Wir dringen ein in die Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt bzw. Saigon mit einer nicht abreißendenden Mopedflut, Baulärm und stehender Hitze. Unsere Unterkunft finden wir im Touristenviertel der Altstadt. Ein zimmerbreites Hotel steht neben dem anderen, meist in schmalen Gassen. Zimmer ohne Fenster sind in den schmalen Unterkünften Standard, wir suchen etwas länger, um eins mit Fenster zu ergattern.
Jede Menge Langnasen laufen herum. Gute Esslokale zu finden ist kein Problem. Die Bestellung ist mit englischer Speisekarte einfach und wir erhalten was wir bestellen.
Am Abend trinken wir unser Bier auf kleinen Hockern am Rande einer Vergnügungsmeile und lassen das abendliche Treiben an uns vorbeiziehen. Westliche Männer jedweden Formats und Alters flanieren mit hübschen jungen Vietnamesinnen. Verkäuferinnen bieten Tintenfische an. Ihre Garküche ist auf einem Fahrrad installiert, mit kleinem Herd und Auslage nebst Beleuchtung. Feuerspuckende Jungen mit rußgeschwärztem Gesicht sammeln nach ihrer Vorstellung etwas Geld ein. Sie wirken durch das häufige Einatmen und Schlucken der oft giftigen Brennstoffe bereits abwesend und apathisch.
Frauen mit der schweren Last von Büchern diverser Raubkopien des Reiseführers Lonely Planet bieten diese zu niedrigen Preisen an. Sonnenbrillen, Fächer, Erdnüsse usw. – viele Menschen versuchen einen Teil vom Touristenkuchen zu erhaschen.
Das sichtbare Gefälle zwischen reich und arm hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.
Vier Tage verbringen wir in Saigon. Ich kaufe einen neuen Fahrradsattel. Mein alter Brooks-Ledersattel ist mittlerweile – nach ca. 35.000 km – zu sehr durchgesessen. Der Neue, leider nur aus Plastik, ist noch sehr gewöhnungsbedürftig.
Von der Aussichtsplattform des höchsten Gebäude Saigons und ihr Wahrzeichen schauen wir aus 300 m Höhe hinunter auf die Stadt im Dunst. Der Besuch im Museum of Modern Art zeigt den Einfluss der jahrzehntelangen Kriegsjahre auf die Kunst. Beim abendlichen Sparziergang durch den nahen Park beobachten wir ein buntes Treiben. Federfußball ist ein vietnamesischer Nationalsport. Vier Federn mit Gewicht am unteren Ende werden mit den Füssen ohne Einsatz von Händen oder Schlägern in der Luft gehalten. Eine Gruppe spielt es mit größter Perfektion und Leichtigkeit. Gymnastikgeräte werden von Jung und Alt genutzt. In einem Pavillon wird getanzt, daneben übt eine Karategruppe. Touristen werden von jungen Schülern angesprochen um die Englischkenntnisse zu verbessern.
Der Besuch in Chinatown führt uns zu Tempeln mit prachtvoll gestalteten Dachgiebeln mit kleinen tönernen Figuren. An der Tempeldecke hängen glimmende große Räucherspiralen. Vor dem Tempel können Vögel aus Käfigen freigekauft werden. Sie genießen ihre Freiheit nur kurz. Am naheliegenden Futterplatz werden sie gleich wieder eingefangen.
In dem geschäftigen Viertel wird vor allem mit Stoffen gehandelt. Ballenweise werden diese angeliefert und abgefahren, auf vollgepackten Mopeds, Fahrradrikschas oder mit kleinen dreirädrigen „Lastwagen“. Die Traditionelle Chinesische Medizin wird Säckeweise in einem Straßenzug angeboten. Wie wohl die getrockneten Kräuter, Früchte oder Tierteile zur Gesundung beitragen?
Die Radrundfahrt im Mopedschwarm verlangt höchste Konzentration. Jederzeit können „Geisterfahrer“ entgegenkommen oder aus seitlichen Einfahrten biegt ein Moped ohne Beachtung des fließenden Verkehrs auf die Straße. Beim kleinsten Zögern auf einer Straßenkreuzung ist ein Durchkommen kaum möglich.
In Saigon verabschieden wir Toms Reisegruppe „Ho-Chi-Minh-Pfad“. Eine neue Gruppe „Mekong-Delta“ kommt an. Einige Tage werden wir noch mit ihnen zusammen reisen.
Das trockene Hochlandklima hat meiner Kamera gut getan. Sie funktioniert wieder ohne Macken – wahrscheinlich bis zur Regenzeit im April.
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