Byzanz, Konstantinopel, Istanbul.

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Dez 092013
 
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Hagia Sopia.

 218. Reisetag

 

Kaum eine Stadt hat so eine lange Geschichte aufzuweisen. Seit fast 3000 Jahren leben Menschen im Byzanz der Griechen, dem Konstantinopel der Römer und schließlich dem Istanbul der Osmanen.
Als griechische Stadt Byzantion gegründet, stieg die Stadt zu einem bedeutenden Handelszentrum und schließlich unter dem Namen Konstantinopel zur Hauptstadt des byzantinischen Reichs auf. Im Mittelalter war sie die einzige Weltstadt Europas, und nach der osmanischen Eroberung wurde sie wieder zur größten Metropole Europas. Auch nachdem sie 1923 den Status der Hauptstadt verlor, und Pogrome Griechen und Armenier vertrieben, konnte sich die Stadt wieder erholen und ist heute das ökonomische und kulturelle Zentrum der weit über die Türkei hinausreichenden Region.

Unsere kulturellen Erkundigungen beginnen im Topkapı-Palast. Heute ist es ein Museum, eine Stadt in der Stadt. Dort lebte der Sultan mit seinen Ministern und Angestellten. Sultan Mehmet II. ließ ihn 1478 erbauen, um von hier aus die Politik des Osmanischen Reiches zu leiten. Etwa 4000 Angestellte lebten hier, weitaus mehr kamen täglich hinzu, um im Palast ihrer Arbeit nachzugehen. Die Frauengemächer, der Harem, wurden allerdings erst im 16. Jahrhundert gebaut. Der Palast, der von einer fünf Kilometer langen Mauer umgeben ist, gliedert sich in vier Höfe, die unterschiedliche Funktionen hatten.

Der Besuch ist etwas enttäuschend. Ausgestellt sind vor allem Schmuckstücke und Waffen. Als Einrichtungsgegenstände sehen wir die großen Betten des Sultans und einige Sofas. Die meist kahlen Räume sind blau gekachelt. Sie wirken ungemütlich und kalt, ein wenig wie das Wetter draußen. In jedem der vielen Räume, die zum Besuch freigegeben sind, steht mindestens ein Aufpasser.
Der Harem (kostet noch einmal extra Eintritt) bietet nur leere gekachelte Räume und einen Sultansraum mit großem Bett. Die Geschichten dazu klingen vielversprechender. Die Sultansmutter leistete die Vorarbeit und wählte dem Sultan aus der großen Schar bereits fünf Haremsdamen aus. Der Sultan winkte dann einer zu, die die nächste Nacht mit ihm verbringen würde.

Am nächsten Tag besuchen wir die Hagia Sophia (griechisch „Heilige Weisheit“, türkisch „Ayasofya“).
Als Kuppelbasilika errichtet, setzte sie im 6. Jahrhundert n. Chr. neue architektonische Akzente. Die Hagia Sophia, das letzte große Bauwerk der Spätantike, war die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches und religiöser Mittelpunkt der orthodoxen Christen.
Nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 wandelte Sultan Mehmet II. Fatih (der Eroberer) sie in eine Moschee um. Die christlichen Wandbilder wurden übertüncht, das Gebäude durch vier Minarette erweitert. Schon im 19. Jahrhundert legte man einige der historischen Gemälde wieder frei. Atatürk schließlich wandelte die Moschee 1934 in ein Museum um, das beide Kulturen zeigt.

Wie auch im Topkapi Palast am vorherigen Tag besichtigen alle Istanbul-Besucher diese Bauwerke. Entsprechend herrscht auch in der Nebensaison ein reger Betrieb. Wir reihen uns ein.
Bautechnisch ist es etwa wie im Kölner Dom. Außen stehen Gerüste, innen ist fast der halbe Raum abgesperrt. Die Gerüste ziehen sich weit in die Höhe. Der riesige Innenraum mit Kuppelgewölbe ist trotzdem noch beeindruckend. An drei Seiten ist dieser umgeben von breiten Kuppelgängen. Auf einer Rampe können wir in eine Galerie auf halber Kuppelhöhe gelangen. Christliche Bildmotive als Mosaiken und islamische Symbole und Schriftzeichen stehen nebeneinander.

Den Abend lassen wir mit einem Besuch bei den tanzenden Derwischen ausklingen. Der „Sufisoul“ hätte etwas peppiger sein können, die Drehungen wären dann ein wenig schneller gewesen. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Veranstaltung um ein Gebetsritual.

Am nächsten Tag besuchen wir einige bekannte Moscheen. Für uns ähneln sie sich bis auf Größe und Teppichfarbe sehr.

Istanbul – Prinzeninseln.

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Dez 062013
 

DSC07125215. Reisetag

 

Raus aus der drangvollen Enge Istanbuls. Bei tief blauem Himmel fahren wir mit dem Schiff auf die 20 km vor Istanbul im Marmara-Meer liegenden Prinzeninseln. Die Inselgruppe verdankt ihren Namen dem Umstand, dass in Ungnade gefallene Herrschersöhne hierhin verbannt wurden. Auf der Insel Büyük Ada verbrachte Trotzki die ersten Jahre seines Exillebens.

Die Inselgruppe ist ein Naherholungsgebiet für die Istanbuler. Die ganz reichen haben hier ihre Sommerresidenz. Statt Autos verkehren auf der Insel Pferdekutschen. Die Pferde werden im Trab mit Touristen beladen den Berg hinaufgescheucht.
Touristen können sich Fahrräder leihen. Die Einheimischen fahren Elektrobikes.

Wir beginnen unseren Rundgang mit einem kleinen Mittagessen am Hafen. Vor uns – am gegenüberliegendem asiatischen Ufer – zieht sich die endlose Skyline Istanbuls dahin. Nach dem Essen schlendern wir entlang der Hafenpromenade. Es ist ein gut ausgebauter Weg, manchmal flankiert von riesigen Palmen. Leider blockieren bald Privatgrundstücke das Weiterkommen. Ein Entlangwandern an der Küste ist nicht möglich. So weichen wir auf eine Straße aus, die bergauf durch ein Villenviertel führt. Viele Häuser sind aus Holz gebaut. Bougainvilleas ranken an ihnen hoch, einige noch in der Blüte.
Den Pflanzen nach herrscht hier ein gemäßigteres Klima als in Istanbul.

In Restaurants, Mülleimern, auf der Straße – überall laufen auffallend viele Katzen herum. Manche haben ihr eigenes Haus hingestellt bekommen. Gefüttert werden sie auch, so vermehren sie sich weiter.

Am späten Nachmittag fahren wir zurück. Das Schiff ist von Möwen umlagert. Jugendliche machen sich einen Spaß daraus die Möwen zu greifen, indem sie Brot in die Luft werden. Die gar zu mutigen büßen für kurze Zeit ihre Freiheit ein. Istanbul erreichen wir in der Dunkelheit.

Am nächsten Tag geht es wieder in die Altstadt. Vor der Galatabrücke nehmen wir ein Fischbrötchen am kleinen Hafen als zweites Frühstück ein. Die Rüstem-Pasa-Moschee in der Nähe des großen Platzes auf der anderen Seite der Galatabrücke liegt direkt in einem Geschäftsviertel mit vielen Läden. Unter der Moscheen sind Lagerräume und Verkaufsstände. Über Treppen gelangen wir in den Hof der Moschee. Dort liegt der Koran, auch in Deutsch zur kostenlosen Mitnahme aus. Der Innenraum der Moschee ist nahezu vollständig mit blauen Fliesen verkleidet. Das Predigerpult ist mit Holz und Perlmutt-Intarsien versehen.

Im Viertel werden sortiert nach Gassen diverse Waren für die alltägliche Nutzung verkauft. Dazwischen ab und zu ein Touristenladen. Marie hätte gerne eine Decke für ihr Sofa. Beim Handeln sind wir erfolglos geblieben und weitergezogen. Später stellten wir fest, dass der angegebene Preis ok war. Reumütig sind wir zurückgekommen. Es gibt die Touristenmärkte mit Verhandlungsbedarf und Ecken, an denen kaum gehandelt wird.

Eine weitere Attraktion ist der Besuch des Misir Carsisi  (Ägyptischer Basar). In einer schönen Kuppelhalle werden diverse Gewürze, die vielen türkischen Süßigkeiten und auch Molkereiprodukte und Wurstwaren verkauft. Dazwischen immer wieder Souvenirläden für die Touristen. Nach dem Verlassen der Halle führt unser Weg den Berg hoch, vorbei an unzähligen Kleiderläden Richtung Großer Bazar. Der Besuch dort dient nur dem Schauen und nicht der Kaufeslust.
Bei der Fülle der angebotenen Ware fragen wir uns, wer dass alles kaufen soll. Andererseits scheint für alle durch den Handel ein Überleben möglich zu sein.

Am Freitag regnet es, spät verlassen wir das Haus. Unser Zimmervermieter Devrim ist mir behilflich, die Unterlagen für einen verlängerten Aufenthalt in der Türkei zusammen zu bekommen. Es ist komplizierter als ich dachte.

Istanbul – die Viertel Fener und Balat.

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Dez 032013
 
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Fatih-Moschee in der Dämmerung.

 212. Reisetag

 

An diesem Tag ist alles zu zweit. Wir gehen hinunter zur Galatabrücke. Entlang des Goldenen Horns auf der Altstadtseite besuchen wir die Viertel Fener und Balat. Abseits vom Zentrum bewegen wir uns durch schmale Gassen.
In einer Bäckerei wundern wir uns, wie viele Brote aus dem Backofen geholt werden. Durch Zufall stoßen wir auf einen langen Straßenmarkt. Es sind wieder nur die Männer, die die vorwiegend weibliche Kundschaft bedienen.

Durch das Fenster eines Lokals werden wir zu einem türkischen Kaffee eingeladen. Es ist kalt an diesem Tag. Wir freuen uns auf etwas Wärme. An einem Tisch wird Backgammon gespielt, an einem anderen sitzen einige Männer beim Tee über Wettscheine gebeugt. Uns wird eine türkische Zeitung gezeigt. Wir sehen, dass die Wetten auch auf die Resultate der deutschen Fußballspiele abgeschlossen werden können. Im Fernseher läuft ein Pferderennen. Die Backgammonspieler hören auf. Beim Hinausgehen reicht einer einem anderen Lokalbesucher die zum Spielen geliehene Brille zurück.
Unsere Gespräche sind meist gestenreich und wortkarg. Wenn der Name Deutschland fällt sind die Städte Duisburg und Dortmund bekannt und die Namen von Fußballspielern.

Die Straße führt am Hang nach oben. Wir möchten die in eine Moschee umgewandelte ehemals griechisch-orthodoxe Pammakaristos-Kirche besuchen, sind aber im Gewirr der vielen kleinen Gassen etwas orientierungslos. Es gibt an diesem Tag so viel zu schauen, dass wir sie auch nicht finden.

In diesem Viertel sind auffallend viele Frauen bis auf einen Augenschlitz verschleiert, auch die Männer tragen muslimische Kleidung und Kopfbedeckung.
Wir stehen vor der großen Sultan Selim I Camii (Moschee). In der Mitte des mit Säulen umbauten Innenhofs steht das Waschhäuschen für die Füße. Durch einen Vorhang betreten wir den riesigen Hauptraum. Sehr angenehm ist die Wärme, die durch säulenartige Öfen verbreitet wird. Wir befinden uns in einem riesigen Kuppelraum. Der Boden ist mit einem grauen weichen Teppich belegt.

Einige Männer beten kniend, andere studieren den Koran in arabischer Schrift. Muslimische Frauen können ihre Gebete nur hinter einer Holzwand „gen Himmel senden“. Vom Garten der Moschee aus haben wir einen wunderbaren Blick über Istanbul mit den vielen Brücken, die sich über das Goldene Horn spannen.
Wenige Straßenzüge weiter stoßen wir auf die noch größere und prächtige Fatih-Moschee. Der Aufbau ist ähnlich, der Teppich innen rot. Ihr Bekanntheitsgrad ist deutlich höher, entsprechend viele Menschen besuchen sie.

Es ist bereits dunkel geworden. Wir machen uns auf den Heimweg. Wir durchlaufen ein Viertel mit vielen Musikinstrumentenläden. Es sind nicht nur Verkaufsgeschäfte, oft wird auch darin produziert. Ein Streichinstrument ist in einer Hobelbank eingespannt. Es ist eine Oud, die gerade poliert wird.
Wir unterqueren eine Straße. In der Unterführung gibt es nur Tapetenläden. Für die Kundschaft ist so eine Häufung sehr angenehm. Den Händlern scheint die viele Konkurenz nichts auszumachen.
Unser Abendessen nehmen wir unterwegs in einem kleinen Esslokal ein. Etwas müde erreichen wir die Galatabrücke und müssen jetzt nur noch den Berg hoch in unser Zimmer laufen.

Istanbul – Galataviertel.

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Dez 022013
 

DSC06442211. Reisetag

 

Am Samstag verlasse ich mein kleines Apartment in der Altstadt. Ich lebte in einem beschaulichen Viertel mit vielen Holzhäusern, etwas abseits von den großen Touristenströmen, nahe am städtischen Leben.

Meine neue Unterkunft liegt in Beyoglu auf der andere Seite des Goldenen Horns.
Die Galatabrücke überspannt diesen. Die Brücke ist irgendetwas zwischen Aussichtboulevard, Verkehrsader und Basar. Und das alles auf zwei Stockwerken, oben stehen die Angler dicht an dicht, unten entspannt man in Cafés und Restaurants. Auf der einen Seite werden Fischbrötchen vom Boot aus verkauft, auf der anderen Seite der Brücke liegt der Fischmarkt. Die Fische werden immer wieder mit Wasser übergossen, damit sie schön glänzen. Ich kann es kaum glauben – fast jeder Stand bietet auch den norwegischen Zuchtlachs an.

Nach dem Passieren der Brücke geht es steil nach oben Richtung Galatatower. Selbst beim Schieben muss ich Pausen einlegen. Ganz in der Nähe des Towers liegt das neues Zimmer mit Küchenbenutzung. Ich buchte es als der Besuchstermin von Marie feststand. Oben von der Dachterrasse des vielstöckigen Hauses habe ich einen weiten Blick über den Bosporus und das Goldene Horn.

Ich wohne jetzt direkt neben der Touristenmeile. Die Menschen drängeln sich den Berg hoch. Je höher man kommt, desto höher steigen die Preise. Die Kastanienverkäufer, die typisch für Istanbul sind, verlangen fast das doppelte. Da alle die gleichen Preise haben würde in Deutschland das Kartellamt einschreiten. Ein Becher Granatapfelsaft kostet anstatt 1 Lira jetzt 3 Lira. Selbst das Pinkeln kostet den zweifachen Preis gegenüber der Altstadt.

Die Istiklal Caddesi ist das pulsierende Herz des Istanbuler Bezirks Beyoğlu. Studenten, Familien, Touristen aus den Golfstaaten mit verschleierten Frauen und schicke junge Türkinnen flanieren in der breiten Fußgängerzone.

Es sind alle wieder vertreten, die ganze Schar der Kettenläden. Von MacDonald bis zu Zara. Dazwischen jede Menge Cafés und Restaurants. In der Mitte des Boulevard fährt ganz gemächlich eine kleine Bimmelbahn auf und ab.
Auf dem Taksimplatz und an weiteren Stellen postiert jeweils eine kleine Einheit der Polizei mit Schutzschilden und Gewehren im Anschlag

Auch des Nachts schieben sich die Menschenmassen durch die Einkaufsstraße und ihre Seitengassen. Wie man sagt muss man in diesem Bezirk nicht schlafen gehen. Es gibt genügend Bars, die die ganze Nacht über geöffnet haben.

Und jetzt haben viele ein Problem. Die Regierung Tayyip Erdoğan und seine religiös-konservativen AKP hat seit September ein neues Gesetz erlassen, das den Alkoholverkauf einschränkt. Das neue Gesetz sieht vor, dass Einzelhändler in der Türkei von zehn Uhr abends bis sechs Uhr früh keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen. Ein generelles Verkaufsverbot gilt im Umkreis von hundert Metern um Schulen und Moscheen, was in einer Stadt mit der Moscheendichte von Istanbul bedeutet, dass wohl nur wenige Läden und Supermärkte überhaupt verschont bleiben. Vor allem betrifft es die vielen kleinen „Bakall“ Kioske. Restaurants und Bars behalten zwar ihre alten Lizenzen, neue Genehmigungen werden aber nur noch unter strengen Auflagen erteilt. Jede Werbung, auch Schilder in den Läden für geistige Getränke sind künftig verboten. Ab Januar wird wohl streng kontrolliert.

Der Koran untersagt den Gläubigen den Alkoholgenuss. Völlig eindeutig ist die Schrift in diesem Punkt jedoch nicht. In Sure 5 heißt es: „Berauschender Trank, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind nur ein Greuel vom Werk des Satans. So meidet ihn, auf daß es euch wohl ergehen möge!“ Die Sure 47 wiederum, die sehr früh entstand, spricht in ihrer Beschreibung des Paradieses auch von „Bächen mit Wein, der köstlich ist für diejenigen, die (davon) trinken“.

In der Nacht weckt mich eine Alarmanlage die gefühlt stundenlang lärmt. Der nächste Tag ist verregnet. Ich schlafe länger und mache mich langsam auf den Weg zum Flughafen. Laufe ein Stück durch die Altstadt danach nehme ich die Straßenbahn und Metro zum Flughafen. Wie schön, Marie ist jetzt bei mir.