575 km
Die Strecke der Nacht: ein Wildschwein, ein Dachs und ein Waschbär. Die Autojagd war erfolgreich gewesen. Alles Tiere die wir sonst kaum sehen.
Ca. 20 km fahre ich auf eher belebter Straße weiter an der Mosel entlang. Kurz vor Nancy beginnt dann mein Weg gen Westen quer durchs Land Richtung Orleans an der Loire. An dieser fahre ich weiter zum Atlantik. Die Route auf kleinen Straßen hatte ich mir ausgearbeitet. Alle Straßen in Frankreich sind mit Nummern gekennzeichnet. Wenn diese auf der Karte und der Realität übereinstimmt fahre ich richtig. Das ist einfach.
Große Städte sind selten zu durchfahren. Komme durch viele kleine Dörfer. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Kaum Neubauten, viele sehr alte Häuser, manche am Zerfallen.
Die Landwirtschaft dominiert. Große Felder und Äcker auf oft steinigen Böden.
Kühe weiden nach Farben sortiert – in weiß, braun, schwarz getrennt. Nur beim Fleckvieh sehe ich eine Mischung mit braun und schwarz. Ein Traktor pflügt das Feld neben der Straße. Die frische feuchte Erde riecht fett.
Auf vielen Bäumen sehe ich Misteln. Überall wachsen Schlüsselblumen in Mengen. Auf den Feldern, am Wegesrand und im Wald. Erinnere mich an meine Kindheit. Hatte mit Freuden davon Sträuße gepflückt. Sie wuchsen nur an einem bestimmten Ort.
Die Ortschaften sind klein. Herbergen oder Zeltplätze nicht zu finden. Nach 120 km werde ich müde und schaue mich nach einem günstigen Platz im Wald um. Dann finde ich doch eine Herberge mit dem verheißungsvollen Namen „Moulin Rouge“. Ist leider kein anrüchige Unterkunft. An der Bar sitzen vier Männer, zum Essen gibt es nichts, die Federkerne der Matratze sind in der Nacht deutlich zu spüren. Ein Essenproblem gibt es für mich nicht, da ich bereits für die geplante Waldunterkunft Baguette und Käse gekauft habe.
Am nächsten Morgen hatte sich der Wind gedreht. Anstatt gegen mich (wie in den letzten Tagen) bläßt er von Nordosten. Kann zum ersten Mal richtig zügig fahren.
Im Bade- und Waschhaus eines Dorfes ist das Wasser lange nicht mehr bewegt worden. Ob die Gillot Firma bereits 1947 ihr Ende vorausgesehen hatte? Die Fachwerke in vielen Häusern sind in der Region sehr eng angelegt. Dazwischen in alten Häusern noch Lehm.
Das Gelände ist nord-süd-mäßig ausgerichtet. Die Flüsse – Meuse, Marne u.a., viele Kanäle und Bäche halten sich daran. Entsprechend geht es in einer ca. 20-30 km Regelmäßigkeit auf und ab. Oben ist meist hügeliges Ackerlandschaft, in den Flusstälern Wiesen.
Der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten. Aus Knospen werden Blätter, der Raps bekommt die ersten gelben Blüten, habe die ersten Schwalben gesehen und den Kuckuck gehört.
Heute die letzten 45 km auf einem Radweg entlang eines großen Stausees und Kanals nach Troyes gefahren. Übernachtet habe ich in der Jugendherberge.
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