2208. Reisetag
Am Vormittag bin ich erneut unterwegs zur Ausländerpolizei. Die Schlangen sind ähnlich lang wie beim letzten Besuch. Weitergekommen bin ich kaum. Nirgends wird Englisch verstanden, auch nicht am Informationsschalter. Ein Besucher erklärt mit per Smartphone wie ich auf der türkischen Internetseite der Ausländerbehörde ein Termin erhalten kann. Die Vergabe erfolgt nur übers „E-Randevu“. Ich bekomme eine Vorstellung wie es den Türken ohne genügend Sprachkenntnisse in der Bundesrepublik ergeht.
Im Internet stelle ich dann fest, dass der nächstmögliche Termin für meinen Antrag der 25. Dez. wäre. Gebe es hier auf. In Izmir werde ich erneut mein Glück versuchen.
In Istanbul gibt es viele Katzen. Manche haben ihren Stammplatz. Eine Katze sitzt immer vor einem Grillimbiss, eine andere vor einer Fleischerei. Sie sind geduldet und werden oft gefüttert.
In der Nähe meiner Unterkunft komme ich an einem alten Hamam vorbei. Denke, in diesem Nachbarschaftshamam ist es angenehmer als in den großen bekannten Hamams mit vielen Touristen. Es ist mein erster Besuch in einem türkischen Dampfbad.
Um die Mittagszeit betrete ich den großen Vorraum, ein paar Männer stehen herum. Mir wird eine Kabine zugewiesen. Ziehe mich aus, wickele ein dort liegendes Tuch um und werde ins Dampfbad geleitet. Ein schöner Kuppelraum mit Steinfliesen, in der Mitte ein großes rundes Steinplateau in Sitzhöhe. Die Seitenräume sind mit kleinen Wasserbecken und Schöpfschüssel ausgestattet. In einem weiteren Raum ist eine Dampfsaune. Genau wie ich es mir vorgestellt hatte.
Ich bin der einzige Besucher und weiß nicht so recht wie es weiter gehen soll. Schwitze erst einmal eine Runde in der Dampfsaune und übergieße mich danach mit kaltem Wasser. Ein beleibter Herr betritt den Raum, nicht wie ich annehme ein weiterer Kunde. Es ist mein Abschrubber und Masseur. Mit einem groben Handschuh werde ich unsanft behandelt. Die oberste Hautschicht löst sich rollenweise. Das nennt man glaube ich Peeling. Werde dabei immer wieder mit heißem Wasser übergossen. Danach lege ich mich auf die Steinbank in der Mitte. Werde gründlich eingeseift und danach kräftig massiert. Da rutscht schon mal ein Stöhner heraus. Nach weiterem Wasserübergießen bin ich wieder alleine im Raum. Schwitze noch einmal in der Sauna und begebe mich in den Vorraum. Dort werde ich in Handtücher eingewickelt und bekomme einen Tee serviert. Das wars, bin jetzt porentief sauber und fühle mich wohl in der etwas dünneren Haut.
Habe Hunger und esse im nahen kleinen Restaurant eine Linsensuppe.
Istanbul hat eine Metrolinie unter dem Bosporus. Ein Bahntunnel unter dem Bosporus schlug bereits 1861 Sultan Abdülmecid I vor. 150 Jahre später, Ende Oktober 2013 ist er fertig.
Am Freitag werde ich die neue Verbindung testen. Da schönes Wetter ist fahre ich zunächst mit der Fähre von Europa nach Asien. Kostet drei Lira (1,10 Euro) wie jede einzelne Fahrt in Istanbul, egal wie weit.
Den Nachmittag verbringe ich in Asien, flaniere am Ufer des Bosporus. Trinke dort einen Tee mit Blick auf das Wasser, durchlaufe einige Einkaufsstraßen. Die Sonne steht bereits tief, ich gehe zum großzügig angelegten U-Bahnhof Üsküdar. Auf zwei Rolltreppen geht es in die Tiefe. Auf dem Bahnsteig ist eine kleine Ausstellung über die mehrjährigen Bauarbeiten. Einige feuchte Stellen an den Gleisen auf dem Bahnhof bedeuten hoffentlich nichts Schlimmes. Die Phantasie wird hier unten eher angeregt.
Es ist in der Tat ein seltsames Gefühl, sich vorzustellen 62 Meter unter dem Meer dahinzufahren. Niemand weiß, was im Fall eines Erdbebens geschieht. Die Stadt liegt an der nordanatolischen Verwerfung. Forscher nennen sie eine der aktivsten seismischen Regionen der Erde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erdbeben der Stärke sieben Istanbul in den kommenden 30 Jahren verwüstet, liegt Berechnungen zufolge bei bis zu 70 Prozent.
Ich stehe am Fenster und blickte angestrengt hinaus in den schlecht beleuchten Tunnel. Es ist nicht viel zu sehen.
Die vier Minuten Tunnelfahrt von Asien nach Europa kommt mir lange vor. Nachdem die Rolltreppe mich an der europäischen neuen Metrostation Yenikapi in die Höhe trägt stehe ich in einer prächtigen Kuppelhalle. Nach dem Verlassen des Bahnhofs bin ich wieder im üblichen Istanbuler Straßenchaos. Viele Autos, keine ordentlichen Fußgängerwege und -übergänge, geschweige den irgendwelche Hinweisschilder.
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