Nov 222015
 

DSC02359926. Reisetag

27.192 km

 

Trübe Aussichten für diesen Tag. Die Wolken hängen tief. 15 Kilometer vor dem Zielort Bintulu öffnet der Himmel seine Schleusen. Ich stelle mich unter einen Baum, der schützt nur kurze Zeit. Ich denke nass ist nass und schwinge mich für die letzten Kilometer wieder aufs Rad. Nasser geht doch. Es sind nicht nur die Bäche, die die Straße herunterrinnen, auch bei mir strömt es oben rein und durch die Hose raus. Eine Fahrt wie durch einen nicht aufhörenden Wasserfall. Kalt ist es nicht, Wohlfühlen in der nassen Haut etwas anderes. Unter diesen Bedingungen sind 15 Kilometer verdammt lang.

Bei der Ankunft bin ich trotz der widrigen Umstände wählerisch. Ich möchte ein Hotelzimmer mit Flussblick haben und finde eins. In dieser Stadt bleibe ich einen weiteren Tag. Sie bietet nichts Besonderes. Meist dreistöckige etwas schmuddelige Häuser, zwei große Markthallen, einen Nachtmarkt und für mich am Wichtigsten, ein indisches Restaurant gleich um die Ecke. In einer langweiligen Stadt kann ich problemlos Pause machen, zumal wenn ich eine gute Unterkunft habe. Faulsein klappt unterwegs auch.

Die Stadt verlasse ich durch ein Gelände mit Industrieanlagen und Baustellen. In der Ferne brennen Fackeln der Offshore-Ölförderung.
Kaum habe ich dieses öde Umfeld hinter mir gelassen bin ich im nächsten, den endlosen Palmölplantagen. Die folgenden 130 km bekomme ich kaum etwas anderes zu sehen. Den Schildern nach zu urteilen gehören die Plantagen wenigen Agromultis.

Um nicht bei unklaren Wetterverhältnissen 140 km fahren zu müssen, habe ich nach 80 Kilometer, etwas abseits von der Hauptstraße, ein vermeintlich einsames 4-Sterne-Hotel direkt am Meer im Internet ausgemacht.
Bei der Ankunft merke ich, dass ich am Rande einer neu entstehenden Industrie-Retortenstadt übernachte. Mitten in den Palmölplantagen stehen große Industriekomplexe, fertige und im Bau befindliche.
Beim Frühstück erfahre ich mehr von meinem Tischnachbarn. Er arbeitet für eine südafrikanische Firma am Bau einer Erzaufbereitung. Südafrika liefert das Erz, hat aber nicht den Strom für die Aufarbeitung. Malaysia bietet günstige Hydroenergie über einen neu errichteten Stausee in den Bergen und lockt damit energieintensive Unternehmen an. Durch den neuen Produktionsstandort erhoffen sich die Südafrikaner zusätzlich einen leichteren Zugang in den Südostasienmarkt.

Meine Fahrt geht weiter durch die Plantagenlandschaft. Orte gibt es keine, manchmal eine kleine Ansammlung von Häusern. Und immer wieder Baustellen. So wird eine zweispurige Straße mitten in die Plantagen hinein gebaut. Oder eine große Fläche ist aufgeschüttet und planiert. Rundherum nur Ölpalmen im menschenleeren Gebiet. Mit Ausnahme der Straße, da herrscht reger Verkehr. Ich kann zum Glück auf einem schmalen Seitenstreifen fahren. Kein Regen an diesem Tag, dafür brennt die Sonne auf mich nieder.

Am Nachmittag ein gegensätzliches Umfeld. Auf der einen Seite eines Flusses noch Plantagen, auf der anderen tiefster Dschungel, diesmal sogar mit Urwaldriesen. Ich bin im Nationalpark Batu Niah. Karstfelsen ragen in die Höhe. In ihnen befindet sich ein gigantisches Höhlensystem. Über einen Plankenweg führt der Weg durch den Dschungel in eine riesige halboffene Halle.
An der Höhlendecke sind Bambusstangen miteinander verknotet und in Felsvorsprüngen verkeilt. Sie bieten die einzige Möglichkeit an die dort hängenden kostbaren Schwalbennester zu gelangen. In halsbrecherischer Weise werden die ausschließlich aus Speichel gebauten Nester der Salangane geerntet. Für die Chinesen ist die Schwalbennestersuppe eine Delikatesse und dafür zahlen sie einen hohen Preis (Kilo bis 4000 €).

Je tiefer ich auf den festgelegten Wegen in die Höhle eindringe, desto dunkler wird es. Auf von Guano und Feuchtigkeit glattem Untergrund bewege ich mich im Schein meiner Stirnlampe vorwärts. Am anderen Ende des langen Ganges, wieder in der Helligkeit einer halboffenen Halle, sind alte Wandmalereien anzuschauen. Ich stehe vor den Hinweisschildern, kann aber beim besten Willen weder Figur noch Strich erkennen. Alte kanuartige Holzsärge hingegen sind leicht zu identifizieren.
Bei Ausgrabungen in dieser Höhle wurden 40.000 Jahre alte Skelette gefunden, die ältesten Fundes des Homo Sapiens in Südostasien.

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