628. Reisetag
19.539 km
In den nächsten Tagen werden wir das Mekong-Delta durchqueren. Der Mekong mündet in einem Netz von Flussarmen und Kanälen in das Südchinesische Meer. Die fruchtbaren schlickreichen Böden des Deltas und das heiße feuchte Klima machen es zur „Reiskammer Vietnams“. Zudem werden Nahrungsmittel wie Fisch, tropische Früchte, Gemüse, Zuckerrohr und Kokosnüsse produziert.
In den morgendlichen Berufsverkehr reihen wir uns ein und verlassen Saigon im Mopedschwarm. Bereits nach 10 km beruhigt sich das Verkehrschaos und die Fahrt wird gemütlicher. Am Straßenrand werden Räucherstäbchen getrocknet. Wir besuchen eine familiäre Räucherstäbchenmanufaktur. In einer kleinen Maschine wird die Räuchermasse um vorgefertigte Stäbchen gepresst, die anschließend getrocknet werden. Wie es in Vietnam so üblich ist, gibt es nicht nur diesen Kleinbetrieb, sondern diverse gleichartige im nahen Umfeld.
Wir verlassen die Hauptstraße und durchfahren ländliche Gebiete mit großen Reisfeldern. Nach dem Überqueren eines Mekongarmes mit einer kleinen Fähre dominieren Drachenfruchtplantagen. Die roten Früchte werden in großen Körben vom Feld abgeholt, sortiert und für den Export verpackt. Auch in Deutschland hatte ich diese Früchte auf dem Markt gesehen. Sie schmeckten aber fade. Ihr fruchtiges Aroma haben sie verloren.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Stadt My Tho. Sie liegt direkt an einem breiten Mekongarm. Entlang eines Kanals mit einer bunten Stelzenhäuserfront auf der gegenüberliegenden Seite erkunden wir den Markt. Vor allem Seafood, frisch und getrocknet, wird gehandelt.
Ein Lokal für das abendliche Essen zu finden ist nicht einfach, die Bestellung abzugeben noch schwieriger. Gesten und Fingerzeige werden nicht verstanden. Per Telefon wird der englisch sprechender „Manager“ gerufen und wir können bestellen. Es ist ein Seafood-Restaurant, aber Fisch gibt es nicht. Wir erhalten Tintenfisch, Muscheln und Shrimps, dazu etwas Reis, Gemüse und sogar Pommes. Uns schmeckt es.
My Tho ist eine sehenswerte Stadt. Wären wir nicht mit der Gruppe unterwegs würden Marie und ich einen weiteren Tag bleiben. Wegen den schönen Wegstrecken, die Tom uns führt, bleiben wir für die nächsten zwei Tage noch dabei. Und wir werden nicht enttäuscht!
Nach der morgendlichen Nudelsuppe überqueren wir den Mekong auf einer 60 m hohen Hängebrücke. Oben haben wir eine weite Sicht über den Fluss mit Schiffen und Landschaft. Auf kleinen Wegen durchfahren wir eine Landschaft in der sich alles um Kokosnüsse dreht.
Wir halten an einer Halle, in der die Nüsse verarbeitet werden. Sie werden aufgeschlagen, die Hälften aus der Schale geholt und geschält. Die geschälten Hälften werden gewaschen. Die Weiterverarbeitung können wir nicht verfolgen und mangels Sprachkenntnisse nicht erfragen.
Exkurs: Interessant ist, dass es einen Nord-Süd-verlaufenden „Schäläquator“ zu geben scheint. Westlich davon (in Europa) werden Früchte u.a. zum Körper hin, östlich davon vom Körper weg geschält. Auf den genauen Grenzverlauf habe ich bisher nicht geachtet, werde dies in Zukunft aber erforschen.
Aus der äußeren Hülle der Kokosnuss werden in anderen Manufakturen die Fasern gewonnen. Aus ihnen können Seile angefertigt werden. In kalten Regionen dienen die Fasern als ökologisch korrektes Isoliermaterial.
Auf den Kanälen und Flüssen werden kleine Frachtschiffe mit Kokosnüssen oder deren Schalen be- oder entladen.
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Unser Weg wird immer schmaler, nur Zweiräder können auf ihm noch fahren. Dicht geht es vorbei an Häusern, Kanälen und Feldern. Wir sind froh, dass es weitergeht und eine kleine Fähre uns über einen Kanal zu einer größeren Straße bringt. Schon bald erreichen wir die nächste Fähre, die einen breiten Mekongarm überquert. Nach 90 km fahren wir in den Ort Tra Vinh ein und finden eine einfache aber saubere Unterkunft.
Am Morgen besuchen wir in der Stadt Khmertempel. Der Theravada-Buddhismus der Khmer, eine Minderheit im Südvietnam, unterscheidet sich vom chinesisch beeinflussten Buddhismus der Vietnamesen. Ihre Tempel haben hochgezogene Giebel, es gibt viele Buddha-Statuen, dämonisch wirkende Skulpturen fehlen.
Ich hatte die Vorstellung, dass Buddhisten kein Fleisch essen. Das stimmt (leider) nicht. Ein Blick in die Tempelküche lehrt mich etwas Anderes.
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Am folgenden Tag tauchen wir tief in die Deltalandschaft ein. Auf kleinsten Pfaden geht es entlang von Kanälen, Feldern, Bananen- und Palmenhainen, vorbei an Gehöften und Häusern. Immer hoffend, dass wir damit unserem abendlichen Zielort näherkommen. Es ist nicht immer der Fall. Die Strecke ist aber so schön, dass wir einen Umweg gerne in Kauf nehmen.
Auf einem kleinen Kanal werden flache Kähne geschoben, beladen mit Tonblöcken, die per Förderband auf die Straße gelangen und verladen werden. Der Grundstoff für die Ziegelherstellung.
Vor den Häusern sehen wir immer wieder Drahthauben, unter denen das Spielzeug der Männer kräht. Hähne, die gewaschen, spazieren geführt und gerne gezeigt werden. Kommen sich zwei davon zu nahe, richten sich ihre Halsfedern auf und sie würden aufeinander stürzen, wenn sie nicht zurückgehalten werden.
Am späten Nachmittag gelangen wir wieder auf die Hauptstraße. Eine riesige Mekonghängebrücke ist zu überqueren. Etwas müde nach 100 km Fahrt, aber froh so einen Tag erlebt zu haben, erreichen wir Can Tho. Die zentrale Stadt im Delta, von der aus Bootstouren zu den schwimmenden Märkten unternommen werden. Entsprechend viele Touristen sind unterwegs. Es gibt gute Hotels und ein breites Essensangebot.
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