Sri Lanka kann ich leider nur mit dem Flugzeug verlassen. Nach 1,5 h Flug landen wir in Kochi, an der südlichen Westküste Indiens. Von dort lasse ich mich und das eingepackte Fahrrad mit einem Taxi in die 35 km entfernte Stadt fahren. Das dauert etwas, da der Taxifahrer lieber eine Stunde in der Schlange auf die Fähre wartet als einen kleinen Umweg zu fahren. Die Unterkunft habe ich vorgebucht. Sie liegt in Fort Kochi, dem Touristenviertel mit einem morbiden Charme. Viele alte Kolonialbauten stehen noch, manche sind zerfallen, alles Überreste aus der portugiesischen, holländischen und britischen Zeit. Man könnte meinen, die Jahrhunderte sind hier spurlos vorübergegangen.
Der Stadtteil ist umgeben von Wasserflächen und Kanälen. Sie gehören zu den Backwaters, die sich hinter der Küstenlinien weit verzweigt dahinziehen.
Das Wahrzeichen von Kochi sind die freischwebenden chinesischen Fischernetze. Sie sehen aus wie riesige Spinnen, die überm Wasser schweben. Diese Fischfangtradition wurde vor 600 Jahren eingeführt. Ein großes Netz mit steinernen Gegengewichten wird ins Wasser gelassen und nach einiger Zeit wieder hochgezogen. Die Fische, die gerade vorbeischwimmen werden gefangen. Das sind nicht viele. Vom Fischfang können diese Fischer nicht leben. Ich denke, dieser Fischfang wird stark subventioniert. Das Geld für die Subventionen bringen die Touristen in das Stadtviertel.
Etwas weiter entlang der Uferstraße legen kleine Fischerboote an. Die vollen Netze werden in Ufernähe entleert. Der Fang daraus mit Körben geschöpft und ins Boot gekippt. Das Boot ist randvoll, die restlichen Fische, lebendig und tot, werden aus den Netzen wieder ins Meer gelassen. Wer von den Zuschauern Lust hat, kann sich Taschen und Tüten kostenlos füllen. Mit den Fischen wird sehr achtlos umgegangen obwohl sie für viele Menschen den Lebensunterhalt bilden.
In Kochi bekomme ich Besuch. Andrea wird mich einige Zeit auf meiner Fahrt um den Südzipfel von Indien begleiten. Ich fahre mit dem Fahrrad zum nächsten Ort, sie mit dem Bus. Hoffe, das klappt und wir treffen uns jedes Mal wieder.
Zunächst bummeln wir entlang der Uferpromenade von Fort Kochi. Ein kleiner Sandstrand lädt eher zum Menschenschauen als zum Baden ein. Diverse Essensstände, ein kunstvoll angemalter Baum und der Blick auf die Reihe der chinesischen Fischernetze mit Besatzung machen daraus einen sehenswerten Spaziergang.
Mit einer Fähre fahren wir hinüber in die Stadt Ernakulum. Beim Kartenkauf für die Fähre gibt es getrennte Schalter für Frauen und Männer. Wie überall in Indien, wenn Schlange gestanden werden muss. In der Stadt Ernakulum treffen wir auf das „richtige“ Indien. Gedränge auf der Straße und in den vielen schmalen Gassen. Zwischendurch schlängeln sich die Tuk-Tuks. Eine Lücke beim Überqueren der größeren Straßen ist schwer zu finden. Man muss einfach in den Verkehr hineinschreiten, dann kommt man rüber. Wie es der Zufall will gelangen wir auf einen kleinen Markt. Es ist immer noch interessant für mich darüber zu laufen (und auch Fotos zu machen).
Am nächsten Vormittag schauen wir uns in Fort Kochi um. Ein gut englischsprechender Tuk-Tuk-Fahrer zeigt uns die Sehenswürdigkeiten. In der großen Wäscherei gibt es nur Handwäsche, wenn auch nicht im Schongang. In den einzelnen Kabinen wird die Wäsche kräftig auf Steine geschlagen, das löst wohl den Schmutz. Nach dem Trocknen auf der Wiese wird mit Holzkohle beheizten Eisen oder schweren Elektroeisen die Wäsche geplättet.
Kochi ist Zentrum des Gewürzhandels gewesen und ist es (wohl für die Touristen) immer noch. Auf dem Hof des Ginger-Marktes werden die Ingwer-Wurzeln in der Sonne getrocknet. Vorher werden sie in einer Kalklösung getränkt um Ungeziefer fernzuhalten. Sie sehen dann weiß aus. Der Kalk wird anschließend wieder abgewaschen.
In einer großen Lagerhalle stehen Säckeweise die Zutaten für die ayurvedischen Anwendungen. Stände und Läden bieten diverse Gewürze an der Straße an.
Die christlichen Missionare waren (und sind es wohl noch) in der Keralaregion sehr erfolgreich. Aus zahllosen Kirchen schallt Musik auf die Straße. Es sind meist neue sehr große Gebäude.
Essengehen in Indien bringt Spaß. Die Auswahl ist groß und es schmeckt.
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