Sommerpause.

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Okt 022016
 
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Probesitzen. Zu schwer als Reiserad.

 

 

 

Angekommen in Deutschland bin ich schnell. Bereits nach dem ersten Käsebrot fühlte ich mich heimisch. Gegen die kühlen Außentemperaturen in den ersten Aprilwochen kann ich mich wehren und empfinde diese sogar als angenehm. Die Hitze in den letzten Monaten auf den Philippinen hatte mir zugesetzt.

Anstatt Reis mit Gemüse gibt es abwechselnde vegetarische Gerichte. Ich liege wieder gemütlich auf dem Sofa, aber nicht nur. Es gibt einiges zu regeln. Haus und Garten sind durch meine Abwesenheit ein wenig vernachlässigt. Ich selber lasse mich beim Doktor checken. Das Implantat aus Thailand erhält die notwendige Krone.

Mein Reiserad hat die drei Jahre so gerade überstanden. Der angebliche „Norwid-Qualitätsrahmen“ ist kurz vor dem Kollaps. Die Halterungen sind ausgebrochen und haben am Rahmen Löcher hinterlassen. Der Lack blättert flächenhaft ab und hinterlässt Rostflecken. Norwid reparierte den Rahmen kostenlos, gibt aber keine Erklärung oder Entschuldigung dazu ab.

Kaum bin ich einige Wochen zu Hause, schmerzt mein rechter Fuß beim Auftreten. Untersuchungen zeigen einen Fersensporn an. Eine langwierige Geschichte, die noch nicht überstanden ist.

Nach fünf Monaten in Deutschland bin ich erstaunt, wie die Erinnerungen an meine lange Reise verblassen. Sie liegt gedanklich bereits weit zurück. Ich merke, dass mein Drang zum Unterwegssein geschwächt, aber immer noch da ist. Ich „muss“ nicht mehr weg, freue mich aber auf meine Weiterfahrt. Sie steht demnächst an.

Ein wenig schreibfaul bin ich geworden. Der Lagebericht Deutschland kommt eindeutig zu spät.

Letzte Tage in Manila.

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Mrz 302016
 
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Blick aus meinem Hotelfenster.

1058. Reisetag

30.690 km

450 km Bus

 

Die Busverladung bereitet mir Unruhe. Normalerweise passt das Rad problemlos in das untere Gepäckfach, diesmal jedoch nicht. Ich demontiere das Vorderrad und eine Pedale. Etwas Stress, wenig Arbeit und viel Schweiß. Im Bus das Gegenteil. Es ist viel zu kalt. Darauf bin ich vorbereitet und ziehe einen Pullover an. Gegen den Videolärm stöpsele ich die Ohren. Auf die Dauer der Busfahrt laufen Gewaltvideos. Es ist Karfreitag. In anderen Teilen des Landes lassen sich 15 Männer ans Kreuz schlagen.

Die achtstündige Busfahrt verkürze ich mit dem e-book „Nachtzug nach Lissabon“. Vor Jahren hatte ich das Buch schon einmal gelesen. Es passt zu meiner Stimmung, eine Reise ins Ungewisse.

In der Dämmerung fährt der Bus in Manila ein. Ich baue mein Rad zusammen und radele Richtung Unterkunft. Angenehm bemerke ich, dass sich Ostern beruhigend auf den Straßenverkehr auswirkt. Erst am Montag setzt dieser wieder in chaotischer Stärke ein. Die Gegensätze der Megastadt lassen sich auch an Ostern nicht verbergen. Die Armen leben auf den Bürgersteigen und einfachsten Unterkünften, während in den Shopping-Malls und Bankenvierteln die Wohlhabenderen flanieren.

Ich besorge mir einen Fahrradkarton und eine große Tasche. Zwei Gepäckstücke bis 23 kg sind mein Freigepäck bei Etihad Airways. Am späten Nachmittag des 30. März reihe ich mich in die Schlange der Wartenden ein. Bereits beim Betreten des Flughafens wird jedes Gepäckstück durchleuchtet.
Es wird eine lange Nacht bis ich nach 17 Stunden um 7 Uhr morgens in Frankfurt ankomme. Vier Stunden später erreiche ich mit dem Zug den Bonner Hauptbahnhof.

Vier Monate bin ich auf den Philippinen unterwegs gewesen und habe auf den vielen Inseln mit dem Rad 3000 km zurückgelegt. Ich begegnete ausnahmslos freundlichen und hilfsbereiten Menschen.

Die lange Kolonialzeit hat auf den Philippinen deutliche Spuren hinterlassen. Die Namen fast aller Städte und Orte stammen von den Spaniern, die christlichen Einflüsse ebenfalls. Letzteres hat das Land noch heute zu einem beliebten Tummelplatz diverser christlicher Missionare gemacht. Eigenständige philippinische Musik habe ich nicht ein einziges Mal gehört. Aus sämtlichen Lautsprechern schallt englisches Gedudel.

Auch nach der Unabhängigkeit und der Marcos-Diktatur verhindern Wahlfälschungen und Korruption eine stabile Demokratie. Die philippinische Politik ist stark personenbezogen. Viele der Politiker gehören einer politischen Dynastie an. Bei den im Mai stattfindenden Wahlen steht selbst der Sohn vom Diktator Marcos auf der Liste.

Die letzte Radetappe – erst einmal.

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Mrz 242016
 
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Die Kirchenruine Cagsawa.

1053. Reisetag

30.678 km

 

Ein wenig „Ende-Stimmung“ macht sich bemerkbar. Ich fühle, die Zeit auf den Philippinen geht zu Ende und das ist auch gut. Der zunehmende Verkehr und die Hitze tragen dazu bei. Ich bin genervt vom Lärm und den Brathähnchen bzw. Hühnerteilen, die an jeder Ecke angeboten werden.

10 Tage Unterwegssein liegen noch vor mir. Bis Manila fahre ich nicht. Die letzten 450 Kilometer werde ich mich in einen Bus verladen. Leider hat die philippinische Eisenbahn, die diese Strecke bediente, seit 2012 „vorübergehend“ wegen Taifunschäden ihren Dienst eingestellt.
Mein geplantes Rückfahrwochenende nach Manila fällt auf Ostern und das ist schlecht. Die Busse sind ausgebucht. Ich erhalte für den 25. März einen Platz und habe bis zum Abflug fünf Tage Zeit in Manila, mir eigentlich zu lange.

Noch bin ich 100 Kilometer von meinem Busabfahrtsort entfernt und bringe mein Rad in Ordnung. Der neue Mantel kostet nur 5 Euro und macht nicht den stabilsten Eindruck. Nach dem Wechsel packe ich mein Gepäck aufs Rad und fahre zur nächsten Unterkunft. Nach kurzer Zeit macht es Peng, der Schlauch ist geplatzt. Nicht einmal schieben kann ich. Vor einer Kirche finde ich einen ruhigen Platz um den Schlauch zu wechseln. Normalerweise geht schnell oder langsam die Luft heraus, dass er platzt habe ich noch nie erlebt. Was ist nur los auf den letzten von 30.000 Kilometern?

Morgens und abends zeigt sich hinter der Stadt Legazpi der vollkommene Kegel des Mayon, der aktivste Vulkan auf den Philippinen mit vielen todbringenden Ausbrüchen. Über Tag hüllen Wolken ihn ein.
Bei meiner Weiterfahrt besuche ich die Ruinen der Cagsawa Church. 1814, bei einer heftigen Eruption, suchten über 1000 Menschen vergeblich Schutz in ihr. Sie wurden lebendig begraben. Die letzten Toten waren eine Gruppe von deutschen Bergsteigern nebst einheimischem Führer, die vor drei Jahren bei einem kleinen Ausbruch am Vulkan ums Leben kamen.

Es ist Palmsonntag. Vor manchen Kirchen stauen sich die Tricycle und das Haus ist voll. Die Menschen laufen mit geschmückten Palmwedeln herum. Andere Kirchen sind geschlossen.

Auf belebter Straße radele ich meinem letzten Ziel entgegen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl wie unspektakulär mein Unterwegssein nach drei Jahren erst einmal zu Ende geht.

In Naga, (für mich) die letzte Stadt vor Manila, verbringe ich einige Tage bis zur Busabfahrt. Für Unternehmungen ins Umland ist es mir zu heiß und irgendwie ist die Energie raus.

Zurück auf Luzon.

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Mrz 172016
 
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Der symmetrisch geformte Mayon-Vulkan.

1046. Reisetag

30.573 km

 

Der letzte Inselsprung steht an. Mit einer nicht sehr vertrauenswürdig aussehenden Fähre verlasse ich Samar. Zwei Stunden später erreichen wir Luzon, die Hauptinsel der philippinischen Inselgruppe mit Manila. Letzteres liegt ca. 650 Kilometer entfernt.

Zunächst radele ich auf wenig befahrener Straße durchs Kokospalmenhügelland. Wie schon öfter gesehen liegen auch hier Stapel von frisch gesägten Brettern am Straßenrand. Kettensägenlärm lässt mich anhalten und einen Gang hinein in den Palmenwald machen. Mit langen Motorsägen werden die Palmenstämme zersägt. Ohne Markierung und mit erstaunlicher Geschwindigkeit wird die Säge durch den Stamm gezogen. Ca. vier gleichmäßig dicke Bretter entstehen. Es ist billiges weiches Konstruktionsholz mit begrenzter Lebensdauer. Wenn die Nussernte nicht mehr ergiebig ist wird die Palme gefällt und der Palmenvorrat ist unerschöpflich.

An diesem Tag bin ich durch die Fährfahrt spät dran. Normalerweise erreiche ich mein Ziel vor 12 Uhr, um der unerbittlichen Hitze zu entgehen. An diesem Tag finde ich erst nachmittags eine mögliche Unterkunft. Von der Qualität scheint sie ok zu sein, der gesagte Preis aber viel zu hoch. Ich will bereits weiterfahren, da wird mir zum ersten Mal auf den Philippinen ein günstigeres Angebot gemacht. Erst gegen Abend bemerke ich den Hacken. Die Installationen sind vorhanden, es gibt aber keinen Strom. Ohne ihn läuft nicht der Fan im Zimmer. Es wird eine heiße Nacht.

Die morgendliche Weiterfahrt startet mit einen Anstieg. Auf der Höhe angekommen liegt unter mir eine unerwartete Landschaft: Ein breites Tal voller Reisfelder und eine Nebelwand, hinter der eine Bergkette mit dem 1350 m hohen Vulkan Bulusan in einen blauen Himmel ragt. Aus kleinen seitlichen Kratern steigen Dampfsäulen empor. Die Hitze der letzten Nacht und der Anstiegsschweiß sind bei diesem Anblick vergessen.
Ins Tal hinunter kann ich mich rollen lassen. Etwas getrübt ist die Radfahrfreude durch den zunehmenden Verkehr, dem oft die notwenige Distanz zu mir fehlt. Ich erinnere mich an den Beginn meiner Philippinenrundfahrt. Auf der Hauptinsel Luzon herrschte reger Verkehr.
Ich rolle durch eine schöne Landschaft. Die Hügel habe ich hinter mir gelassen. Ich umfahre den Vulkan in der Reisfeldebene. Bereits nach 60 Kilometer erreiche ich die Stadt Sorsogon. Meine Unterkunft mit großem Garten liegt ruhig nahe der City. Ein schöner Ort um drei Nächte zu bleiben. Seit meinem Fieberanfall habe ich einen Kratzhusten, den ich loswerden möchte. Vielleicht hilft Nichtstun. Die nachmittagliche Hitze reduziert eh alle Energie. Ich wundere mich wie gut und viel ich schlafen kann. Der Husten bleibt.

Der Morgen des Abfahrtages beginnt mit einem Zwischenfall. Mein Löffel, der mich bereits durch Kanada begleitet hat, zerbricht beim Zerkleinern der Müsli-Mango. Die Missgeschicke setzten sich fort. Auf der Straße bemerke ich die wenige Luft im Hinterrad. Bei der nächsten Werkstatt halte ich an und fülle Luft nach. Wohl ein wenig zuviel, eine Druckanzeige gibt es nirgends, das Gefühl bestimmt die Luftmenge.

Es hoppelt ein wenig bei der Weiterfahrt, wird weniger und dann leider stärker. Beim Halt stelle ich fest, dass sich eine Lage vom Mantel gelöst hat und das Rad bei jeder Umdrehung in eine Unwucht bringt. Es ist aus mit dem Radfahren an diesem Tag. Nach längerem Warten hält endlich ein Jeepney. Die meisten sind vorbeigefahren. Wahrscheinlich ist ihnen die Radverladung zu lästig. Der Fahrer handhabt seinen Jeepney fast nur einhändig. Mit der anderen kassiert er, gibt Wechselgeld zurück und raucht. Er fährt sehr schnell, überholt, auch wenn er nichts sieht. Ich bin froh im nächstgrößeren Ort in einen Bus zu wechseln, der mich an mein geplantes Tagesziel bringt. Die Stadt Legazpi liegt am Fuße des 2350 m hohem Mayon-Vulkans mit einem wunderschönen symmetrischen Kegel.
Die meisten Hotels, große, teure und auch einfache sind merkwürdigerweise ausgebucht, nicht von Touristen. Meine gefundene Bleibe ist günstig und etwas zu schäbig. Hoffe am nächsten Tag mehr Glück bei der Suche nach einer neuen Unterkunft zu haben.