Jul 022017
 

263. Reisetag

6148 km

 

Noch 30 Kilometer durchs Tal und hinauf in die Berge, dann bin ich am Startpunkt des Trails. Eine kurze Strecke, jedoch mit vielen Schikanen. Der Wind bläst mir kräftig entgegen. Die Dirt-Road verdient diesmal ihren Namen. Loser Schotter, festgefahrene grobe Steine und Wellblechoberfläche. In den Bergen ein beständigen steiles Auf und Ab. Die morgendliche Sonne ist dunklen Wolken gewichen. Trotz Anstrengung wird mir kalt.

Erst am frühen Nachmittag erreiche ich Blinman, ein Kleinstort– keine Telefonverbindung, nicht ans E-Netz angeschlossen. Im Dorfladen wärme ich mich bei einem Kaffee auf. Ich erfahre, dass das Hotel mit zugehörigem Zeltplatz geschlossen ist und eine andere Übernachtung 150 $ (100 €) kostet. Das ist mir zu teuer. Die nächste (offizielle) Zeltmöglichkeit mit Dusche gibt es in 5 km Entfernung – nur bergab. Ich bevorzuge diese Alternative gegenüber dem möglichen Wildzelten.

Der abseits gelegene Ort ist Mitte des 19. Jhd. neben einer Kupfermine entstanden. Nach ca. 60 Jahren war das Erz erschöpft, die Mine schloss. Von den einst 1600 Einwohnern leben jetzt noch 26 Menschen hier.
In ehrenamtlicher Tätigkeit der Einwohner wurde die Mine für Besucher wieder „gangbar“ gemacht – über- und untertage. Damit gibt es einen Grund für Reisende einen Halt einzulegen. Auch ich erhalte eine Führung und ausführliche Erklärungen, alleine, gegen eine Spende.

In diesem Ort startet der Mawson Trail, benannt nach dem australischen Antarktisforscher Douglas Mawson. Über bereits existierende meist nicht geteerte Nebenstraßen, Wald-, Feuer- und Farmwegen wird der Track mich zurück nach Adelaide leiten.

Ganz unspektakulär fahre ich die ersten Kilometer auf Teerstraße zu dem Zeltplatz auf einer Schaf-Station (Station ist eine sehr große Farm). Nur zwei Wohnwagen stehen dort, die zugehörigen Familien mit ihren vielen Kindern trudeln später ein. Ich bekomme „Familienanschluss“. Am Abend sitzen wir zusammen am Lagerfeuer. Die Nacht ist sternenklar und kalt, das Zelt am Morgen taunass. Nach dem Aufstehen hänge ich als erstes das tropfende Überzelt in die Sonne, erst danach gibt es heißen Instantkaffee. Trotz Kälte mag ich die Morgenstunden. Ich spüre die wärmenden Sonnenstrahlen. Meine warmen Nachtsachen wechsele ich erst vor der Losfahrt.

Nach einem kurzen Wegstück auf Teerstraße beginnt der eigentliche Trail – Radspuren in einer Gras- und Buschlandschaft, unterbrochen durch Einschnitte vieler trockenen Fluss- und Bachläufe. Ich bekomme einen Eindruck, wie unbefahrbar die Strecke während der Regenzeit wird. An diesem Tag ist das Radeln einfach, meist geht es bergab, der Weg nicht allzu steinig.

Ich genieße die Sicht ins weite Tal. Erschreckte Kängurus hüpfen weg, bevor ich sie sehe. Weniger ängstlich sind die Emus. Sie schauen neugierig auf – bis ich ihnen zu nahe komme.
Ein Glücksgefühl erfüllt mich in dieser kargen Einsamkeit. Ich halte an, staune und freue mich solche Landschaften erleben zu können.

Eine Hütte steht am Wegesrand, die einzige die ich bisher in Australien gesehen habe. Für müde Wanderer, mit Holzpritschen und einem Tisch ausgerüstet. Neben dem Cycle Trail gibt es den in etwa parallel verlaufenden Heysen-Wandertrail. Hier kreuzen sich die Wege.
Der Platz lädt zur Mittagspause ein. Ich koche einen Kaffee zum Tunfischbrot und repariere eine Radtasche, die eine Schraube verloren hat und ausreißen könnte. Die Pause zieht sich, es ist ein schöner Platz – ich bleibe. Sitze einfach den Nachmittag auf einem Stuhl und schaue in die Landschaft. Entstaube Tisch, Stuhl und Nachtlager. Sogar einen Besen gibt es. Esse abends meine Instantnudelsuppe und ziehe mich mit dem Beginn der Dunkelheit in die Hütte und Schlafsack zurück.

Der Morgen ist wieder frostig, Raureif auf den Pflanzen und zum Glück kein nasses Zelt. Die ersten Sonnenstrahlen fallen direkt in den Hütteneingang und wärmen mich beim Frühstücken. Ein tolles Gefühl.

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