. Ich halte an und verstehe, sie möchten Zigaretten. Als Nichtraucher habe ich sogar welche dabei. Biete diese den Schafshirten an, wenn ich mich mit ihnen „unterhalte“. Ich gebe dem Roma-Paar Zigaretten. Danach erfolgt (leider) ein aufdringliches Betteln. Fahre sofort weiter. Ich weiß, dass sie unter sehr ärmlichen Bedingungen leben, aber durch diese Art des Bettelns erreichen sie nichts.
Eine Romagruppe hat sich auf das Sägen von Brennholz spezialisiert. Mit abenteuerlichen rußenden Traktoren sind sie unterwegs. Nach dem Wechseln des Treibriemens wird damit eine Säge angetrieben.
Die meisten Romas sind sesshaft und arm. Sie leben in einfachsten Unterkünften, meist in eigenen Siedlungen. Es gibt auch wohlhabende Romas mir schöne Häusern. Sie lieben Türme, Erker und Säulen.
Der Name Roma umfasst eine in zahlreiche Untergruppen gegliederte Minderheit. Es gibt keine in sich geschlossene Kultur der Roma, sondern eine Vielfalt von Roma-Kulturen.

Es ist wirklich eine Nebenstrecke, die ich mir ausgesucht haben. Der Asphaltbelag endet, der Weg wird sandig, steinig und matschig, ist trotz des vielen Regens aber noch befahrbar. Er mündet wieder auf einer Asphaltstraße auf der ich zu meinem Übernachtungsort Titu fahre. Dort gibt es eine Unterkunft und ich mache Zwischenstation auf meinem Weg nach Bukarest.

Der nächste Morgen ist kalt aber trocken. Meine Nebenstreckenfahrt mäandert weiter Richtung Bukarest. Fahre durch viele kleine Dörfer. Schaue in eine Mühle hinein in der die Bauern ihr Getreide und Mais zum Malen bringen. Auch an diesem Tag verschwindet der Asphalt über eine längere Strecke. Der abgeerntete Mais wird mit der Sichel geschnitten und zum Trocknen aufgestellt. Ich weiß nicht welches Tier das trockene Maisstroh noch essen mag, ist eher eine Hungernahrung.
Ich nähere mich der Hauptstadt. Der Verkehr nimmt deutlich zu. Durch endlose Plattenbausiedlungen nähere ich mich der Innenstadt. Es gibt einen Fahrradweg. Dieser ist leider hoffnungslos zugeparkt. Ich habe meine Unterkunft gebucht. Es ist ein kleines Apartment im 5. Stock eines alten Hauses. Werde einige Tage dort wohnen.

Regentage in Pitesti.

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Okt 022013
 
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Kulturpalast mit Theater und Läden.

149. Reisetag

6468 km 

 

In der Nacht war das Gebell der Hunde im Hinterhof lauter als die Musik der Hochzeitsfeier im Hotel.
Es ist ein trüber Sonntagmorgen, Regen ist angesagt. Ich hatte Glück das Fagaras-Gebirge trocken passiert zu haben. Die Passstraße liegt an diesem Tag bei Schneetreiben in den Wolken (laut Webcam).

Habe meine Route geändert. Wollte die Metropole Bukarest meiden, große Städte sind nichts für Fahrradfahrer. Mehrere Reisende schwärmten von der Stadt. Ich fahre also dort hin.

Die Tagesstrecke ist nicht weit. Es sind 40 km durch das Argestal bis zur nächsten größeren Stadt Pitesti.
Starte im Trockenen. Der Gesang aus der naheliegenden Klosterkirche dringt auf der Straße. Hört sich schön an.
Kaum habe ich Curtea de Arges verlassen holt der Regen mich ein. Erst als feiner Nieselregen, dann stärker werdend. Mit Wasser gefüllte Spurrillen und Pfützen machen das Fahren schwierig. Die Straße ist gerade und die Autos fahren schnell.
Eine Horde Straßenhunde kommt auf mich zu- und nachgelaufen. Sie bellen mich an und zeigen ihre Zähne. Halte an und vertreibe sie mit dem Dazer. Erschrecke mich jedes Mal wenn sie plötzlich auftauchen. Bin froh, nach zwei Stunden Regen in Pitesti anzukommen.
Fahre durch Plattenbausiedlungen in den nicht sehr schönen Innenstadtbereich. Dort suche ich mir ein Hotel. Mir ist klar, dass ich am nächsten Tag nicht weiterfahren werde. Die Wetteraussichten sind zu schlecht, kalt und viel Regen.
Den Nachmittag verbringe ich lesend im Zimmer. Das Abendessen ist kein Genuss. Das erste Restaurant verlasse ich wegen der lauten Musik. Habe dann länger das nächste gesucht (sonntags sind viele Lokale geschlossen). In diesem ist die Musik noch lauter, mein Stolz lässt mich nicht zurückgehen. Ich esse eine geschmacklose Pizza.

Wie erwartet prasselt der Regen die nächsten Tage weiter. Verlängere entsprechend meinen Aufenthalt in der Stadt. Über Regentage konnte ich mich seit dem Bodensee nicht beklagen, eher über die Hitze. Aber das ist lange her. Die Nachmittagstemperatur beträgt am Mittwoch nur 6 Grad bei Regen.
Lese viel, mache einen Bummel über die Einkaufsstraße. Es finden gerade Markttage mit regionalen Produkten statt. Viele Buden sind zu. In den offenen frieren die Verkäufer. Kunden sehe ich wenige.

In einem orientalischen Restaurant habe ich die nächsten Abendessen eingenommen – Linsensuppe und Falafel – bei dezenter arabischer Hintergrundmusik. Beim zweiten Besuch werde ich bereits mit Handschlag empfangen, bin zwischen 19 und 20 Uhr der einzige Gast.
Bei mir im Hotel ist seit Montag die Heizung angeschaltet – zentral. Eine Regelung im Zimmer ist nur mittels Fenster möglich.