Der Sölkpass zeigt es mir.

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Juli 282013
 
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Früh am Morgen.

82. Reisetag

4481 km

 

Am Morgen geht es kräftig 400 m in die Höhe. Ein Pass von knapp 1000 m ist zu überwinden. Die Straße liegt zum Glück auf weiter Strecke im Schatten. Die sonnige Abfahrt wird durch den Fahrtwind ein wenig gekühlt. Wieder unten im breiten Tal der Enns fahre ich auf einem Radweg. Dieser führt mich ausnahmsweise ohne Steigungen zu dem Campingplatz in Schladming. Verbringe hier die letzte Nacht diesseits der Alpen.

Früh habe ich am nächsten Tag den Platz verlassen. Bereits vor 7 Uhr fahre ich los. Es soll wieder heiß werden. Die Gradlinigkeit des Ennsradweg ist dahin. Die Orte auf beiden Seiten des Tales, auch am Hang liegen auf der Route. Die heimische Gastronomie war wohl an der Wegplanung beteiligt. Nach gut 20 km erreiche ich den Beginn der Passstraße. Meine Höhe beträgt 675 m. Ab jetzt beginnt die Steigung über 24 km auf 1790 m Höhe. Die ersten 10 km meistere ich ohne Probleme. Die Temperatur steigt, die Straße auf den nächsten 10 km mit 9 bis 12% Steigung steigt noch mehr an. Hätte nicht gedacht, dass es für mich so anstrengend wird. Meine Betriebstemperatur ist bereits auf höchstem Niveau. Kein Schattenplatz ist zu erwarten, die Sonne brennt. Rudel von Motorradfahrern sind unterwegs. Ihr Vorbeifahrlärm schmerzt richtig. 300 Höhenmeter und 3 km vor dem Gipfel sehe ich einem Gasthaus. Trinke eine kalte Apfelschorle und stelle fest, dass auch ein Lager angeboten wird. Die Entscheidung steht fest. Den letzten Abschnitt werde ich am nächsten Tag in aller Frische zurücklegen. Mache ein Nachmittagsschläfchen. Am Abend esse ich leckere würzige Käsnockerln. Unterhalte mich mit dem Wirt. Verstehe in schwer. Im Sommer bewirtschaftet er die Hütte, im Winter arbeitet er im Tal am Skilift. Früher ist er Bauer gewesen.

Habe in der Nacht gut geschlafen. Beim Frühstück mein erstes Brot seit den Heimaturlaub in Bonn gegessen. (Es gibt sonst immer Müsli). Die Übernachtung in Lager (8-Bett-Zimmer, es gab aber nur einen Zimmergefährten) inkl. gutem Frühstück kostet mit 15 Euro weniger als mancher Campingplatz.

Die Weiterfahrt zeigt mir dann meine Grenzen auf. Drei Kilometer mit regelmäßig 12% Steigung ist zu anstrengend für mich mit meinen 30 kg Gepäck. An jeder Kehre und manchmal auch dazwischen muss ich eine Pause einlegen um wieder Energie zu sammeln. Um 8.30 Uhr ist es bereits heiß. Ein Glück, dass ich am Vortag einen Übernachtungsplatz gefunden hatte. Nach der Passhöhe geht es in steiler Abfahrt herunter. Mein Zimmernachbar hat mir einen Abstecher in die Krakau Ebene empfohlen. Ist mir an diesem Tag zu heiß einen Umweg zu fahren, der noch 300 m in die Höhe gehen würde. Unten im Tal der Mur finde ich einem schönen Campingplatz direkt am Fluss.

Tauernradweg(e).

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Juli 252013
 
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Die Luft in der Höhe ist nicht immer gut.

79. Reisetag

4352 km

 

Am Morgen umrunde ich den Chiemsee auf seiner südlichen Seite. Der Uferradweg führt entlang an Weiden, Moor- und Schilflandschaften und immer wieder der Autobahn. Nach 25 km verlasse ich den See Richtung Traunstein. Es beginnt wieder das Auf und Ab des Alpenvorlandes bis ich am Nachmittag kurz vor Bad Reichenhall auf einem Campingplatz an der Saalach mein Zelt aufschlage. Genieße die Ruhe dort. Kein Kindergeschrei, Gruppen die weit in die Nacht sich laut unterhalten und kein entferntes Rauschen der Autobahn.

In der Dämmerung kommen die Mücken. Verziehe mich nach meinem Abendmahl und einem Bier früh ins Zelt zurück.

Die Etappe vom Bodensee nach Bad Reichenhall durch das Alpenvorland ist abgeschlossen.

Am nächsten Morgen fahre ich Richtung Tauern. Ab jetzt heißen alle Radwege Tauernradweg. Dauerte ein wenig bis ich es bemerkt habe. Es wird immer nur der nächste Ort mit angegeben – und es gibt viele Verzweigungen des Tauernradweges. Habe von dieser Region keine Karte, nur mein GPS-Gerät. Verfahre mich manchmal etwas.

Es geht entlang der Saalach aufwärts, aber nicht immer in Flussnähe. Vor mir wandern drei Jugendliche auf dem Jakobsweg, der auch von hier sein Netz Richtung Santiago spannt. Einer möchte den gesamten Weg zurücklegen.

Vor einiger Zeit gab es eine große Flut. Ein Baumstamm beschädigt eine Brücke. Fahrradfahrer dürfen zum Glück noch darüberfahren. Mal ist der gesamte Radweg gesperrt. Versuche die Weiterfahrt, kehre dann auf die stark befahrene Bundesstraße zurück. Der Weg ist teilweise weggespült. Die Täler werden enger, die Berge deutlich höher. In den Tälern ist die Siedlungsdichte deutlich größer als im Voralpenland. Die Gebäude in den kleinen und größeren Orten sind nicht nur die typischen Alpenhäuser. Diese gibt es natürlich auch, dazwischen vermehrt moderne Wohnhäuser und Industrieansiedlungen mit entsprechend mehr Verkehr. Kurz vor dem Zeller See stoppe ich spontan an einem Campingplatz. Es ist ein heißer Tag gewesen und ich bin müde.

Es ist schon merkwürdig. Die Holländer sind eigentlich ein kleines Völkchen. Auf den Campingplätzen dominieren sie mit ihren Wohnwagen und Wohnmobilen. Das war schon in Frankreich so.

Am Abend zieht erstmals eine Gewitterfront mit Regen über mich hinweg. Am Morgen tropft es noch vom Baum. Meine Zeltwiese ist mit Schnecken belebt. Wo diese nur alle herkommen? Beim Zelteinpacken muss ich aufpassen, dass sie draußen bleiben. Sie haben mich dann doch überlistet. Beim wirklich letzten Schluck Kaffee aus meiner Tasse spucke ich eine aus. Der morgendliche Kaffeegenuss ist dahin, vorher hat er mir jedoch geschmeckt. Die feuchte Kaffeekanne, obwohl verpackt in einer geschlossenen Tasche, ist wohl ein Unterschlupf gewesen.

Die Wolken hängen tief an diesem Morgen. Zum Zeller See führt wieder ein Tauernradweg bis ich auf den eigentlichen Tauernradweg komme, der entlang der Salzach flussabwärts bis Salzburg führt. In Wolkenlöchern sehe ich die über 2000er-Berge mit Schneeflächen. Ich fahre in dem engen Tal zusammen mit Bundesstraße, Eisenbahn, Radweg und der Salzach bergab.

Eine Gruppe Rafter bekommt erst einmal auf dem Trockenen ihre Anweisung (auf holländisch), bevor sie auf die schnellfließende Salzach dürfen.

Die Talfahrt bringt Spaß, bis der Weg für die Räder steil 200 m in die Höhe geht. Ab 13% Steigung über längere Strecke muss ich schieben. Es ist anstrengend, die Sonne wärmt mich dabei noch. Nur die Autos dürfen unten im Tal auf einer autobahnartigen Straße fahren.

Am frühen Nachmittag ist mein Abschnitt auf dem Tauernradweg fast beendet. Bleibe auf einem Zeltplatz, der ausnahmsweise für Radfahrer gut ausgestattet ist. Tische, Bänke und ein Raum mit schnellem Internetanschluss und Steckdosen.

Alpenseehüpfen II.

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Juli 222013
 

DSC0032576. Reisetag

4150 km

 

Vom Forggesee in Füssen geht es nach Murnau am Staffelsee. Radle anfangs durch eine flache Ebene auf guten Radwegen. Bald jedoch erfolgt ein Wechsel zu Schotterwegen, Berg hoch und runter. Manchmal ist dieser von Sturzbächen weggespült. Schieben ist dann angesagt.

Bei meinen Pausen höre ich Kuhglocken. Stelle aber fest, dass sie auf eingezäunten Wiesen weiden. Soll wohl die Touristen in Almstimmung versetzen.

Nachmittags geht’s steil hinab – hinunter und durch das Murnau Moos, eine weite Moorlandschaft. Es ist heiß, die Bremsen verfolgen mich. In Murnau besuche ich das „Russenhaus“ von Gabriele Münter. Sie kaufte es 1909 und lebte bis zu ihrem Tode 1962 darin. Zu sehen gibt es wenige Skizzen, alte Möbel und den Zylinder nebst Gehrock von Kandinsky.

Ein Zeltplatz liegt direkt am Staffelsee. Versuche dort ins Internet zu gelangen. Klapp trotz vieler Versuche nicht. Habe mich dabei an den Stammtisch des Campingplatz-Stüble gesetzt, neben zwei älteren Murnauern. Diese schütteln über die Technik nur den Kopf. Fragen (im Ernst) wann endlich das Internet voll ist und nichts neues mehr rein passt. Kam ins Gespräch mit ihnen. Ich erzähle von meiner Tour, benutze dabei die (etwas dumme) Formulierung „Ich sei mit dem Rad ,on the Road’“. Da schüttelte einer den Kopf, verstehe ich nicht ,on the Road’ was ist das, etwas wie ,Shopping‘?
Ein Bauer in Rente (78 Jahre) erzählt, dass er seit 46 Jahren nicht beim Arzt war. Nach seinem letzten Besuch (damals) sollte er wiederkommen, es war aber gerade Heuernte angesagt. Seitdem ist er nicht mehr hingegangen. Er isst jeden Tag eine Knoblauchknolle – rieche ich auch. Auf seinem staatlichen Pachtland hielt er bis zum 70. Lebensjahr 16 Kühen, damit kam er gut über die Runden. Hat zum Schluss seine Geräte und Milchquote verkauft und ist zufrieden. Seiner Meinung nach ist das heutige Jammern über die Milchpreise ein Jammern auf hohem Niveau.

Am nächsten Tag geht’s Richtung Schliersee. Am Morgen erfolgt die Fahrt durch die flache Landschaft des Loisach-Kochelsee-Moores. Mache eine wunderschöne Abkürzungsfahrt entlang eines Moorkanals. Es ist ruhig, der Weg schlecht, das Umfeld schön. Vor dem Kloster Benediktbeuren geht die Moorlandschaft in Wiesen über. Diese sind frisch gemäht, es riecht nach Gras.
Mache meine Mittagspause im Klosterhof. Ein alter VW-Bus fährt vor die Kirche – eine Hochzeit ist angesagt.

Weiter geht es erst langsam, dann steil auf einem Waldweg ca. 300 m in die Höhe. Ich schaffe es so gerade ohne schieben. Die Energie der Höhe kann ich (leider) nicht nutzen, die steile Abfahrt hinunter zum Tegernsee muss immer wieder abgebremst werden. Da es dort keinen Campingplatz gibt fahre ich über den nächsten Hügel zum Schliersee.

Die Weiterfahrt am nächsten Tag führt bergauf und vermehrt bergab hinunter in die Ebene des Chiemsees.
Beim versuchten Einkaufen in einem kleinen Ort stehe ich vor verschlossenem Laden, es ist Sonntag. Ich bin bereits zeitlos geworden. Habe noch Studentenfutter, einen Apfel und eine Banane. Das genügt. Es ist sehr heiß, da habe ich wenig Hunger und meine Wasserflaschen sind voll.

Am Chiemsee bleibe ich einen Tag. Die Hitze macht mich etwas schlapp, der Campingplatz ist zwar voll, hat aber ein schönes Seeufer und das Wasser ist warm. Waschen und Blogschreiben sind angesagt.

Unterwegs stelle ich fest, meine Gedanken schweifen noch sehr nach Bonn. Bin noch nicht so ganz im „Jetzt“ meiner Reise angekommen.

Großes Alpenseehüpfen.

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Juli 182013
 

 

 

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72. Reisetag 

3743 km

 

Für meine Verhältnisse starte ich früh am Morgen. Habe sehr gut geschlafen, die Luft ist frisch. Voller Schwung geht es am Vormittag die Berge hoch und (leider) auch immer wieder runter. Die Hochsaison ist wohl nur an den großen Seen aktiv, auf meinem Radweg merke ich im Tagesverlauf nichts davon. Der Weg ist bestens beschildert und führt mich über kleine Straßen und Fahrradwege hinauf in das Alpenvorland. Hügel, Wälder und saftige grüne Wiesen prägen die Landschaft. Keine Mais- oder Getreidefelder – nur Wiesen. Diese werden gerade gemäht, das Heu eingefahren oder gejaucht. Die Arbeit wird ordentlich gemacht, um die Bäume wird mit der Hand gesenst, selbst das Gras im Graben wird mit dem Holzrechen herausgeholt. Ich sehe nur kleine Bauernhöfe. Der Misthaufen liegt oft noch vor der Stalltür. Von außen betrachtet stimmt die Landwirtschaft hier, nur die Schilder stimmen nicht damit überein: „Faire Milchpreise zum Überleben“.

Die Orte sind so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Viel Holz wurde in den Häusern verbaut, oft verkleiden Schindeln die Fassaden. Davor oder daneben große Holzstapel. Da blicke ich schon mal neidisch drauf.

Geranien oder Petunien behaupten an den Balkonen ihr Monopol. Die schönen Bauerngärten lassen ein Hobby-Gärtnerherz schneller schlagen.

Der Maibaum steht noch. Lebensmittelläden finde ich keine, dafür aber viele Gaststätten und Brauereien, manchmal noch leerstehende Schlecker-Läden.
Grafittis gibt es nicht. Alles ist in teutscher Ordnung.

Das Radeln ist anstrengender als erwartet. Es ist sehr heiß über Tag. Bin diese Tour vor einigen Jahren bereits gefahren, die vielen steilen Passagen hatte ich wohl verdrängt. In den zwei Tagen fahre ich 1850 m in die Höhe und 1280 m herunter.
Bei einer 12%igen Talfahrt auf einem steinigen Feldweg absolviere ich meinen ersten Sturz in einer Kurve. Bis auf ein paar Abschürfungen ist dieser glimplich verlaufen. Das Schild „Radfahrer absteigen“ habe ich vorher ignoriert.

Die Tagesetappe endet jeweils an einem der großen Alpenseen in touristisch belebten Hochburgen. Die Zahl der Wanderradler kann ich aber auf dem Zeltplätzen an meinen Fingern abzählen. Die erste Nacht verbringe ich in Immenstadt am Großen Alpsee, die zweite in Füssen am Forggensee.
In Füssen bleibe ich zwei Nächte. Fahre mit dem Fahrrad die Lech hoch. Die Täler sind enger, die Berge steiler. Oben liegen noch die letzten Schneelagen. Trotz Wolken am Himmel zeigt mein Tacho-Thermometer noch über 30 Grad an.

Schloss Neuschwanstein schaue ich nur von unten an. Es gibt lange Wartezeiten für die Besichtigung – wollte es aber auch nicht ernsthaft besuchen.