Aug 032017
 

295. Reisetag

7053 km

1200 km Bahnfahrt

1300 km Autofahrt

 

Früher zogen Karawanen mit afghanischen Kamelen durch die australische Mitte, jetzt der Ghan. Es ist keine mühsame Unternehmung mehr, sondern ein exklusiver Ausflug – „all inclusive“. Die Ghan-Fahrt liegt vor mir – ich bin gespannt.

Am Bahnhof großer Empfang mit Getränken, dazu Life-Musik auf der Gitarre. Die Waggons stehen auf zwei Bahnsteigen verteilt, die Gesamtlänge beträgt fast einen Kilometer. 300 Mitreisende gehen an Bord. Ich erhalte für die nächsten 24 Stunden ein Mini-Abteil. Kontakt zu den Mitreisenden habe ich im Saloon- und Speisewagen. Kaum sitze ich dort, werde ich in Gespräche mit einbezogen. Wie überall im Lande, ich treffe vor allem Australier, die unterwegs sind.
Beim Blick aus dem Fenster vermisse ich das Radfahren nicht. Endlos zieht die trockene Halbwüstenlandschaft vorbei. Keine Orte, selten Kühe, einmal ein Kamel.

Auf halber Strecke, nach 1200 Kilometern, unterbreche ich die Bahnfahrt. Für eine Woche. Ich bin in der Mitte des Roten Kontinents angekommen, in Alice Spring.

Das Wahrzeichen Australiens möchte ich mir ansehen. Mit dem Fahrrad ist es nicht möglich, die Strecken sind zu weit. Ich buche eine dreitägige Campingtour.

Zusammen mit 18 Teilnehmern bin ich früh morgens in einem Kleinbus unterwegs zum 450 km entfernten roten Felsen. Einem heiligen Ort der Aborigines. Uluru tauften sie ihn „Schatten spendender Platz“. Seit Tausenden von Jahren leben sie hier und noch immer gibt es keinen respektvollen Umgang mit ihrer Geschichte und Tradition. Ihr ausdrücklicher Wunsch diesen symbolhaften Felsen nicht zu besteigen wird ignoriert. Es ist nicht offiziell verboten. Es gibt nur die Bitten und Schilder der Aborigines, es zu unterlassen. Und manche Touristen machen es trotzdem. Sogar ein mit mit Seilen gesicherten Weg führt hinauf. Die australische Regierung unternimmt nichts dagegen. Ein Trauerspiel.

Dieser aus der Ebene emporragende rote Felsen ist beeindruckend, hat etwas Erhabenes. Ich bin dankbar so einen Platz besuchen zu können. Ich halte ein wenig Abstand von den anderen bei Gang um den Felsen. Fühle mich (fast) alleine in diesem gigantischen Umfeld. Es ist ein schönes Gefühl.
Der Tag ist bereits fortgeschritten. Sonnenuntergang mit Uluru-Blick ist unser nächster Programmpunkt. Der entsprechende Parkplatz steht bereits voller Busse. Hier ist man selten alleine.
Ein Tisch wird aufgestellt, Sekt wird zur Feier ausgeschenkt. Die Sonne versinkt. Der Uluru leuchtet mit unterschiedlichen Farben.
Es ist fast dunkel als wir unseren Übernachtungsplatz erreichen. Ein großes Areal, auf dem diverse Tourenunternehmer wiederum kleinere Parzellen mit 4-Personenzelten, Küche usw. betreiben. In einem dieser uniformen Lager kommen wir unter, bereiten zusammen ein Essen vor. Die Glut vom Feuer der Vorgängergruppe (Anreise täglich) entfacht das nächste Feuer. Holz hatten wir bei der Herfahrt gesammelt. Ich schlafe in einem Biwak-Sack mit Matratze draußen, andere in den Zelten.
Früh am Morgen geht es weiter. Sonnenaufgang mit Uluru-Blick ist angesagt. Wiederum ein Großgruppen-erlebnis.

50 Kilometer entfernt vom Uluru liegt das Nachbargebirge Kata Tjuta. In der Sprache der Aborigines bedeutet es „viele Köpfe“. Es besteht aus vielen markant aussehenden, kuppelförmigen Bergen.
Durch ein Gebirgssystem unterhalb der Erdoberfläche sind sie miteinander verbunden.
Da die einzelnen Felsendome nah beieinanderstehen, gibt es spektakuläre Schluchten. Ein Pfad führt direkt entlang der zerfurchten rötlichen Felswände. Der Weg ist steinig und steil und nicht überlaufen. Ein Teil der Gruppe wählt eine Abkürzung. Ich wandere alleine, wunderschön.

Mittags sitzen wir wieder im Auto. Das nächste Ziel, der King Canyon, liegt 400 km entfernt. Mit Beginn der Dämmerung erreichen wir unseren Lagerplatz, zum Glück mit deutlich weniger Umtrieb. Essenvorbereiten, Feuer, Schlafen und Aufstehen vor der Sonne, der gleiche Rhythmus wie am Vortag.

In der Morgendämmerung erklimmen wir den Canyonrand und erhalten eine atemberaubende Sicht in die größte Schlucht Australiens und der Ebene dahinter.
Der Canyon besteht aus teilweise bis 100 m hohen Felswänden, deren Farben von Rot bis Geld und Weiß reichen. Er ist von einem Plateau umgeben, das von Domes und andere interessanten Felsformationen geprägt ist.
Durch die Felsen zieht sich der temporär wasserführende King Creek. An seinem Ende bildet sich jedoch ein niemals austrocknendes Wasserloch, ein Billabong, wie man in Australien sagt. Dieser ist beinahe komplett von rötlichen Sandsteinfelswänden umgeben, die Schatten spenden und ein Mikroklima schaffen, in dem viele grüne Pflanzen wachsen und ihm so den Namen „Garten von Eden“ verschaffen.

Mittags sitzen wir wieder im Auto. Bis nach Alice Spring ist es weit.
Es ist unbeschreiblich, was ich in den drei Tagen gesehen habe. Noch lange werde ich diese Bilder in mir speichern.

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