3192 km
Der Wind blies von vorne. Der Regen zog von hinten auf. Ab frühen Mittag begleitete er mich den ganzen Tag.
Um den Verkehr auf dem Trans Canada Highway zu vermeiden, wählte ich eine Nebenroute. Sobald Winnipeg hinter mir lag wurde es ruhig auf der Straße. Felder, Busch, Wald und Sumpf wechselten bei flacher Landschaft ab. Ein Reh stand am Straßenrand, sonst gab es keine erwähnenswerte Ereignisse. In den Dörfern ist auch nichts los. Um wenigsten etwas Aufmerksamkeit zu erhalten werden die Ortsnamenschilder mit weiteren Informationen versehen: Geburtsort von Hockeyspieler xy, bekannteste Hebamme der Region oder größte 4. Hockeyliga u.a. Der Ort Rennie brachte es auf den Punkt.
Am Abend in der Dorfbar (in meiner Unterkunft) eine Pizza gegessen. Vor dem Bestellen hatte ich glücklicherweise herausgefunden, dass Peperoni eine Wurstsorte ist. Generell wird eine Bar dunkel gehalten. Falls Fenster vorhanden, werden diese Lichtdicht verschlossen.
Am nächsten Morgen im Nebenraum (mit Fenster) gefrühstückt. Es trafen sich zum Kaffeeklatsch die älteren Herren des Ortes. Es wird nur Kaffee getrunken. Ein kostenloser Refill ist selbstverständlich. So ein Herrenkreis war mir an vielen Orten aufgefallen.
Draußen schien endlich mal wieder die Sonne. Der Wind kam von hinten. Eine Freude sich von ihm treiben zu lassen. Mit dem verschwinden der letzten Felder hatte ich die Prärie verlassen. Busch und Wald dominieren, durchsetzt von kleinen bis großen Seen mit Sumpflandschaften. Felsen treten zu Tage – die Gesteine des kanadischen Schildes.
Der Kanadische Schild ist der geologische Kern des nordamerikanischen Kontinents. Er umfasst die nördliche Hälfte des Halbkontinents und besteht aus Gesteinen, die zum Teil mehrere Milliarden Jahre alt sind. Während der letzten Kaltzeiten war der Kanadische Schild nahezu vollständig von Inlandeis bedeckt, seine Oberflächenformen sind noch heute durch das damalige Inlandeis geprägt. Es gibt keine bizarren Felsformationen. Die Landschaft ist geprägt durch den Wechsel von kleinen und großen schildförmigen Erhebungen mit vielen Seen in den Senken. Im Klartext: es geht immer rauf und runter.
An einem See mit vielen Wildgänsen machte ich Halt. Sah die ersten Pelikane (Foto von ihrem Abflug).
Am Abend war Zelten angesagt. An einem kleinen See auf einem offiziellen Campingplatz ohne Dusche und Trinkwasser.
Der lang verschwundene Trans Canada Trail tauchte wieder. Am nächsten Morgen auf ihm gestartet. Der Trail war sandig, zugewachsen und manchmal etwas zu steil. Bei meiner reduzierten Fahrgeschwindigkeit konnten selbst fliegelahme Bremsen mich verfolgen. Bei der nächsten Gelegenheit wieder zum wenig befahrenen Highway gewechselt. Dort umkreisten mich deutlich weniger Plagegeister.
Die ruhige Straße hatte bald ein Ende. Die Fahrt ging weiter auf dem vielbefahrenen Trans Canada Highway mit breiten Seitenstreifen. Ich erreichte die Provinz Ontario. Sie ist fast dreimal so groß wie Deutschland und hat eine West-Ost-Ausdehnung von 2000 km. Fast 20% der Fläche ist mit Wasser bedeckt. Es soll über 250.000 Seen geben. Die nächsten Wochen werde ich in dieser Provinz reisen.
Heute ist der Campingplatz in Kenora mein Ziel. Er liegt am Lake of the Woods, ein 4.500 Quadratkilometer großer See mit vielen Inseln. Wer genug Geld hat kann sich eine der über 14.000 Inseln auf diesem See kaufen. Die Stadt ist eher langweilig, so dass ich morgen weiterfahren werden. Die Strecke wird wieder einsam. Die nächst größere Stadt ist 500 km entfernt, dazwischen liegen nur 2 kleine Orte.
Verzögerungen beim nächsten Blog sind also möglich.