4746 km
Der Campingplatz liegt 8 km außerhalb des Zentrums. Direkt neben dem Platz ist ein ehemaliger Baggersee ausgebaut zu einem großen schönen Schwimmbad. Camper haben freien Eintritt. Der Himmel gnadenlos blau. Bis auf ein Wärmegewitter bleibt es so. Ein Fahren bei bis 36 Grad im Schatten ist kein Vergnügen. Bleibe also einige Tage hier. Ausschlafen ist nur bis 7.30 Uhr möglich. Dann scheint die Sonne aufs Zelt und es wird zu heiß. Zum Frühstücken suche ich eine Schattenecke auf. Danach geht es ins Schwimmbad zum Abkühlen. Die Wassertemperatur entspricht mir mit 26 Grad.
Das Nachbarpaar an den ersten zwei Tagen sind beide Lehrer aus Steinfurth. Hilfsbereit, sie stellten mir einen Hocker und kochendes Wasser am Morgen zur Verfügung. Aber sehr anstrengend. Ich bekomme sehr viele Dinge erzählt, die ich nicht erfragt habe und die mich nicht interessieren. Zu allem wussten sie endlos viel zu erzählen. Bin froh als sie wieder weiterfuhren, zumal der kleine dicke Nachbar nachts so laut schnarchte, dass ich mein Oropax aktivieren musste.
Nach dem Baden bin ich am ersten Tag in die Stadt gefahren. Graz ist Weltkulturerbe. Es gibt alte und schöne Gebäude, kleine Läden, natürlich auch die Kettengeschäfte. Viele Touristen sind unterwegs. Die Holländer werden dieses Mal von den nahe wohnenden Italiener übertroffen.
Auf dem Hauptplatz findet ein Lesereisefestival statt. Auf großen Kissen kann ich im Schatten sitzen, dösen und Lesungen zuhören. Am Abend liest ein bekannter österreichischer Schriftsteller, Folke Tegetthoff aus seinem letzten Werk vor. Anstatt ein Buch in die Hand zu nehmen trägt er aus einem e-Book vor. Sein Thema „Glücklich in 3 Sekunden“ ist interessant, die Gegenwart besteht nur aus diesen 3 Sekunden. Davor, danach ist bereits die Vergangenheit bzw. die Zukunft.
Bei einem weiteren Stadtbesuch erkundige ich den Schlossberg und Straßen etwas abseits vom Zentrum auf der anderen Murseite. Dort sind die Häuser nicht mehr in ganz so gutem Zustand. Das Viertel wirkt deutlich ärmer.
Die Steiermark ist die Heimat von Peter Rosegger. Gerade wird sein 170. Geburtstag gefeiert. Habe in frühen Jahren seine Kindheitsbiographie „Als ich noch der Waldbauernbub war“ gelesen.
Andere Tage habe ich es wegen der Hitze nicht in die Stadt geschafft. Mit den österreichischen Nachbarn unterhalten, im Schatten am Schwimmbad gelegen, geschwommen – immer die Sonne meidend. Mir werden Tisch und Stuhl zur Verfügung gestellt, inkl. Nutzung eines Kühlschranks (von einer netten Nachbarin gegenüber). Kann jetzt wieder Käse kaufen und sogar ein Bier kaltstellen.
Auf dem Campingplatz habe ich einen Radler vom vorherigen Platz wiedergetroffen. Wir sind ein Bier trinken gegangen. Er ist Kolumbianer, wohnt in Italien, 31 Jahre alt und arbeitet demnächst freiwillig für einen Monat auf einer Farm im Umfeld von Graz. Vorher war er in Deutschland und hat in Holland auf einem Bauernhof gearbeitet. Die Wege legte er mit dem Fahrrad zurück. Er weiß nicht welche Arbeit zum Geldverdienen er demnächst bekommt. Trotzdem sehe ich seine Lebensfreude. Er ist unbekümmert und spontan. Solche Eigenschaften sind mir im Laufe des Lebens etwas abhanden gekommen. Ich plane viel, das Spontane fehlt mir. Könnte mir nicht vorstellen ohne Karte – wie er – zu fahren.
Das Wetter bleibt unbestimmt lange sehr heiß – wohl bis Donnerstag, wenn die Vorhersage sich nicht wieder korrigiert. Werde mich wohl erst am Freitag auf den Weg machen.
Da ich viel Zeit habe, die Abende demnächst länger werden, besitze ich seit gestern ein 190 g schweren e-Book-Reader. Einige e-Bücher lagerten bereits auf meinem Netbook.
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