15.720 km
Eine wenig befahrene Straße schlängelt sich durch Kokoshaine in Küstennähe Richtung Süden. Freue mich, wieder auf dem Rad zu sitzen. Oft nähere ich mich der offenen Küste. Durch Palmen hindurch sehe ich die Fischerboote am Sandstrand liegen. Auf der anderen Straßenseite tauchen Kanäle und offene Wasserflächen auf. Vor mir fährt ein Straßenhändler auf dem Fahrrad mit jeder Menge Thermoskannen. Ein Motorradfahrer hat sein Fahrzeug mit Haushaltswaren vollgeladen. Der Fischhändler bietet eisgekühlte kleine Fische aus einer Kiste auf seinem Fahrrad an.
Am Straßenrand liegen Berge feiner Kokosfasern. Ein Teil davon wird zu Seilen verarbeitet.
Um einen schnelldrehenden Hacken wird die Faser gelegt und durch das Drehen verschlingen sich die nächsten Fasern wie beim Spinnen zu einem Seil.
In einer kleinen Werkstatt werden Holzboote gebaut. Die Fugen zwischen den Brettern werden mit Kokosfaserseilen abgedichtet. Ins Holz sind Löcher gebohrt. Dadurch wird eine dünne Plastikschnur gezogen um die Faserseile fest in die Holzfugen zu pressen. Es sieht fast wie eine Zickzacknaht von der Nähmaschine aus.
In jedem Dorf steht mindestens eine Kirche, oft in beachtlicher Größe und neu gestrichen. Einmal klingt eine sich überschlagende predigende Stimme heraus, die eher furchteinflößend ist.
Die chinesischen Fischernetze (wie in Kochi) tauchen an einem Fluss wieder auf, etwas kleiner und im Ein-Mann-Betrieb. Viel Fisch wird auch hier nicht gefangen. Subventioniert wird aber auch nicht, denn Touristen sind so gut wie keine auf dieser Nebenstrecke unterwegs.
Nach 65 km erreiche ich den Ort Alappuzha. Der Treffpunkt mit Andrea ist in einer gebuchten tierliebenden Unterkunft. Viele Katzen, vier Hunde, die auch nachts bellen und ein Pferd.
Der Ort wird von einigen Kanälen durchquert. Von hier aus starten die Fähren durch die Backwaters. Beim Gang durch die Stadt ist Andrea böse gestürzt und hat dadurch eine hässliche Schnittwunde am Knie bekommen. Die Fährfahrt für diesen Tag haben wir gestrichen. Am Abend besuchen wir ein Hindu-Tempelfest mit Musikgruppe.
Für die nächsten zwei Tag leisten wir uns einen Luxus und lassen uns mit einem Hausboot durch die Kanäle und Seen der Backwaters fahren. Die typischen Hausboote sind alte umgebaute Reiskähne in unterschiedlichen Größen. Zu Hunderten liegen sie am Ufer und warten auf Touristenfahrten. Mit im Boot fährt immer der Kapitän und ein Koch.
Wir tuckern langsam dahin und lassen das Flussleben an uns vorbei gleiten. Auf dem Wasser treiben kleine und große Ansammlungen von Wasserhyazinthen. Nicht befahrende Kanäle sind komplett zugewachsen. Kokospalmen, Bananenstauden und Reisfelder säumen die Ufer bzw. Uferdämme. Die Felder liegen unterhalb des Wasserspiegels der Kanäle. Manche zeigen bereits das intensive Reisgrün, andere stehen noch unter dem Wasser des Monsunregens und müssen zum Bepflanzen leergepumpt werden. Das ist normal, Pumphäuschen stehen dafür am Ufer der Kanäle.
Gemütlich auf dem Boot sitzend hören wir das Klopfen der Wäscherinnen am Ufer. Die Wäsche wird eingeseift und dann auf Waschsteine geschlagen. Eine anstrengende Arbeit, und gewaschen wird viel am Fluss. Nicht nur die Wäsche, auch die Menschen nehmen ihr Bad im trüben Wasser der Kanäle.
Ab und zu schwimmen große Entengruppen durch und über die Hyazinthenansammlung. Es sind richtige „Herden“, die am Abend wieder eingeholt werden. Das ist einfach, denn die Ente liebt das Gruppenschwimmen.
Gefischt wird nachts mit Lampen nach Riesengarnelen. Diese lieben die Jamswurzeln, Teile davon werden an Fäden ins Wasser gelassen. Der Fischer merkt bei Anbiss ein Zucken am Faden und wirft sein Netz darüber. Die Touristenhausboote dürfen deswegen nachts nicht fahren. Ansonsten sind die Kanäle fischarm.
Am Morgen beobachten wir einen Muscheltaucher, der eine lange Bambusstange in den Kanalboden drückt. Der Mann taucht und kommt mit Erdklumpen nach oben, rudert aber nach einigen Tauchvorgängen weiter. Ist wohl keine gute Fundstelle.
Jeden späten Nachmittag/Abend schlägt der Monsun mit Guss und Gewitter noch einmal zu, obwohl seine Zeit eigentlich vorüber ist. Auf dem Boot stört es kaum.
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