Jul 212014
 

DSC07915442. Reisetag

14.342 km

 

In Jaffna bleibe ich vier Tage. Die Hitze schlappt und macht mich ein wenig träge. Gehe die Stadt langsam an. Jeden Tag eine kleine Unternehmung.
Zuerst die Innenstadt zur Orientierung. Um den zentralen Busbahnhof drängen sich die zahllosen Geschäfte und einige Märkte. Die Schäden, die der Krieg in der Stadt angerichtet hat, halten sich in Grenzen. Jaffna wurde geschützt, sei es von den Tamil Tigers oder der sri-lankischen Armee. Die Schlachten spielten sich meist außerhalb ab. Mit Ausnahme der Schlacht um das alte erst portugiesisch, dann holländische Fort. Die Innengebäude wurden vollständig zerstört, die dicken Mauern erheblich. Jetzt wird renoviert.

Der Nallur Kandaswamy Kovil ist der wichtigste Hindu-Tempel im Norden des Landes. Er ist dem Kriegsgott Karttikeya geweiht. Kriegsgott und Tempel, passt das zusammen? Die Puja dort beginnt mit viel Lärm. Zusätzlich zum Handgeläute gibt es Trommel- und Glockenschlag-Automaten. Nach der wenig besuchten Veranstaltung werden alle schnell aus dem Tempel geworfen und dieser abgeschlossen. Die Tempeldiener möchten wohl ihren Mittagssiesta halten. Anfang August gibt es ein 25-tägiges Tempelfest. Passend zum Kriegsgott ist es für den gläubigen Hindu ein Quäl-Dich-Fest. Körperteile werden mit spitzen oder scharfen Gegenständen durchstochen. Leider ohne mich, so lange möchte ich hier nicht bleiben.
Habe festgestellt, dass die christlichen Kirchen ihre Mitglieder besser unter Kontrolle haben. Die Kirchen sind voll. Buddha-Tempel gibt es im indisch beeinflussten Tamilengebiet wenige.

Einen Hafen gibt es nicht. An der Küste liegen die kleinen Fischerboote vor Anker. Das Ufer ist arg verschmutzt, vor allem mit Plastiktüten, die es selbst beim kleinsten Einkauf gibt. Ab und zu fließt eine stinkende Kloake ins Meer.

Der indische Einfluss macht sich für mich positiv bemerkbar. Endlich stehen neben dem sri-lankischen (mir bereits langweiligen) Curry auch andere Speisen auf dem Programm. Besonders gut schmecken mir die Dorsa-Gerichte.

Am 5. Tag geht es an der Küste entlang weiter nach Norden. Der Süd-West-Wind treibt mich gut voran. Das Umfeld ist trocken. Kokospalmen gibt es kaum, die Palmyra-Palme ist anspruchsloser und weit verbreitet. Die Frucht dieser Palme sieht außen aus wie eine dunkle Kokosnuss. Im Inneren sind drei Fruchtkammern mit einer glibberigen Masse. Sie wird mit den Fingern herausgedrückt und hat kaum Geschmack.

Ein großer Buddha meditiert am Straßenrand. An dieser Stelle landete der heilige Zweig des Budhi-Baumes aus Indien vor gut 2000 Jahren.

Ab und zu kommt mir eine Fahrradstreife des Militärs entgegen. Die Jungen in Uniform mit Gewehr. Einer hat die Luftpumpe dabei.

Ich halte an einem kleinen Hindutempel und werde gefragt ob ich Lunch haben möchte. Mit Freude nehme ich an. Jeden Sonntag wird nach der 12 Uhr-Puja freies Essen ausgegeben. Der Spender (an diesem Tag) gedenkt damit dem einjährigen Todestag seines Bruders. Der Raum ist voller junger Schüler, die etwas gelangweilt die Puja abwarten bevor aufgetischt wird.

Die Weiterfahrt ist auf meiner geplanten Route nicht möglich. Die Nordküste ist in weiten Bereichen militärisches Sperrgebiet. Keiner kann mir sagen wie großräumig die Absperrung ist. Muss weit ins Landesinnere zurückfahren – gegen den Wind.
Das Innere der Halbinsel ist dicht besiedelt und fruchtbarer als der Küstenstreifen. Bananen und vor allem kleine Zwiebeln werden angebaut.
In einem 20 Kilometer Umweg-Bogen nähere ich mich der Kleinstadt Point Pedro, dem nördlichsten Zipfel der Insel. Auf dem Markt kaufe ich die tägliche Papaya und einige Mangos. Habe wegen der Hitze einen hohen Flüssigkeitsbedarf, den ich nicht nur mit Wasser stillen mag. In einer recht schäbigen Unterkunft werde ich die Nacht verbringen. Am frühen Abend höre ich Musikklänge und Kracher. Auf der Straße zieht ein Hindu-Umzug vorbei. Viele Männer mit freiem Oberkörper schieben einen kleinen Festwagen. Hinter einer beleuchteten großen Plastikblume ist ein kleiner Hindugott verstaut. Der Umzug zieht mit Musik und Maskentanz durch die Straßen. Unmengen Blütenblätter werden geworfen. Zwischendurch wird mit Feuerwerkskörpern laut und störend geknallt.

Nahe der Ostküste fahre ich am nächsten Morgen wieder Richtung Süden. Der bisher schiebende Wind steht auf dieser Seite der Insel gegen mich.
Die Spuren des 2009 beendeten Bürgerkrieges sind nicht zu übersehen. Viele Häuserruinen stehen in der Landschaft. Ganze Dörfer wurden ausgelöscht. „Mines“, diese Schilder stehen noch oft am Straßenrand. Zusätzlich überflutete vor 10 Jahren die gewaltige Tsunami-Welle das flache Land. Was für ein Leid musste die Bevölkerung über sich ergehen lassen.

Über den Elefantenpass verlasse ich die Jaffna-Halbinsel. Der Name des Passes (kein Bergpass) stammt daher, dass in der Trockenperiode Elefanten auf der Suche nach Wasser hindurchzogen. Der strategisch wichtige Pass war während des Krieges heftig umkämpft.
Nach 90 Tageskilometer erreiche ich den Ort Pudukkudiyirippu. Die Namen sind oft unaussprechlich. Die Frage nach meiner letzten Bleibe kann ich oft nicht beantworten. Die Unterkunft ist eigentlich sauber und in Ordnung. Nur ein Handtuch gibt es nicht, hat der letzte Gast mitgenommen. Internetanschluss ist vorhanden, aber keiner kennt das Passwort. Die Klimaanlage funktioniert nicht, da die Stromspannung zu gering ist.

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