1175 km
Der volle Mond ist schuld. Gestern noch schönstes Wetter, heute kalt, Wolken und viel Wind. Geschlafen habe ich in einer offenen Hütte auf dem Zeltplatz. Kalt wird mir erst am nächsten Morgen bei der Losfahrt. Die Temperaturen an diesem Tag erreichen gerade 13 Grad.
Die Häuser, Schlösser und Kirchen in der Region um Saumur (da fahre ich gerade durch) sind aus hellen Tuffsteinblöcken erbaut. Die Tuffschicht ist viele Meter mächtig und bildet den Abbruch zur Loire hin. Manche Häuser sind direkt in die Felswand eingelassen, nur die äußere Front hat Fenster. Der Radweg führt mich durch ein (altes) Handwerkszentrum in einer Felshöhle. Ist ein richtiges Highlight an diesem trüben kalten Tag.
Das Tal ist manchmal so eng, dass nur eine Reihe Häuser und die Straße Raum hat, daneben die seebreite Loire mit Schaumkronen. Der Wind zaust mächtig an mir. Das Fahren strengt an. Zum Glück bleibt der Regen aus.
In den oberen Hanglagen stehen die festungsartigen Schlösser, unten in den Orten die großen Kirchen, mit Altar, oft ohne Stühle.
Die Unterkunftssuche hat ihre Tücken. Zelten möchte ich nicht, ist einfach ungemütlich draußen. Viele Hotels bzw. Herbergen, die ich ansteuere sind geschlossen, ob vorübergehend oder dauernd ist nicht auszumachen. Finde endlich eins. Kann erst um 18.30 Uhr hinein. War kein Mensch vorher da.
Unerwartet scheint am nächsten Morgen die Sonne. Es ist kalt. Die Kälte spüre ich (bei gleicher Temperatur wie gestern) nicht so stark. Fahre ohne Handschuhe und Regenjacke.
Die Sonne trägt ihren Teil dazu bei. Ich nehme die Umwelt bewusster war, habe mehr Freude beim Fahren. Rieche den blühenden Weißdorn, die Rapsfelder und das frisch gemähte Gras. Kein Hang ist hochzufahren. Es geht einfach an der Loire entlang. Mal auf dem Deich, mal durch die Auenwiesen. Die Kühe merken schon von weitem wenn ich mich nähere und schauen mir beim Vorbeifahren nach.
Die Silhouetten der kleinen Orte und Städte am Loire-Ufer werden durch keine Hoch- oder moderne Glasbauten unterbrochen. Es sind die typischen französischen Häuser in hellen Farben.
Das Cafe Lenin hatte leider geschlossen, ich hoffe nur vorübergehend.
In der Kirche Notre Dame gibt es viele (allgemeine) Merci-Tafeln. Konkreter Dank wird bei bestandenen Examen ausgesprochen. Wenn das Handy beim Beten ruft, hat dieses den Vorrang.
Auf der Loirestrecke kommen mir ab und zu Wanderradler entgegen. Wohlüberlegt fahren sie mit dem Wind. Der Loire-Radweg (ab Atlantik) ist der Beginn des Europaradweges, der an der Donau entlang zum Schwarzen Meer führt. Auf diesen werde ich wohl im späten Sommer in Serbien wieder stoßen.
Am späten Nachmittag erreiche ich Nantes. Es riecht bereits nach dem Atlantik. Ebbe und Flut machen sich bemerkbar.
Bin kurz vor dem ersten kräftigen Regenschauer meiner Tour in der Jugendherberge angekommen. Beim Araber um die Ecke esse ich Couscous mit Gemüse.
Am Sonntag setzte ich meine Tour zu Fuß mit einer Stadtbesichtigung fort. Die Altstadt von Nantes besteht aus 4 bis 5-stöckigen Häusern im einheitlichen Stil. Gut und weniger gut erhalten. Ein Schloss und viele Kirchen fehlen natürlich nicht.
Die vielen Esslokale spiegeln die Kolonialgeschichte wieder. An erster Stelle stehen die arabischen, aber auch viele vietnamesische, kambodschanische und chinesische Lokale gibt es. Die Afrikaner können bei den Lokalen nicht mithalten.
Entsprechend ist die Gesellschaft der Stadt multikulturell.
Die Häuser haben oft eine beeindruckende Schornsteinkolonie auf dem Dach. Hat da noch jeder Raum einen eigenen Ofen?
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