419. Reisetag
Eine Seefahrt ist nicht nur lustig. Ich könnte im klimatisierten Großraum auf einem Sessel die Nacht verbringen. Draußen auf dem offenen Deck ist es heiß, auch in der Nacht. Trotzdem lege ich mich dort auf eine Bank und schlafe mehr schlecht als recht. Der Morgen dämmert. Die Skyline von Dubai taucht auf. Nach dem Anlegen können die bereitstehende Busse erst eine Stunde später betreten werden, Frauen zuerst, dann die Männer. Alles geregelt durch unfreundliche Beamte. Ich fahre hinter einem Polizeiwagen durch das Hafengelände zum Immigration Office. Auch dort passiert lange nichts. Es scheint, so wenig wie die Iraner die Araber mögen so ist es auch umgekehrt und man zeigt es. Ich benötige kein Visa, erhalte einen Stempel und darf 30 Tage in den Arabischen Emiraten verweilen. Nach drei Stunden Abfertigung stehe ich in der Mittagshitze vor dem Hafengebäude und finde einen Weg, wie ich die Stadtautobahn meidend, zur 15 km entfernten Jugendherberge gelange. Der Verkehr ist trotzdem extrem, hinzu kommt, dass die Fahrer der überwiegend großen Autos Fahrräder auf der Straße nicht vermuten oder kennen. Gelange aber wohlbehalten ans Ziel.
In der Jugendherberge treffe ich weitere Reisende. Viele junge Jungs aus Deutschland legen in Dubai einen Stopp auf dem Weg in die Heimat ein. Australien haben sie mit dem Programm Work und Travel bereist.
Saleh ein deutscher Syrier arbeitet zur Zeit in Dubai. Er rekrutiert philippinische Krankenschwester für deutsche Krankenhäuser. Ein Paar aus der Schweiz ist mit dem Landrover unterwegs. Sie fliegen weiter nach Indien, das Auto wird verschifft.
Über Tag steigen die Temperaturen auf 45 Grad (im Schatten). Morgens fallen sie nicht unter 30 Grad. Sobald ich nach draußen komme schlägt mir die Hitzewelle entgegen, die Brille beschlägt. Vorher habe ich in den klimatisierten Räumen fast gefroren.
Ich habe einiges zu erledigen. Zunächst besorge ich mir ein Flugticket nach Sri Lanka. Per Post schicke ich den warmen Schlafsack, Stiefel und mein Kocher nebst Geschirr zurück nach Deutschland. Benötige sie in der nächsten Zeit nicht. Vom Zelt kann ich mich nicht trennen. Es ist meine Notunterkunft.
In einem riesigen Supermarkt kaufe ich frisches Obst, Wasser und Saft ein. So unter Menschen fällt mir auf, dass ich keine Eingeborenen in ihren weißen Umhängen nebst gebundenem Tuch über dem Kopf sehe. Alle Angestellten und Kunden sind importiert. Für etwa 80 Prozent der Menschen ist Dubai nicht die Heimat. Sie kommen vor allem aus Indien, Philippinen, Bangladesch, Pakistan usw. Das bekannte asiatische Lächeln ist aus den Gesichtern verschwunden.
Meine Ausflüge mache ich mit der Metro, eine Bahn auf Stelzen, von den Japanern gebaut. Die Züge fahren vollautomatisch ohne Fahrer.
Dubai ist eine Kunststadt. Alles ist Superlativ, alles muss größer, luxuriöser, moderner sein als auf dem Rest der Welt. Sie ist (unverständlicherweise) eine der am meisten besuchten Städte der Welt. Millionen Touristen kommen um die „neuen Weltwunder“ zu bestaunen, und vor allem, um zu Shoppen. Es gibt fast 100 Einkaufszentren, darunter mit der Dubai Mall das größte der Welt. In diesen Konsum-Kathedralen ist alles zu finden und noch mehr als man sich vorstellen kann. Eine Eislaufbahn, einen Wasserfall, ein Aquarium in dem man sich beim Tauchgang fotografieren lässt usw.
Neben dem Dubai-Mall steht der Burj Khalifa. Mit 828 m das höchste Gebäude der Welt.
Aufgeschütteten palmenförmigen Inseln ragen weit ins Meer hinaus. Anfangs mit großen Wohnblocks bebaut, dann folgen kleine, und weiter meerwärts Reihenhäuser in „my home is my castle“ Stil. Das riesige Hotel Atlantis bildet den Abschluss. Eigentlich alles nicht sehr einladend, nicht einmal zum Anschauen, geschweige denn zum Wohnen.
Dazwischen grüne täglich zu bewässernde Rasenflächen in Golfplatzqualität und nicht nur hier.
Selbst das Wasser in Dubai ist künstlich: es wird mit großem Energieaufwand in Entsalzungsanlagen aufbereitet.
Dubai passt nicht so richtig in meine Reise, es ist eine andere Welt. Ich fühle mich herausgerissen. Ohne Wehmut steige ich rechtzeitig vor dem beginnenden Ramadan abends in den Flieger nach Sri Lanka.
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