Alpenseehüpfen II.

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Jul 222013
 

DSC0032576. Reisetag

4150 km

 

Vom Forggesee in Füssen geht es nach Murnau am Staffelsee. Radle anfangs durch eine flache Ebene auf guten Radwegen. Bald jedoch erfolgt ein Wechsel zu Schotterwegen, Berg hoch und runter. Manchmal ist dieser von Sturzbächen weggespült. Schieben ist dann angesagt.

Bei meinen Pausen höre ich Kuhglocken. Stelle aber fest, dass sie auf eingezäunten Wiesen weiden. Soll wohl die Touristen in Almstimmung versetzen.

Nachmittags geht’s steil hinab – hinunter und durch das Murnau Moos, eine weite Moorlandschaft. Es ist heiß, die Bremsen verfolgen mich. In Murnau besuche ich das „Russenhaus“ von Gabriele Münter. Sie kaufte es 1909 und lebte bis zu ihrem Tode 1962 darin. Zu sehen gibt es wenige Skizzen, alte Möbel und den Zylinder nebst Gehrock von Kandinsky.

Ein Zeltplatz liegt direkt am Staffelsee. Versuche dort ins Internet zu gelangen. Klapp trotz vieler Versuche nicht. Habe mich dabei an den Stammtisch des Campingplatz-Stüble gesetzt, neben zwei älteren Murnauern. Diese schütteln über die Technik nur den Kopf. Fragen (im Ernst) wann endlich das Internet voll ist und nichts neues mehr rein passt. Kam ins Gespräch mit ihnen. Ich erzähle von meiner Tour, benutze dabei die (etwas dumme) Formulierung „Ich sei mit dem Rad ,on the Road’“. Da schüttelte einer den Kopf, verstehe ich nicht ,on the Road’ was ist das, etwas wie ,Shopping‘?
Ein Bauer in Rente (78 Jahre) erzählt, dass er seit 46 Jahren nicht beim Arzt war. Nach seinem letzten Besuch (damals) sollte er wiederkommen, es war aber gerade Heuernte angesagt. Seitdem ist er nicht mehr hingegangen. Er isst jeden Tag eine Knoblauchknolle – rieche ich auch. Auf seinem staatlichen Pachtland hielt er bis zum 70. Lebensjahr 16 Kühen, damit kam er gut über die Runden. Hat zum Schluss seine Geräte und Milchquote verkauft und ist zufrieden. Seiner Meinung nach ist das heutige Jammern über die Milchpreise ein Jammern auf hohem Niveau.

Am nächsten Tag geht’s Richtung Schliersee. Am Morgen erfolgt die Fahrt durch die flache Landschaft des Loisach-Kochelsee-Moores. Mache eine wunderschöne Abkürzungsfahrt entlang eines Moorkanals. Es ist ruhig, der Weg schlecht, das Umfeld schön. Vor dem Kloster Benediktbeuren geht die Moorlandschaft in Wiesen über. Diese sind frisch gemäht, es riecht nach Gras.
Mache meine Mittagspause im Klosterhof. Ein alter VW-Bus fährt vor die Kirche – eine Hochzeit ist angesagt.

Weiter geht es erst langsam, dann steil auf einem Waldweg ca. 300 m in die Höhe. Ich schaffe es so gerade ohne schieben. Die Energie der Höhe kann ich (leider) nicht nutzen, die steile Abfahrt hinunter zum Tegernsee muss immer wieder abgebremst werden. Da es dort keinen Campingplatz gibt fahre ich über den nächsten Hügel zum Schliersee.

Die Weiterfahrt am nächsten Tag führt bergauf und vermehrt bergab hinunter in die Ebene des Chiemsees.
Beim versuchten Einkaufen in einem kleinen Ort stehe ich vor verschlossenem Laden, es ist Sonntag. Ich bin bereits zeitlos geworden. Habe noch Studentenfutter, einen Apfel und eine Banane. Das genügt. Es ist sehr heiß, da habe ich wenig Hunger und meine Wasserflaschen sind voll.

Am Chiemsee bleibe ich einen Tag. Die Hitze macht mich etwas schlapp, der Campingplatz ist zwar voll, hat aber ein schönes Seeufer und das Wasser ist warm. Waschen und Blogschreiben sind angesagt.

Unterwegs stelle ich fest, meine Gedanken schweifen noch sehr nach Bonn. Bin noch nicht so ganz im „Jetzt“ meiner Reise angekommen.

Großes Alpenseehüpfen.

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Jul 182013
 

 

 

DSC00170

72. Reisetag 

3743 km

 

Für meine Verhältnisse starte ich früh am Morgen. Habe sehr gut geschlafen, die Luft ist frisch. Voller Schwung geht es am Vormittag die Berge hoch und (leider) auch immer wieder runter. Die Hochsaison ist wohl nur an den großen Seen aktiv, auf meinem Radweg merke ich im Tagesverlauf nichts davon. Der Weg ist bestens beschildert und führt mich über kleine Straßen und Fahrradwege hinauf in das Alpenvorland. Hügel, Wälder und saftige grüne Wiesen prägen die Landschaft. Keine Mais- oder Getreidefelder – nur Wiesen. Diese werden gerade gemäht, das Heu eingefahren oder gejaucht. Die Arbeit wird ordentlich gemacht, um die Bäume wird mit der Hand gesenst, selbst das Gras im Graben wird mit dem Holzrechen herausgeholt. Ich sehe nur kleine Bauernhöfe. Der Misthaufen liegt oft noch vor der Stalltür. Von außen betrachtet stimmt die Landwirtschaft hier, nur die Schilder stimmen nicht damit überein: „Faire Milchpreise zum Überleben“.

Die Orte sind so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Viel Holz wurde in den Häusern verbaut, oft verkleiden Schindeln die Fassaden. Davor oder daneben große Holzstapel. Da blicke ich schon mal neidisch drauf.

Geranien oder Petunien behaupten an den Balkonen ihr Monopol. Die schönen Bauerngärten lassen ein Hobby-Gärtnerherz schneller schlagen.

Der Maibaum steht noch. Lebensmittelläden finde ich keine, dafür aber viele Gaststätten und Brauereien, manchmal noch leerstehende Schlecker-Läden.
Grafittis gibt es nicht. Alles ist in teutscher Ordnung.

Das Radeln ist anstrengender als erwartet. Es ist sehr heiß über Tag. Bin diese Tour vor einigen Jahren bereits gefahren, die vielen steilen Passagen hatte ich wohl verdrängt. In den zwei Tagen fahre ich 1850 m in die Höhe und 1280 m herunter.
Bei einer 12%igen Talfahrt auf einem steinigen Feldweg absolviere ich meinen ersten Sturz in einer Kurve. Bis auf ein paar Abschürfungen ist dieser glimplich verlaufen. Das Schild „Radfahrer absteigen“ habe ich vorher ignoriert.

Die Tagesetappe endet jeweils an einem der großen Alpenseen in touristisch belebten Hochburgen. Die Zahl der Wanderradler kann ich aber auf dem Zeltplätzen an meinen Fingern abzählen. Die erste Nacht verbringe ich in Immenstadt am Großen Alpsee, die zweite in Füssen am Forggensee.
In Füssen bleibe ich zwei Nächte. Fahre mit dem Fahrrad die Lech hoch. Die Täler sind enger, die Berge steiler. Oben liegen noch die letzten Schneelagen. Trotz Wolken am Himmel zeigt mein Tacho-Thermometer noch über 30 Grad an.

Schloss Neuschwanstein schaue ich nur von unten an. Es gibt lange Wartezeiten für die Besichtigung – wollte es aber auch nicht ernsthaft besuchen.

Weiter unterwegs.

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Jul 152013
 

DSC00100Drei Wochen – eine gewöhnliche Urlaubslänge – sind schnell vergangen. Ich hatte einiges in Bonn zu erledigen. Steuererklärung machen, Rentenantrag stellen, meinen ständigen Begleiter wechseln …  Letzter ist erst in den letzten Tagen einsatzbereit gewesen, maßgefertigt für mich, ein Norwid Rad. Es wurde ausprobiert und nochmals ein wenig umgebaut. Habe hinten eine Fahne befestigt. Nicht weil ich ein Fan davon bin, sondern ich möchte auf der Straße auffallen.

Natürlich ist es schön in Bonn. Mit Marie zusammen zu sein, Leute zu treffen, in der Badewanne zu liegen, im eigenem Bett zu schlafen, leckeres Essen zu kochen und zu essen …

Der Abschied mit einer unbestimmten Wiederkehr ist schwer. Bin deswegen noch ein wenig angespannt und traurig. So ähnlich muss es mir vor fast 40 Jahren ergangen sein als ich für drei Jahre als „Entwicklungshelfer“ nach Ostafrika ging. Auch damals wusste ich nicht was auf mich zukommen wird.

Mit dem Zug geht es heute nach Lindau. Die ÖBB hat sogar einen eigenen Gepäckwagen, der mit Fahrrädern gefüllt wird. Am Nachmittag erreiche ich Lindau. Der Sackbahnhof endet direkt am Bodensee. Nach einem Blick auf den Hafen und ein schieben durch die gefüllte Fußgängerzone fahre ich die 5 km am Bodensee entlang zum Zeltplatz. Fahrrad, Zelt und ich finden noch einen Platz auf dem sehr gefüllten Gelände.

Im Restaurant am Zeltplatz sind alle Außenplätze reserviert, muss meine Kässpätzle im Innenbereich essen. Es ist Hochsaison.

Falls jemand mal Lust verspüren sollte aus dem Alltag auszubrechen und mich eine Zeitlang begleiten möchte. Meldet Euch per Mail. Würde mich darüber freuen. Keine Kondition wäre nur eine Ausrede wenn der Wunsch da ist geht es.

Die ungefähre Route: Entlang der Alpen, über den Sölkpass zur Murr, weiter an der Drau bis zur Donau, Rundtour durch Rumänien, weiter an der Donau zur Mündung, entlang der Küste in die Türkei, die Winterzeit werde ich an der Mittelmeerküste in der Türkei verbringen. Nächstes Frühjahr geht es ins türkische Binnenland Richtung Iran und weiter durch den Iran in die Arabischen Emirate (nur ganz kurz) um von dort aus mit dem Flugzeug nach Dehli zu fliegen.

 

 

Aufbruch vor der Haustür

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Apr 162013
 

DSC003222. Reisetag

171 km

 

Meine letzte große Reise hat begonnen. Wann und wo diese zu Ende sein wird weiß ich nicht. Freue mich auf diesen neuen Lebensabschnitt.

Die Abfahrt beginnt vor der Haustür. Keine Verpackung des Fahrrads ist notwendig. Ich fahre einfach los. Schön finde ich, dass Marie mich die ersten 3 Tage bis Trier begleitet.

Die Sonne scheint, es ist warm. Wir fahren durch bekannte Gebiete über den Kottenforst nach Rheinbach und weiter nach Bad Münstereifel. Machen eine Rast an der Erftquelle. Der Himmel trübt sich ein. Die ersten Tropfen fallen. Ein kräftiger Regen bleibt zum Glück aus.

Vor Blankenheim sind wir sauer auf die Schilderaufsteller. Die Richtung wird vorgegeben, danach fehlt  jeder Hinweis. Hinterher stellen wir fest, dass wir Umwege gefahren sind und viele unnötige Steigungen deswegen erklimmen mussten. In Dahlem wollen wir übernachten. Es gibt aber keine Essmöglichkeit. Weiter geht es nach Jünkerath. Dort gibt es was zu essen aber keine Schlafmöglichkeit. Beides bekommen wir dann an der Kyll in Birgel. Sind die einzigen Gäste im Hotel.

Am Morgen liegt ein dicker Nebel über der Landschaft. Es ist trocken, die Sonne setzt sich bald durch. Die Fahrt geht entlang der Kyll. Häufig rauf und runter, durch eine schöne Landschaft. Die Bahnhöfe der Kyllbahn sind aus dem rotem Sandstein der Region gebaut. In einer Zeit als die Bahn noch wert auf ihr Äußeres legte. Manchmal gibt es Schranken im Nichts – weder Zu- noch Abfahrt sind auszumachen

In einer alten Fabrikanlange besichtigen wir die Produktion einer Rohrzieherei. Haben einfach gefragt, ob wir hereinschauen dürfen. Hoffentlich halten sich solche Betriebe. Keine übertriebene Hektik an eher älteren Maschinen.

Das Heilwasser der Lindenquelle schmeckt gewöhnungsbedürtig. Etwas zu salzig. In meiner Trinkflasche färbt sich das Wasser nach einiger Zeit trübe. Kippe den Rest weg.

In Kordel ist unsere Fahrt heute beendet. Wir genießen ein Bier in der Abendsonne.