8408 km
Es ist kalt im Zimmer, bleibe ein wenig länger unter der warmen Bettdecke. Heute ist meine Wegstrecke nicht weit. Um 10 Uhr bin ich dann auf der Straße. An geschützten Stellen ist der Reif der letzten Nacht zu sehen. Die Sonne scheint, keine Wolke ist am Himmel. Ich spüre deutlich eine Lust unterwegs zu sein. Wie der Sonnenschein doch meine Stimmung hebt.
Fahre von Troja aus ein Stück zurück auf die Hauptstraße, d.h. vierspurige Schnellstraße. Schon bald verlasse ich diese wieder und biege auf Nebenstraßen ab, die mich um die Halbinsel Biga führen werden. Auf den Nebenstrecken fahre ich durch kleine Dörfer. Halte an einer Teestube. Werde sofort eingeladen, draußen am Tisch Platz zu nehmen. Es wird geraucht, drinnen ist es verboten. In der Teestube steht in der Mitte ein mit Holz beheizter Bollerofen, es ist warm. Am Tisch spricht jemand Deutsch. 33 Jahre hat er in Kiel gearbeitet. Freut sich, mal wieder Deutsch zu sprechen. Werde natürlich gefragt was ich arbeite, ob ich verheiratet bin und wie viele Kinder ich habe. Alles wird von ihm für die anderen übersetzt.
Der Muezzin ruft zum Gebet. Viele der Männer gehen in die Moschee. Ich schwinge mich wieder aufs Fahrrad und durchfahre die meist hügelige Landschaft mit kleinen und großen Feldern. Es gibt viele gut gepflegte Olivenhaine. Am frühen Nachmittag erreiche ich die Ortschaft Geyikli. Hier werde ich im einzigen Hotel übernachten. Durchstreife den Ort, trinke wieder einen Tee.
In den Teestuben sind wie überall immer nur Männer zu sehen, meist ältere. Frauen tauchen nur wenige im Stadtbild auf.
Bei meiner Tour (über Land) grüße ich die Menschen an denen ich vorbeifahre. Männer beantworten den Gruß, Frauen nicht. Deshalb habe ich kaum Fotos von Frauen in ihren schönen Pluderhosen.
Der Muezzin ruft zum dritten Mal an diesem Tag zum Gebet. Auch ich begebe mich dorthin. Es kommen vor allem alte Männer, jüngere (so bis 40, aber schwer zu schätzen) sehe ich nicht. Frauen hätten ihren Platz auf der Empore der Moschee, die ist aber leer.
Vor dem Gebet unterziehen sich die Männer einer rituellen Waschung. Beim Gebet werden unterschiedliche Körperhaltungen eingenommen, die mit bestimmten Gebetstexten verbunden sind.
In einem Gebetsabschnitt nehmen die Männer einen Rosenkranz mit Perlen in die Hand und Beten ihn durch. Danach wird dieser wieder an seitliche Haken gehängt. Ein Sänger und der Imam singen Teile des Korans (nicht zusammen). Hört sich schön an. Der Imam steht/kniet vorne in der Moschee, nicht auf der Kanzel.
Nach dem Gebet begrüßt mich der Imam. Er spricht leider kein Englisch, jemand anderes übersetzt etwas. Ich erhalte einen Text des Gebetszyklus mit Zeichnungen der Haltung, leider auf Türkisch. Danach werde ich zu einem Tee in einer Teestube eingeladen.
Am späten Nachmittag werde ich mit einem Missverständnis konfrontiert. In einem Restaurant, in dem türkische Pizza angeboten wird, werde ich animiert doch hineinzukommen. Ich versuche mitzuteilen, dass ich erst um 6 Uhr abends vorbeikommen werde. Etwas später werde ich gerufen. Sechs türkische Pizzen (mit Käse) stehen verpackt auf dem Tisch. Ich esse eine, zahle großzügig (aber nicht für sechs). Alle lachen – Inschalla.
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