Laotisches Mittelgebirge.

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Mai 222015
 

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742. Reisetag

22.798 km
80 km Flussfahrt

 

Wunderschön. Ich sitze in einem Boot und die Landschaft zieht an mir vorbei. Steile bewaldete Kalkfelsen, in Tälern kleine Bananenplantagen und Siedlungen mit den typischen Langbooten am Ufer. Der Fluss ist die einzige Verbindung zur „Außenwelt“, Straßen gibt es im weiten Umfeld nicht. Manchmal träge, oft auch mit starker Strömung, so schlängelt sich der Nam Ou durch die gebirgige Landschaft. Einige Stromschnellen meistert unser Boot so gerade.
Der Himmel ist mal blau, mal bedeckt. Es zieht Regen auf und wieder weg. Der Fahrtwind sorgt für eine angenehme Frische. Wir sind fünf Touris an Bord plus Kapitän. Am Nachmittag, nach 5 h Bootsfahrt, erreichen wir Muang Khua, der nördlichste Ort meiner Reise durch Südostasien. Der kleine Ort ist Zwischenstation für Touristen, die nach Vietnam reisen, im Nordzipfel von Laos trecken wollen oder wie ich wieder Richtung Süden durch das Bergland Richtung Thailand unterwegs sind.

Früh am nächsten Morgen geht’s weiter, aber mit dem Fahrrad. Zunächst entlang eines Flusstales mit kleinen Straßendörfern. In einem Ort sind die Schnapsbrenner zu Hause. In vielen Plastikkübeln gärt eine Reispampe, die anschließend destilliert wird. Lao Lao, der laotische Whisky entsteht.

Die steilen Hänge des engen Flusstales sind entweder mit dichtem Grün bewachsen oder bis auf den Boden abgebrannt. Auf den kahlen Flächen stehen Bananenstauden, dazwischen wächst Mais. Aber wie konnten die immergrünen Hänge nur brennen? Oft habe ich Menschen mit Spritzwerkzeug gesehen. Wurde die grüne Natur eventuell totgespritzt? Das Feuer gab ihr dann den Rest? Das ist meine Vermutung!
Weiter aufwärts im Tal auf nicht so steilen Abschnitten stehen aufgeforstete Teak- und vor allem riesige Kautschukplantagen. Hinweisschildern nach zu urteilen sind letztere meist in chinesischer Hand. Die Grenze zu China ist nicht weit, der Einfluss deutlich spürbar. Im nächster Übernachtungsort Udomxai schlafe ich in einem chinesisch geführten Hotel und speise chinesisch. Das ist deutlich geschmackvoller als das laotische kaum gewürzte Essen. Selbst das in Flaschen gereichte Trinkwasser kommt aus China.

Ich hätte am nächsten Morgen gar nicht so früh losfahren müssen. Eine dichte Wolkenschicht schützt mich vor der Sonne. Wie am Vortag sind die vielen Hügel/Berge im Schatten leichter zu meistern. Ein ungewöhnliches Erlebnis habe ich an diesem Tag. Ein Moped mit jugendlichem Fahrer hält neben mir an und reicht mir fünf Dollar. Natürlich nehme ich das Geld nicht an und bedanke mich sehr. Fahrradfahren ist für ihn wohl nach dem zu Fuß gehen die ärmlichste Art der Fortbewegung. Er möchte meine Situation verbessern. Hilfsbereitschaft habe ich in Laos bisher nicht erlebt, eher eine Gleichgültigkeit.

In einem kleinen Ort finde ich eine schlechte und teure Unterkunft mit unfreundlichem Personal. Wenn keine Touristen zu erwarten sind, sacken die Komfortkriterien deutlich ab.
In der Nacht regnet es kräftig, am Morgen fahre ich aber im Trockenen los. Die Wolken hängen tief. Es wird immer dunkler. Die Entladung erfolgt am späten Vormittag. Ich erreiche gerade noch eine Hütte bevor es richtig losgeht. Eine Stunde warte ich. Der Regen hört auf und setzt wieder ein. Dieses Mal finde ich einen trockenen Platz in einer Restauranthütte. Habe dort genügend Zeit um eine Nudelsuppe zu verspeisen. Bei so einem Schauer würden meine Regensachen versagen. Bisher hatte ich Glück, die Regenzeit fängt aber gerade erst an.

Vor mir öffnet sich ein breites ebenes Tal. Die Bauern bearbeiten ihre Reisfelder mit einfachen zweirädrigen Motorpflügen. Die ersten Reissetzlinge sprießen bereits.
Am Ende des Tales liegt der kleine Ort Luang Namtha, von dem aus Treckingtouren in das nahe gelegene Naturreservat Nam Ha und in Dörfer verschiedener Volksgruppen gemacht werden können. Problemlos finde ich eine gute Unterkunft.

Urlaub am Nam Ou.

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Mai 182015
 

DSC07575738. Reisetag 

 

Steile Kalkfelsen, der Fluss Nam Ou, ein grünes Tal, darin eingebettet der kleine Ort Muang Neua. Dort beziehe ich wieder eine kleine Bambushütte mit Flussblick. Für gutes Essen ist gesorgt. Mein Favorit ist Kürbiscurry mit Reis. Natürlich bin ich nicht der einzige Tourist der hier das Boot verlassen hat. Die sommerliche Nebensaison hält die Zahlen aber in Grenzen.

Urlaub vom Unterwegs-sein ist für mich angesagt. An diesem Fleck kann ich die Seele baumeln lassen. Einfach dasitzen, auf den Fluss schauen, lesen und kleine Ausflüge machen.

Tief ins Umland kann ich wegen fehlender Wege nicht eindringen. Nur eine ca. 10 km lange unbefestigte Straße und schmale Pfade verbinden die drei Dörfer im Umfeld mit dem Fluss.
Mein erster Besuch führt mich in das Dorf Ban Hoy. Die Häuser in der kleinen Siedlung stehen auf kurzen Stelzen mit geflochtenen Bambuswänden und Gras-/Schilfdach. Fenster sind nicht vorhanden, nur Holztüren. Stromanschluss gibt es nicht. Eine Grundschule mit drei Klassen wird von zwei Lehrerinnen geleitet. Die weiterführende Schule ist in Muang Neua, ca. 1,5 h Fußweg entfernt am Fluss.

DSC07658Im Gespräch mit dem etwas Englisch sprechenden Wirt eines kleinen Restaurants erfahre ich, dass in seinem Dorf ca. 200 Erwachsene wohnen mit 300 Kindern. Er selber hat fünf, davon 4 Jungen. Das kommt ihm teuer. Für die Heirat muss er pro Jungen 1 Büffel, 1 Schwein und 2 Hühner aufbringen und für die Hochzeit genügend BeerLao.
Er hat ein kleines Einkommen durch einige Touristen, die den Ort aufsuchen. Die Haupteinnahmequelle ist die Landwirtschaft. Um ein Zusatzeinkommen zu erhalten weben Frauen in einem anderen Dorf Tücher und verkaufen diese an Reisende.
In den Tälern zwischen den steilen Kalkfelsen sind Reisterrassen angelegt. Auf ihnen wird (zur Zeit) nicht gearbeitet. Ab und zu sehe ich Maisfelder und kleine Bananenplantagen.

Über einen brandgerodeten Hang ziehen Feldarbeiter. Mit Stangen werden Löcher in den Boden gestoßen. Frauen legen Samenkörner hinein. Ich kann leider nicht herausfinden um welchen Samen es sich handelt.

Die Kalkfelsen sind durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Lange Gänge führen in die Berge hinein. Zum Glück nicht verzweigt, so dass der Rückweg eindeutig ist. Beim kräftigen Auftreten klingt der Boden hohl.
Für mich ist es ein merkwürdiges Gefühl alleine durch Gänge ins Berginnere vorzudringen. Den Gedanken an einen Felssturz kann ich nicht ganz verdrängen. Hoffe nur, dass die Taschenlampe funktionsfähig bleibt.
Der Weg auf den Berg ist schwieriger als der Gang hinein. Steil über Leitern führt ein Pfad nach oben. Als Belohnung gibt’s eine wunderschöne Sicht hinunter ins Flusstal.

Viel Zeit verbringe ich in der Hängematte vor meiner Hütte. Ich beobachte das Flussleben mit vielen kleinen laut vorbeituckernden Booten. An weiteren wird herumgehämmert, oft begleitet von lauter Radiomusik. Am Nachmittag schwimmen die Kinder stundenlang im Wasser, am Abend waschen sich die Erwachsenen darin.

Das Wetter scheint sich langsam Richtung Regenzeit zu wenden. Der Morgen beginnt mit bedecktem Himmel. In den nächsten Stunden setzt sich meist die Sonne durch. Alle paar Tage ziehen dunkle Wolken auf und ein Starkregen mit Sturmböen zieht übers Land. Das ist angenehm, wenn man im Trockenen sitzt. Nach einer kurzen Abkühlungsphase wird’s hinterher wieder heiß.

Nach 9 Tagen bin ich restlos erholt und habe neue Reiselust getankt. Mein Zwischenurlaub ist beendet.

Flussblicke.

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Mai 102015
 

DSC07468730. Reisetag

22.575 km

 

Die Wasserstraße ist blockiert. Auf dem Fluss Nam Ou, der nahe Luang Prabang den Mekong erreicht, wollte ich eine Teilstrecke mit dem Boot Richtung Norden reisen. Zwei Staudammprojekte der Chinesen verhindern mein Fortkommen. Bleibe also die nächsten 150 km, bis zur neuen Bootsabfahrstelle, der Straße treu.

Zunächst fahre ich Hügel auf und ab durchs enge Nam Ou Tal, vorbei an einer Staudammbaustelle und dann hinein ins bergige Umland. Die morgendliche Fahrt ist bei Temperaturen um 25 Grad angenehm. Je höher die Sonne steigt, desto mehr spüre ich die Steigungen und umso weniger nehme ich das schöne saftig grüne Umfeld war.

Die nächste Unterkunft liegt in 115 km Entfernung. Ich erreiche sie vor der Nachmittagshitze. Auf einer Nebenstraße geht’s am nächsten Morgen in den kleinen Ort Nong Kiaw am Nam Ou Fluss. Steile bewaldete Kalkfelsen umgeben das Flusstal. Es ist schön hier und sehr ruhig.
 So ein Platz ist natürlich im Reiseführer erwähnt – sonst wäre ich wohl auch nicht hier. Und wo Touristen weilen entwickelt sich eine entsprechende Infrastruktur.

Ich übernachte in einer Bambushütte mit Flussblick. Auf meiner kleinen Terrasse liege ich in der Hängematte und lese. Zum Frühstück gibt’s ein Früchtemüsli mit Jogurt. Das Abendessen nehme ich beim Inder ein.

Gespräche mit anderen Reisenden habe ich meist beim Essen. Häufig ergibt sich jedoch nur ein Lauschen beim Nachbartisch. Das typische Traveller-Thema ist recht einseitig: das Finden günstiger Unterkünfte und ein schnelles Weiterkommen. Die eigentlichen Reiseerlebnisse gehen dabei unter.
Einzelreisende junge Menschen treffen aufeinander und fahren streckenweise zusammen weiter. Die Jugend ist unkompliziert.

Nach so einem entspannenden Umfeld habe ich mich lange gesehnt. Selbst die Hitze des Nachmittags wird im Schatten meiner Terrasse erträglich. Am Abend kommt sogar eine angenehme Frische auf. Ich bleibe drei Tage.

Die Weiterfahrt ist einfach. Ich gehe zum Bootsanleger und fahre in einem schmalen Boot voll mit Touristen den Strom bergauf. Der Strom ist die Alternativroute zum Bus um in den Norden von Laos zu gelangen. Nach ca. 1,5 h Fahrt steige ich in Muang Neua aus, ein Ort abseits jeder Straße und nur mit dem Boot erreichbar.

Luang Prabang.

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Mai 052015
 
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Die Goldene Stupa auf dem Stadtberg.

 725. Reisetag

 

Geschafft, nicht die Bergetappen der letzten Tage, sondern ich bin geschafft. Müde und abgeschlafft. Bedeutet das ein wenig Reiseunlust? Ich hoffe nicht und schiebe es auf die Hitze.

Laut Reiseführer ist Luang Prabang eine der sehenswertesten Städte in Laos. Viele Wats, in der Morgendämmerung der Bettelgang der Mönche, die schöne Lage am Mekongfluss und div. Ausflugsziele ins Umland. Dem Touristentrubel entziehe ich mich erst einmal. Nutze nur die guten Essensmöglichkeiten. Nach zwei Nichtstutagen beginne ich mit einem Vormittagsprogramm.

Bereits nach dem Besuch von zwei Tempeln – sie sollen zu den ältesten und schönsten in Laos gehören – stellt sich eine Watmüdigkeit ein. Auch wenn Prunk, Größe und Anzahl der Buddhas stark variieren, ähneln sie sich sehr.

Am folgenden Morgen in der Dämmerung begebe ich mich zum Bettelgang der Mönche. Ein Programmpunkt, den kaum ein Tourist auslässt, auch wenn es um 5 Uhr aufstehen bedeutet. Es ist ein Schauspiel, eher eine Tragikomödie mit Beteiligung der Zuschauer. Matten und Höckerchen stehen am Straßenrand, daneben ein Körbchen mit Klebereis und eine Schale gefüllt mit div. Junkfood in Tüten. Diesen Platz können die Touristen kaufen. Nach der Bezahlung bekommen sie eine Schärpe umgelegt. Fertig ist der spendende Buddhist. Das warten auf die Mönche wird mit Selfies und Gruppenfotos überbrückt. Im Gänsemarsch rücken die Mönche an. In ihren Bettelschalen erhalten sie den Klebereis und in Tüten eingeschweißtes Junkfood. Die Prozession hält, der Klebereis wird aussortiert und in bereitstehende Abfallkörbe geworfen. Dann geht es weiter bis die Spendenschale wieder geleert werden muss. Irgendwann ist der Rundgang beendet und die Mönche verschwinden in ihrem Wat. Zur Wahrung der Ehre der Langnasen, fast alle teilnehmenden Zuschauer sind Asiaten und wahrscheinlich sogar Buddhisten.
Was mögen wohl Mönche und die einheimischen Gläubigen bei diesem Spektakel empfinden?
Von dem Mönchsmarsch gibt es keine Fotos, die Reihe der knipsenden Touristen war mir zu peinlich.

Nach diesem Morgentheater mache ich einen Bootsausflug auf dem Mekong zu zwei Höhlen mit Tausenden meist kleiner Buddhas. Die Bootsfahrt mit dem Blick auf die Weite des Flusses und Berge im Hintergrund empfinde ich entspannend und schön. Einfach dasitzen, nicht treten, fühle mich melancholisch zufrieden. Die Höhlen beeindrucken weniger.

Für die nächste Tour leihe ich mir ein Moped um einen 30 km entfernten Kaskadenwasserfall anzuschauen. Ein Zweirad mit Motor hat im bergigen Umfeld schon Vorteile, besonders wenn’s heiß wird. Ich bin früh gestartet und der erste Besucher. Das Alleinesein in einem schönen Umfeld genieße ich.

Am Nachmittag sitze ich oft in einem Restaurant am Mekong, trinke trotz Hitze ein Bier und schaue auf den schnell fließenden Strom. Wegen der vielen Untiefen wird er nur von den flachen Langbooten befahren. Am Abend genieße ich auf dem Nachtmarkt das vegetarische Büffet. Vorbei sind die fünf Tage in Luang Prabang.

Den folgenden Artikel über Nooteboom und seine Reisen habe ich von Moni aus Süddeutschland erhalten. Solche Worte für meine Gedanken finde ich leider nicht.

Nootebooms Mantra lautet Selbstbeschränkung: „Die Welt gehört den anderen, du darfst sie dir ansehen, um sie besser zu verstehen – oder um dich selbst besser zu verstehen –, aber du kannst diese Welt nicht werden.“ Er ist kein Grübler auf Reisen, kein Intellektueller, der die inneren Zusammenhänge der Welt erkennen will. Das wäre für ihn anmaßend.
Nooteboom will nicht verweilen. Er gehorcht seiner inneren Unruhe.
Seine Eindrücke von der Saigoku-Wallfahrt beschreibt er mit subtiler Komik. Einzutauchen in die Magie der Orte vermag er aber nur selten. Ein bisschen enttäuscht ist der Reisende schon. Immerhin hat Japans großer Dichter Basho hier sein berühmtestes Haiku verfasst:

Ein uralter Teich
Ein Frosch springt hinein
Dann das Geräusch von Wasser“

Doch als N. Teich und Tempel besucht, an denen das Gedicht entstand, findet er dort nichts Erhabenes. Statt Überwältigung empfindet er Ernüchterung und hadert: „Ist das wahr? Nächste Frage: Spielt es eine Rolle? Nein, es spielt keine Rolle. Natürlich ist dies der Teich.“