6221 km
Nach einer weiteren unruhigen Nacht im Jail-Hostel verließ ich Ottawa auf einem Radweg über 20 km direkt am Ufer des Ottawa-Flusses bzw. Sees entlang. Danach ging es weiter meist auf Nebenstraßen, 10 km stark befahrener Highway waren leider nicht zu vermeiden. Am späten Nachmittag machte ich an einem Zeltplatz halt. Mit 48 Dollar für eine Übernachtung war er mir jedoch zu teuer. So baute ich mein Zelt etwas später direkt am Wasser auf eine Wiese auf. Die Waschgelegenheit hatte ich direkt vor Ort.
Seit ich nicht mehr durch einsame Gegenden radle habe ich kein Trinkwasserproblem mehr. Ich lasse meine Flaschen auffüllen, wenn ich Leute vor ihrem Haus sehe.
Es war eine Wohltat im Zelt zu schlafen. Die Temperatur stimmte und es war ruhig. Im Gegensatz zur Disco Jugendherberge in Ottawa.
Gemütlich mein Kaffee am Morgen getrunken. Das ist immer wieder schön und frisch in den Tag gestartet. Die wenig befahrene Straße führte meist am Ufer entlang. In der ersten Reihe am Wasser standen wieder die Häuser, viele davon ansehnliche Bauten. Mit kurzen Unterbrechungen zieht sich diese Häuserreihe bis nach Montreal über 70 km hin.
Bänke für meine Pause fand ich meist vor Kirchen.
Über Tag war es weiterhin sehr warm. Der nächtliche Regenguss vor 6 Tagen hatte sich nicht wiederholt. Der Wind stand wie gehabt nicht auf meiner Seite. Er blies eher heftiger aus dem Osten und raubte mir ca. 25 % meiner Fahrenergie. Der Fahrspaß war deutlich reduziert.
Am frühen Nachmittag ca. 25 km vor meinem eigentlichen Ziel sprach mich ein Radfahrer an. Ich könnte bei ihm im Haus übernachten. Hatte es angenommen, obwohl am nächsten Morgen um 5 Uhr aufstehen angesagt war. Er musste früh zur Arbeit.
Wegen angestauter Tageshitze hatte ich schlecht geschlafen. Die Nachtkühle macht sich im Zimmer erst zum frühen Morgen hin bemerkbar. Wie wunderbar doch eine Zeltnacht gewesen wäre. Um 5.30 bei angenehmer Frische und langsam in die Stadt Montreal geradelt – erst am Ufer und dann 20 km entlang an einem Kanal, vorbei an alten Fabrikanlagen, zur zentral gelegenen Jugendherberge.
Montréal liegt auf einer Insel, der größten in einem vom Zusammenfluss des St. Lawrence und des Ottawa Flusses gebildeten Archipel.
Wegen Stromschnellen war es den Schiffen aus Übersee nicht möglich gewesen den St. Lawrence Strom weiter aufwärts zu fahren.
Die Güter mussten von den Schiffen und aus dem Landesinneren umgeladen, gelagert und bewacht werden.
So kam es, dass sich die bereits 1642 gegründete Missionsstation Ville-Marie schnell zu einer Basis für Entdeckungsreisende und Pelzhändler entwickelte. Ville-Marie wurde bald in Montréal umbenannt. Missionare zogen von hier aus weiterhin übers Land.
Ich weiß nicht ob das mit ein Grund ist. Seit ich in der Provinz Quebec angekommen war hat fast jede zweite Stadt ein Saint bzw. Sainte davor und viele Straßennamen ebenfalls. Habe meine Zweifel dass bei dieser Inflation von Heiligen jeder seinen Titel verdient hatte.
Im Vieux-Montréal gibt es eine große Ansammlung historischer Gebäude. Oft stehen diese direkt neben den modernen Bauten.
Im Zentrum ist eine Underground City entstanden. Ein fast 30 Kilometer langes Netzwerk aus wettergeschützten Passagen, die Metro, Ladengeschäfte, Theater, Hotels, Büro- und Wohnhäuser miteinander verbinden. Im Winter braucht der Montrealer keinen Fuß ins Freie zu setzen und im Sommer sorgen Klimaanlagen für angenehme Temperaturen.
Radfahrer haben ein gut ausgebautes Wegenetz. Leihräder stehen an vielen Stationen zur Verfügung. Diese werden auch viel benutzt. Ich war auf den Hausberg geradelt um einen Überblick zu bekommen. Sobald ich den Innenstadtbereich mit den Hochhäusern verlassen hatte wechselten diese zu schönen Einfamilienhäusern – meist aus Stein und jedes Haus war anders. Häuserblocks wie bei uns gibt es natürlich auch. Auf einem Markt waren die Gemüsesorten schön aufgereiht, sonst aber wenig los. Da denke ich immer an die abwechslungsreichen asiatischen Märkte mit dem pulsierenden Leben.
Die ethnische Vielfalt der Einwanderer, die mehr als ein Fünftel der Einwohnerschaft (britisch und französisch) von ca. drei Millionen ausmachen, zeigt sich im kulturellen Leben der Stadt. Meine Essmöglichkeiten waren hier immens erweitert.
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