Ende einer Mopedtour.

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Nov 202017
 

405. Reisetag

8824 km

1595 km Moped

 

Die Sonne im Nacken – westwärts ist die neue Richtung. Zunächst 35 Kilometer zurück in der Stadt Maumere. Ich besuche den großen Basar um mich für den Tag mit Früchten einzudecken. Das ist meist mein Mittagessen.
Weiter gehts zum etwas außerhalb gelegenen Fischerdorf Wuring. Dort stehen Holz- und Bambusmattenhäuser auf Stelzen, die weit hinein ins flache Meer gebaut wurden. Auf dem geschütteten Verbindungsgängen dazwischen tummeln sich Kinder, Ziegen und viel Schmutz. An einer Anlegestelle wird die Ladung kleinere Boote, meist Reis, gelöscht. Junge Männer tragen die Säcke über Stege an Land.

Um nicht auf der bereits gefahrenen Trans-Flores-Straße nach Labuan Bajo zurückzufahren wähle ich eine Strecke entlang der Nordküste der Insel. Unterkünfte in kleinen Küstenorten gibt es ca. alle 120 km. Eine Stichstraße guter Qualität von der Hauptroute führt dort hin. Die Verbindungsstrecken entlang der Küste dagegen sind in meiner Karte in der niedrigsten Kategorie eingeordnet. Informationen über ihren Zustand finde ich nirgends.

Die ersten 50 Kilometer fahre ich auf bester Straße mit erstaunlich wenig Verkehr. Danach folgen einige Überraschungen. Auf Passagen direkt an der Küste ist die Straße weggespült, Mopeds können aber über Geröll passieren. Etwas später wieder gute Teerstraße, bis an steilen Küstenhügeln diese zur groben Schotterpiste wird. Mein Moped mit kleinen Reifen ist keine Geländemaschine. Ich muss aufpassen, dass ich nicht wegrutsche, bei steiler Bergfahrt über Geröll dreht der Hinterreifen durch. Die schlechten Straßenabschnitte zu befahren ist daher überhaupt kein Vergnügen. 

Drei Tage der Wechsel zwischen guter und schlechter Straße. Das genügt mir. Den letzten und wohl schwierigsten Abschnitt mit vielen Bergetappen mute ich mir und meiner Maschine nicht mehr zu. Bei der nächsten Gelegenheit fahre ich zurück zur Hauptroute. Diese erreiche in Ruteng, eine Tagesstrecke entfernt vom Ende meiner Mopedfahrt in Labuan Bajo. 

Vor ca. 14 Tagen bemerkte ich abends eine kleine Schürfwunde am Schienbein, mit bereits verkrusten Blut. Ich beachtete sie erst als einige Tage später die kleine Wunde anschwoll. In einer Apotheke holte ich mir Desinfektionsgase und verband damit das Bein. Beim Pflasterwechsel an diesem Nachmittag bemerke ich eine deutlich verschlechterte Wunde. An meine Selbstheilungskräfte glaube ich nicht mehr und begebe mich ins städtische Krankenhaus. Trotz mangelnder Indonesich-Kenntnisse erfolgt die Abfertigung zügig. Ich zahle so etwas wie ein Grundbetrag von einem Euro und werde zu einem Doktor geführt. Dieser diagnostiziert ein Geschwülst, verschreibt mir Antibiotika und zeigt wie ich die Wunde reinigen soll. Ich hoffe, das wird helfen. Schmerzen hatte ich zu keiner Zeit.

Am nächsten Tag endet meine Mopedfahrt. Die Leichtigkeit des Vorankommens hat mir sehr gefallen. Freue mich bereits darauf Mitte Dezember so eine Mopedfahrt – zusammen mit Marie – auf Bali zu wiederholen.

Vulkane, Meersalz und Holzbootbau.

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Nov 142017
 

399. Reisetag

8824 km

776 km Moped

 

130 Kilometer liegen vor mir, mit dem Moped eigentlich kein Problem – wenn nur das Sitzen bequemer wäre. Zwei Stunden auf der Schaumstoffbank und der Hintern schmerzt, und abends der Rücken. In der Haltungsfrage hat das Radfahren eindeutig Vorteile. Trotzdem, ich vermisse es nicht. Denke eher, wie einfach es wäre auf dem Moped die Welt zu erkunden.

Die anstrengungslosen Bergetappen sind ein Genuss zu fahren. Sie lassen mich weniger auf meinen Weg achten. Ich verfehle eine Abbiegung – nicht dass ich in die Büsche fahre – sondern in die falsche Richtung. Durch die kurvenreichen Bergstrecken ist mein Orientierungssinn eh durcheinander. Nach ca. 30 Kilometer Fahrt taucht vor mir das Meer auf. Das Ziel ist nahe – denke ich. Beim Schauen auf die digitale Karte merke ich den Fehler. Das ist das Meer auf der anderen Inselseite und passt so gar nicht zu meiner geplanten Inselroute. Muss also die gleiche Strecke wieder zurückfahren. Gerade noch rechtzeitig vor dem einsetzenden Regen erreiche ich mein geplantes Ziel.

Am nächsten Tag steuere ich einen Vulkan an. Zunächst auf der Straße bis zum kleinen Ort Moni, in dem ich mir eine Unterkunft suche. Dann gehts mit dem Moped 800 m in die Höhe. Die letzten 250 m muss ich laufen. Unter mir in den Kelimutu-Kraterschlünden liegen zwei türkisfarbenen Seen. Ich sehe die Farbkleckse so gerade noch im letzten Sonnenschein. Ich ahnte es bereits, diesmal wird er mich erwischen der Regen und auf der Talfahrt setzt er kräftig ein. Zusätzlich habe ich in der Höhe noch eine Mitfahrerin geladen. Sie fragte nach einem Lift ins Tal. Meine Regensachen habe ich zum Glück dabei. Trotz diverser High-Tec-Membranen darin und stolzem Preis, wasserdicht sind sie nicht.
Ich krieche fast die steilen Serpentinen hinunter, da ich nicht weiß wie die Reifen auf dem nassen Asphalt, manchmal vermischt mit angeschwemmten Matsch, haften.

Meine Floresrundfahrt nähert sich ihrem östlichem Punkt. Die Inselseite habe ich gewechselt und wohne für ein paar Tage in einer Bambusmattenhütte direkt am Strand. Im minimaoistischen Hüttenbad einige Merkwürdigkeiten. In der Frühe schaut mich ein Krebs an, auf einem Balken in ca. 1 m Höhe. Später ist er verschwunden, wohin kann ich nicht feststellen. Ein toter Gecko auf dem Boden bewegt sich durch die Teamarbeit der Ameisen und wird natürlich entsorgt. Unerklärlich für mich, wo meine Seife geblieben ist, die ich am Vorabend noch benutzt hatte.

Hinter meinem Hütte ragt der Vulkan Egon (1708 m) in die Höhe. Er ist aktiv, heißt es. Die letzte Eruption gab es 2007. Dennoch kann man in erklimmen. Mit dem Moped lege ich die ersten 800 Höhenmeter zurück, dann heißt es laufen. Steinig und steil geht es in die Höhe, oft unter Einsatz der Hände. Bereits um 9 Uhr morgens erreiche ich den Kraterrand. Ein tolles Gefühl nach der Anstrengung des Aufstiegs, hier zu stehen. Mit einer Weitsicht auf die Flores See mit den vorgelagerten Inseln. Kein Mensch um mich herum. Die Aktivität des Vulkans beschränkt sich auf ein seitlichen Loch aus dem laut zischend eine Dampfsäule emporsteigt. Rechtzeitig hatte ich den Kraterrand erreicht. Der Abstieg erfolgt bereits in den Wolken.

Beim Zurückkommen steht das Moped noch an seinem Platz, nur die zwei Rückspiegel fehlen. Beim Nachkauf erstaunt mich der Preis, zwei Euro zahle ich für den Set. 

Ein weiterer Ausflug geht in ein nahes Dorf. Nahe dem Ufer in Bambushütten sieden Frauen in Wannen Meerwasser zur Salzgewinnung. Direkt daneben zimmern die Männer Holzboote. Die Bretter werden nicht verleimt oder genagelt sondern mit Holzdübel verbunden. Gefischt wird natürlich auch. Und wie leider überall liegt viel Plastikabfall herum.

Ein Dorffest.

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Nov 092017
 

394. Reisetag

8824 km

368 km Moped

 

Die Berg- und Talfahrt setze ich fort. Meine nächste Unterkunft liegt auf 1200 m Höhe in einem einfachen Hotel in der mittelgroßen Stadt Bajawa. Ich unterhalte mich mit Sipri, der im Hotel arbeitet über die Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Er fragt mich, ob ich an einem Dorffest teilnehmen möchte. Nicht in seinem Dorf sondern dem seiner Schwester. Eine Hauseinweihung wird gefeiert und dazu sind die umliegenden Dörfer eingeladen. Am ersten Tag wird getanzt, am zweiten geschlachtet und gegessen. Ich sage zu, jedoch nur für den ersten Tag, aufs Schlachten kann ich verzichten. Mit dem Moped fahren wir dort hin. 

Ein kleines Dorf. In der Mitte der Dorfplatz mit einer kleinen Holzkirche, davor Geisterhäuschen und ein ritueller Steinplatz. Eine Reihe Häuser ist darum angeordnet, meist aus Bambusmatten mit Wellblechdach. Vor den Häusern die Gräber der Verstorbenen in unterschiedlicher Ausführung, an den Eingängen ein Spalier von Rinderschädel und Schweinekiefer – Relikte vergangener Feste.
Ich werde in das Haus von Sipris Schwester gebeten. In der Küche erhalte ich den typischen Kaffee-Flores — gemahlene Bohnen auf die heißes Wasser geschüttet wird. Die Kaffeebüsche stehen direkt hinter dem Haus.
Das Leben der Hausgemeinschaft spielt sich in der Küche ab. Gekocht wird über offenem Feuer, Wasser wird von draußen geholt. Haustiere haben freien Zugang. Einige Hühner picken nach heruntergefallenen Reiskörner, zwei Hunde liegen träge in der Ecke, die Katze sitzt auf dem vollgestellten Tisch. 

Draußen ertönt Musik, ein kleiner Festzug zieht vor dem gefeierten Haus auf. Die Männer im dunklen Wickelrock nebst Schärpe um den Oberkörper und roter Mütze oder Tuch auf dem Kopf treten mit ihren langen Messern auf, die Frauen im dunklen Kleid und schwingenden gelben und weißen Tüchern. Rhythmisch tanzend bewegen sie sich vor dem Haus und über den Platz. Aus benachbarten Dörfern treffen weitere Tanzgruppen ein und gesellen sich dazu. Es gibt keinen Ablaufplan. Mal wird getanzt, dann herumgestanden, sich hingesetzt und Palmwein oder Arak getrunken und wieder getanzt. Vor den Häusern sitzen die Menschen und schauen zu. 

Die Besucher begeben sich dorfweise in vorbestimmte Häuser. Irgendwann wird dorthin Essen gebracht, Reis und Fleischstückchen. Ich erfahre eine Sonderbehandlung und erhalte eine schmackhafte Nudelsuppe. Zusammensitzen und den Tanzenden zuschauen zieht sich bis in den späten Nachmittag hinein. Gegen Abend fahre ich mit Sipri zurück zur Unterkunft. Da ich nicht glaube nochmals eine Dorfeinladung zu erhalten entscheide ich mich trotz des Schlachtens auch am nächsten Tag dabei zu sein. 

Um die Mittagszeit des nächsten Tages bin ich wieder dort. Ein Büffel ist an einem Geisterhäuschen angebunden. Kurze Zeit später versammeln sich die Männer und Zuschauer darum. Am Nasenring wird der Kopf nach oben gezogen – ich verziehe mich. Etwas später sitzen die Männer unter einer Plane und zerhacken das Tier in kleine Stücke, die in Kesseln gekocht werden. Zurück bleibt der Büffelkopf unter dem Geisterhäuschen.

Am Nachmittag treffen die männlichen Besucher aus den Nachbardörfern ein.  Sie treiben ein Schwein vor sich her, das unter einem Schattendach festgepfockt wird. Mitte des Nachmittags sind dort 12 fette Schweine versammelt. Welches Dorf ein Schwein mitbringt wird in ein Buch eingetragen um es mit vergangenen und zukünftigen Festen zu verrechnen.

Das Schlachten beginnt. Ich höre die Tiere nur jämmerlich quicken, wenn sie mit Stricken gebunden werden. Keiner versteht, dass ich mir das Gemetzel nicht mit anschauen möchte. 
Um die Borsten der Tiere zu entfernen werden sie mit Petroleum übergossen und angezündet. Für mich sieht es ein wenig nach Scheiterhaufen aus. Danach erfolgt das Zerhacken und Sieden des Fleisches, alles Männersache. 

Es dämmert bereits als die Frauen der Dörfer ankommen. In Bastkörben bringen sie Reis mit, der später in große Körbe geschüttet wird. Dieser Reis wird dann, zusammen mit dem Fleisch an die einzelnen Häuser verteilt. Die Prozedur dauert und es ist spät geworden. Viel zu spät um gemeinsam zu essen. Das verteilte Essen wird eingepackt und jeder Besucher nimmt es mit nach Hause. Es ist Tradition, das kein Besucher das Fest verlassen sollte, bevor er seine Essenportion erhalten hat. Ein etwas merkwürdiger Abschluss.

Berge und traditionelle Dörfer.

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Nov 042017
 

389. Reisetag

8824 km

Moped 320 km

 

Die schmale Insel Flores ist von einer zerklüftete Gebirgskette mit bis zu 2000 m hohen Vulkanen durchzogen. Pro 100 km Trans-Flores-Straße muss ich mit ca. 3.000 Höhenmeter Steigung rechnen. Eindeutig zu viel um diese bei der Hitze mit dem Rad zu bewältigen. Für meine Inselrundfahrt leihe ich ein Motorroller. Das Rad bleibt im Hotel. Die Taschen lassen sich etwas umständlich an der Maschine befestigen. Angenehm, ich benötige keinen Rucksack und habe den Rücken frei. 

Auf geht’s in der Frühe und gleich die Berge hoch. Erstaunlich, wie einfach ich hochkomme. Einfach nur etwas mehr am Gasgriff drehen und keine Gedanken an die 1400 m Höhe. Die Straße ist gut mit vielen Kurven. Der Verkehr hält sich in Grenzen.
Nach ca. 80 Kilometer verlasse ich die Hauptstraße um eines der traditionellen Dörfer zu besuchen. Eine steile Talfahrt und auf kaputter Asphaltstraße wieder hinauf.
Die Abbiegung zu meinem Zielort verpasse ich. Dank der allgegenwärtigen Neugierde der Indonesier „where do you go“ merke ich es bald und werde zurück auf den richtigen Weg geleitet.
Ein kleines Dorf mit einigen Spitzdachhütten. Der Dorfvorsteher kommt auf mich zu. Er spricht ein wenig Englisch. Ich werde zu einem Kaffee eingeladen, trage mich in ein Buch ein und spende einen gewissen Betrag. Um den rituellen Steinplatz in der Mitte des Dorfes betreten zu dürfen wird mir ein Sarong umgebunden und ein Mütze aufgesetzt. Im Halbkreis um diesen Platz stehen fünf restaurierte und bewohnte Hütten mit spitzen Schilfdach. Im Rahmen einer Führung erhalte ich Erklärungen über den früheren König, der hier lebte und begraben ist.
Das Haus des Dorfvorstehers ist gleichzeitig Guesthouse. Ich bin genug gefahren an diesem Tag und bleibe eine Nacht. 

An nächsten Morgen hängen die Wolken tief. In der Nacht hat es kräftig gegossen. So langsam beginnt die Regenzeit.

Normalerweise passen sich die Reisfelder der Form der Landschaft an. Auf dem Weiterfahrt gibt es aber eine Besonderheit, die „Spider Rice Fields“. Entstanden sind diese aus kuchenförmigen Feldern, die in der Erbfolge vom Mittelpunkt aus geteilt wurden. Um die Gesamtheit der Spinnennetz-Felder zu erkennen erklimme ich einen Hügel. 

In Ruteng, der nächsten Stadt, verbringe ich die Nacht. Rechtzeitig vor einen kräftiger Guss erreiche ich das Guesthouse Santa Maria, einem Schwesternheim mit Übernachtungsmöglichkeit. 

Bereits auf der Herfahrt ist mir aufgefallen, Kirchen haben die Moscheen verdrängt. Mit den Portugiesen kamen im 16. Jahrh. die Missionare nach Flores, die nach dem Verkauf der Insel 1851 an die Holländer ihre Arbeit fortsetzten. Mehr als drei Viertel Einwohner bekennen sich zur römisch-katholischen Kirche.
Den alten Geisterglauben haben sie nicht ganz verdrängen können. So kann in demselben Ort nicht weit von der Kirche ein von Geisterhäuschen und heiligen Steinen umgebener Ritualplatz liegen.

Am nächsten Tag, von der angenehmen Temperatur auf 1000 m Höhe gehts hinunter in die Schwüle der Küste. In der Nähe eines Fischerdorfes übernachte ich in einer Bambushütte. 
Neben den Fischen scheint die Haupteinnahmequelle des palmenreichen Dorfes das Brennen von Arak zu sein. Die gegorene Mischung aus Palmensaft und Reismaische wird über Holzfeuer destilliert. 

Von hier aus erkundige ich das Umfeld. Ich fahre in das abgelegene traditionelle Dorf Belaraghi. Auf einem Hügelkamm stehen zwei Reihen von Häusern. Die älteren haben ein Miniaturhäuschen auf dem Dach, die jüngeren eine menschliche Figur. Beim Dorfvorsteher gebe ich einen Spendenbetrag ab, danach schaue ich mich um.