Jul 272012
 

101. Reisetag

5931 km

 

Der erste Ort, der Ende des 18. Jahrhunderts gegründet wurde, war nicht Ottawa, sondern Hull, das auf der Québecer Seite des Ottawa Flusses liegt. Damals flößten seine Bewohner die ersten Baumstämme den Fluss hinab. Nur wenig später, mit Ausbruch des Krieges von 1812, machte die Nähe des für die Vereinigten Staaten strategisch so wichtigen St. Lawrence die Briten nervös. Deshalb wurde als sichere Verbindung zwischen Upper und Lower Canada von 1826 bis 1832 der 200 km lange Rideau-Kanal gebaut, der Kingston, die Basis der Royal Navy am Lake Ontario, mit Hull verband. Der Konstrukteur dieses technischen Wunderwerks mit seinem ausgeklügelten System von Schleusen war Colonel By. Die von ihm gegründete Stadt Bytown (daraus wurde Ottawa) lag beiderseits des Kanals und war schon bald deutlich größer als Hull. Als es an der Zeit war, eine Hauptstadt für die neue United Province of Canada zu wählen, waren die Einwohner von Toronto und Québec entsetzt über Königin Victorias scheinbar willkürliche Wahl von Ottawa. Der Ort war aber vor den Angriffen der Amerikaner geschützt, zum anderen bewahrte ihn seine Lage an der Grenze zwischen Ontario und Québec vor den Auswirkungen der anglofranzösischen Rivalitäten.

Das Zentrum der Stadt bildet der Parliament Hill. Die Parlamentsgebäude sind neogotische Bauten, die fast einem Schloss ähneln. Vor dem Eingang brennt eine ewige Flamme zum Gedenken an die erste Versammlung im Parlament. Der Uniformzirkus für die Touristen inkl. Dudelsackspieler dreht seine täglichen Runden.

Unterhalb des Parlaments mündet der Rideau-Kanal mit einer 8-stufigen Schleusentreppe in den Ottawa Fluss. Ein Anziehungspunkt für Touristen, dazu gehöre natürlich auch ich. Von einer Brücke aus kann der Schleusenbetrieb beobachtet werden. In Handarbeit werden die Tore geöffnet und geschlossen Der Kanal wird heute von den Freizeitschiffern benutzt. Entlang des Kanals sind Rad- und Wanderwege.

Die Gegend um die alte Halle des Byward Marktes ist ein weiterer Treffpunkt für die Touristen. Samstags verkaufen die Bauern hier ihr Obst, Gemüse, Fleisch, Käse, Blumen und Brot. In der Halle sind vor allem Ess- und Touristenartikelstände untergebracht. Rundherum gibt es viele Restaurants, Shops, Cafes und Kneipen.
Eine Neustadt mit den verspiegelten Hochhäusern der Banken, Hotels, Shopping Malls und Fussgängerzone fehlt natürlich auch nicht.

Fast mittendrin in den Sehenswürdigkeiten liegt die Jugendherberge. Das ist sehr angenehm. Mein Rad bleibt abgeschlossen im Gefängniskeller.

Ich genoss es draußen im Straßenkaffee zu sitzen. Beobachtete die Menschen. Sie kommen aus allen Kontinenten – viele schöne und charakteristische Typen, aber auch Menschen, denen ich ein schweres Schicksal ansehe.
Ich konnte aussuchen wo und was ich essen wollte. Diese Möglichkeit hatte ich schon lange nicht mehr.
Zu Kaufen gab es alles in den vielen Geschäften. Ich benötige außer eine weitere Straßenkarte und einen neuen Zeltsack nichts. Fast schade.

Jeden Abend gibt es auf dem Parliament Hill eine Lightshow. Ist schon fantastisch, wie dort Natur und Geschichte Kanadas am Parlamentsgebäude dargestellt wird.
Draußen vor meiner Zelle im Gefängnishof hämmerte die Musik, Punkbands spielten in der 2. Nacht. Da half auch kein Ohropax mehr. Nach Beschwerde um 2 Uhr morgens wird mir eine Übernachtung erstattet. Heute ist nur Disco angesagt. Auch nicht ganz leise.

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