6. Reisetag
48 km
Es dämmert und ich bin schon wach. Die Uhr zeigt sechs. Der Zeitgewinn macht sich noch bemerkbar. Sogar Kaffee gibt es schon im Hotel.
Heute geht es mit der Fähre nach Vancouver Island. Selber fahren geht nicht. Auf der Strecke liegt ein Tunnel unter dem Fraser-River, der nicht mit dem Fahrrad befahren werden darf. Außerdem ist der Anleger ca. 50 km entfernt. Erst also in die Metro, dann mit dem Bus zum Anleger, dieser kann wie alle anderen Busse in der Stadt zwei Fahrräder auf einem Vorbau mitnehmen. Vancouver ist sehr fahrradfreundlich, der Transport kostet nichts extra, auf den Straßen sind Fahrradspuren und gegen die Einbahnstraße darf man meist auch fahren.
Um 9 Uhr bin ich auf der Fähre. Die Fahrt dauert ca. 2 h. Erst übers Meer, dann durch eine Inselwelt. An den Ufern stehen großzügig verteilt wunderschöne Holzhäuser.
Der Himmel ist halb blau. Das hält zum Glück den ganzen Tag an. Nach der Ankunft geht es mit dem Fahrrad ca. 40 km zur Inselhauptstadt Victoria. Anfangs ist der Weg eben. Die Wiesen stehen teilweise unter Wasser, viele Wildgänse sind unterwegs. Hat wohl häufig geregnet. Schon lange vor Victoria reiht sich dann an der zum Teil steilen Küste ein Haus an das andere. Die Siedlungen sind so, wie ich sie aus amerikanischen Filmen kenne. Meist schmucke Holzhäuser, alles sehr gepflegt mit gerader Rasenkante. Im Stadtzentrum gibt es wieder die normalen Geschäftshäuser (zum Glück keine Hochhäuser), in denen alle die Dinge zu kaufen sind, die man nicht wirklich benötigt. Lebensmittelläden sind nur schwer zu finden.
In Victoria ist der Startpunkt des Trans Canada Trails beim Kilometer NULL. Es ist ein Radfern- und Wanderweg, der von der Westküste zur Ostküste Kanadas führen soll. In British Columbia (da bin ich) ist er weitgehend fertig, an der Ostküste auch, im Mittelteil aber so gut wie gar nicht vorhanden. Der Trail wird überwiegend von Freiwilligen erstellt und durch Spendengelder finanziert. Große Teile des Weges verlaufen über stillgelegte Bahntrassen. Dieser Trail wird im folgenden Monat mein Weg sein, der mich in die Rocky Mountains führt.
Folgendes ist mir aufgefallen was in Kanada anders ist:
Die endlos geraden langen Straßen. Hausnummern über 5000 sind keine Seltenheit. Viele Kanadier laufen mit ihrer (etwas größeren) Trinktasse mit Deckel herum – wie in China. Diese lassen sie auch in Cafes auffüllen. Setzen sich damit hin oder gehen weiter. Das allgemeine Preisniveau ist deutlich höher als bei uns und die Preise werden immer ohne Steuern angegeben (es kommt noch einmal ca. 10% dazu). Geraucht werden darf in öffentlichen Gebäuden und Plätzen nicht, Alkohol gibt es nur in lizensierten Läden oder Restaurants. Fahrradfahrer müssen einen Helm tragen. Eine Ladenschlusszeit gibt es nicht, auch nicht am Sonntag.