Etwas müde von vielen Spaziergängen überlegen wir unser Tagesprogramm. Eine deutsche Musikerin, die in Istanbul „orientalische Oboe“ unterrichtet, gesellt sich zu uns. Das Frühstück zieht sich bis zum Nachmittag in die Länge. Ein gemütlicher Tag.
Ab und zu erklingt das Klagen eines monogam lebenden Perlhuhns herauf. Es wurde in Teeniejahren vom Partner getrennt und lebt jetzt im hiesigen Hühnerstall.
Auch der nächste Tag wird nicht sehr anstrengend. Almut macht mit uns eine Hausführung. Sie zeigt uns einige der künstlerisch gestalteten Räume sowie eine Auswahl der von ihr gemalten Bilder.
Nachmittags wandern wir durch das mir zur Hälfte schon bekannte Zemi-Tal.
Die nächsten zwei Tage erkundigen wir das weitere Umfeld mit einem Auto. Die Undergroundcity in Maziköy ist die erste Station. Isa (d.h. Jesus), ein Bekannter von Almut, führt uns durch mehrere Stockwerke einer dunklen alten unterirdischen Stadt.
Bereits in der Hethiterzeit vor rund 4000 Jahren – so wird angenommen – entstanden in Kappadokien die ersten Siedlungen im Untergrund. Infolge der Christenverfolgungen durch die Römer und im Zuge der Arabereinfälle im 7. Jh. wurden sie, als Fluchtstätten der kappadokischen Christen, über mehrere Stockwerke ausgebaut.
Wir kraxeln durch ein Labyrinth von schmalen Gängen, in gebückter Haltung. Ein Umdrehen darin ist nicht möglich. Bedrückende Gefühle sind gegenwärtig.
Einige senkrechte Röhren sind zu durchklettern. Hierfür wurden in die Seiten des Schachtes Stufen geschlagen. Alles mit der Taschenlampe um den Hals und einer kräftigen Prise Staub. Viel zu sehen gibt es eigentlich nicht außer dunkle Räume und Gänge. Mit deutschen Sicherheitsvorschriften wäre eine solche Besichtigung unvorstellbar.
Nach diesem anstrengenden Besuch entspannen wir in dem schroffen aber wunderschönen Erdemli-Tal mit seinen in den Fels gehauenen Kirchen- und Wohnhöhlen.
Die Ihlara-Schlucht, ein 13 km langer Einbruch eines unterirdischen Flusses mit seinen bis 130 m steilen Wänden ist unser Ziel am nächsten Tag. Obwohl der Reiseführer einen Touristenansturm ankündigt durchwandern wir die ersten 4 km der Schlucht alleine. Nach dem Abstieg in den Canyon breitet sich vor uns ein liebliches grünes Flusstal aus. Ein Schäfer sitzt unter einem Baum und bietet uns einen Teil seiner Mittagsmahlzeit an. Ein Ablehnen ist nicht möglich. Es gibt eine Teigrolle mit streng schmeckendem Ziegenkäse. Als Beilage zieht er mal aus der linken, mal aus der rechten Jackentasche eine Tomate, eine Gurke und eine Lauchzwiebel heraus.
Das Tal ist bekannt wegen seiner vielen Felsenkirchen. Manche weisen gut erhaltene Wandmalereien auf, andere nur ein paar Symbole und geometrische Muster. Grund dafür ist der Bilderstreit des 8. und 9. Jh. im Byzantinischen Reich. Die bildhafte Darstellung von Christus, den Aposteln und Heiligen wurde als Sünde angesehen. Ikonen wurden aus den Kirchen zu dieser Zeit entfernt und Bilder zerstört. Erst Mitte des 9. Jh. war der Bilderstreit zu Ende.
Unseren Ausflug beenden wir mit einem Abstecher nach Güzelyurt. In diesem kaum touristischen Ort besuchen wir eine weitere unterirdische Stadt, diesmal ohne Führer. Weit kommen wir nicht hinein, trotz großem Forscherdrang meinerseits. Die Gänge und Schächte sind einfach zu eng und bedrückend.
Bei der Rückfahrt sehen wir hinter einem pflügenden Traktor hunderte von Störchen ihre Abendmahlzeit suchen.
Am Mittwoch ist für mich Vorsorge angesagt. Ich benötige eine Auffrischung meiner Tollwutimpfung. Dazu fahre ich in das städtische Krankenhaus mit einen Zettel, auf dem mein Anliegen in türkischer Sprache steht.
Alles klar, denke ich. Dennoch benötigt es viele Telefonate, die Einbeziehung mehrerer Personen und eine Menge Papierkram bis ich die Impfung erhalte.
Am letzten Tag in der Pension Uchisar sortiere ich mein Gepäck noch einmal, halte große Wäsche und freue mich auf die Weiterfahrt.
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