Thomas Kipp

Aufbruch vor der Haustür

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Apr 162013
 

DSC003222. Reisetag

171 km

 

Meine letzte große Reise hat begonnen. Wann und wo diese zu Ende sein wird weiß ich nicht. Freue mich auf diesen neuen Lebensabschnitt.

Die Abfahrt beginnt vor der Haustür. Keine Verpackung des Fahrrads ist notwendig. Ich fahre einfach los. Schön finde ich, dass Marie mich die ersten 3 Tage bis Trier begleitet.

Die Sonne scheint, es ist warm. Wir fahren durch bekannte Gebiete über den Kottenforst nach Rheinbach und weiter nach Bad Münstereifel. Machen eine Rast an der Erftquelle. Der Himmel trübt sich ein. Die ersten Tropfen fallen. Ein kräftiger Regen bleibt zum Glück aus.

Vor Blankenheim sind wir sauer auf die Schilderaufsteller. Die Richtung wird vorgegeben, danach fehlt  jeder Hinweis. Hinterher stellen wir fest, dass wir Umwege gefahren sind und viele unnötige Steigungen deswegen erklimmen mussten. In Dahlem wollen wir übernachten. Es gibt aber keine Essmöglichkeit. Weiter geht es nach Jünkerath. Dort gibt es was zu essen aber keine Schlafmöglichkeit. Beides bekommen wir dann an der Kyll in Birgel. Sind die einzigen Gäste im Hotel.

Am Morgen liegt ein dicker Nebel über der Landschaft. Es ist trocken, die Sonne setzt sich bald durch. Die Fahrt geht entlang der Kyll. Häufig rauf und runter, durch eine schöne Landschaft. Die Bahnhöfe der Kyllbahn sind aus dem rotem Sandstein der Region gebaut. In einer Zeit als die Bahn noch wert auf ihr Äußeres legte. Manchmal gibt es Schranken im Nichts – weder Zu- noch Abfahrt sind auszumachen

In einer alten Fabrikanlange besichtigen wir die Produktion einer Rohrzieherei. Haben einfach gefragt, ob wir hereinschauen dürfen. Hoffentlich halten sich solche Betriebe. Keine übertriebene Hektik an eher älteren Maschinen.

Das Heilwasser der Lindenquelle schmeckt gewöhnungsbedürtig. Etwas zu salzig. In meiner Trinkflasche färbt sich das Wasser nach einiger Zeit trübe. Kippe den Rest weg.

In Kordel ist unsere Fahrt heute beendet. Wir genießen ein Bier in der Abendsonne.

 

 

Okt 022012
 

Bonn

168 Tage später

 

Der Kaffee dampft. Da es wieder kalt ist brennt der Kaminofen. Das Ei ist gerade richtig gekocht – nicht zu weich und nicht zu hart. Die Zeitung ist auch schon da. Ich sitze am Frühstückstisch und beginne den Tag zu genießen. Diese Gemütlichkeit ist wieder da.
Gedanklich bin ich noch nicht so ganz hier. Die vielen Erlebnisse und Eindrücke der letzten Monate kreisen in meinem Kopf.

Ich vermisse die Weite der Landschaft. Das morgendliche Losfahren voller Erwartungen an den Tag.
Am Nachmittag das Ankommen mit dem Suchen nach einem Übernachtungsplatz.
Die beeindruckende Gastfreundschaft der Menschen.
Zur Ruhe finden in der Natur.

Ich erlebte die dichten Wälder, heißen Quellen und Schneeberge in Britisch Columbia, oft in der Einsamkeit auf dem Trans Canada Trail. Den berühmten Icefields Parkway in den Rocky Mountains, Nordamerikas Traumstraße Nr. 1. Die Weite der Prärie. Die endlose Ausdehnung des kanadischen Schildes. Geprägt von den durch die Eiszeit rundgeschliffenen Hügeln, der spärlichen Vegetation, den Sümpfen, Graslandschaften und Seen. Die Atlantikküste mit den vielen Buchten und vorgelagerten Inseln. Habe alle Provinzen Kanadas durchfahren und 6 Zeitzonen.

Im Frühjahr regnete es häufig. Für kanadische Verhältnisse war es ein besonders schöner Sommer und Herbst. Im Innenland heiß, an der Küste waren die Temperaturen angenehm. Die Trockenheit sorgte für wenig Mücken. Der erwartete Westwind blies vermehrt aus dem Osten und raubte mir Kräfte.

Ich blieb gesund, abgesehen von einer Erkältung. Das Rad hat die 9.500 km ohne eine Panne durchgestanden. Die Kette muss ich jetzt erneuern. Das Zelt trotzte heftigem Regen und Sturm.

Die Erinnerungen einer Reise verblassen nach einer Weile. Lange wird hoffentlich etwas von dieser Reise mitschwingen: Die Ruhe und die Möglichkeit und Fähigkeit sich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren und allen Balast abzuwerfen.

Das Fernweh in mir ist nicht gestillt. Es ist geweckt worden. Es ist vorstellbar, dass im nächsten Frühjahr eine weitere Tour beginnt.

 

Sep 292012
 

165. Reisetag

 Rückflug

 

 

Halifax ist die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia mit ca. 300.000 Einwohnern.

Die Skyline von Halifax sah ich bereits von der Fähre aus mit den modernen Bauten. Der Hafen am Anlegeplatz ist für die Touristenschiffe gedacht – kleine und ganz große. Täglich legen hier bis zu zwei der großen Kreuzfahrtschiffe für meist nur einen Tag an.
Bis zu zweitausend Menschen je Schiff strömen dann in die Hafenanlagen und die Stadt. Duzende Busse und kleinere Schiffe nehmen die Menschen der großen Schiffe für diverse Ausflüge auf. Die Menschen sind mit Aufkleber versehen um die Sortierung für die Ausflüge zu beschleunigen.
Mit den britischen Doppeldeckerbussen wird die Stadt besichtig.

Ein gemütlicher Gang entlang des Hafens war trotzdem interessant. Museumsschiffe lagen am Pier. Moderne Jachten und größere alte Segelboote waren zu sehen und manchmal zu besichtigen.
Es gab viele Souvenierbuden und Restaurants. Ein Seehund schaute interessiert aus dem Hafenbecken nach oben.

Am Ende der Hafenlagen betrat ich ein Kasino. In Sekundenschnelle können hier an Automaten von 1 Cent bis 100 Dollar verspielt werden. Die Automaten werden eher von älteren Menschen gefüttert. Roulette und Poker zieht mehr jüngere Menschen in ihren Bann.

Hinter der Silhouette von modernen Bauten zeigte sich eine schöne Stadt. Bunte Holzhäuser, alte Steinhäuser, Parkanlagen, viele Kneipen und schöne Restaurants. Das Essengehen machte mir richtig Spaß. Auf dem „Hausberg“ besuchte ich die alte Zitadelle mit ihren Befestigungsanlagen. Betrachtete die Stadt von oben. Hier waren alte Abbildungen von der Zerstörung Halifax 1917 nach den Zusammenstoß zweier Schiffe zu sehen. Eines war mit Munition geladen und explodierte. Es gab mehr Tote Kanadier durch diese Explosion als gefallene Kanadier im 1. Weltkrieg.

Am Donnerstag machte ich einen letzten Ausflug an den Atlantik, organisiert, mit 4 weiteren aus der Jugendherberge. Bei der Wanderung entlang der Küste über den kargen Boden des felsigen kanadischen Schildes entdeckte ich die „rote sprossenähnliche Sumpfpflanze“ wieder. Sprossenähnlich sah sie nur von der Ferne aus. Es sind kleine Kelche, mit Wasser gefüllt. Sie sind eine Insektenfalle.

Wie schwer die Vegetation hier Fuß fassen kann ließ sich auf den Felsen gut beobachten. Die Flechten erobern langsam eine Felsoberfläche. Über hunderte von Jahren wird daraus eine feine Ablagerungsschicht für weitere Pflanzen.

Das nächste Ziel der Tour war Peggys Cove mit dem wohl am meisten fotografierte Leuchtturm in Kanada. Im Gegensatz zum Spaziergang wimmelte es vor Touristen, die Busseweise angekarrt werden. In dem malerischen Fischerdorf hielten wir es nicht lange aus.

 

Am Freitag bereitete ich meinen Abflug vor. Mit Hilfe von zwei alten Fahrradkartons (aus einem Fahrradladen) verpackte ich mein Rad flugtauglich. Ein Packsack sorgte dafür dass meine Radtaschen zu einem Gepäckstück zusammengefasst werden. Ein zweites Gepäckstück würde wie Übergepäck berechnet.

Samstag noch einmal ausgeschlafen. Am Vormittag den Farmersmarkt besucht. Einmal in der Woche verkaufen die Farmer ihre Produkte direkt. Es gibt viele Essensstände. Kleine Stände versuchen Selbstgemachtes zu vermarkten, z.B. Seife oder verarbeitete Schokolade. Es regnete den ganzen Tag.
Ein Taxi zum Flughafen war zu 16 Uhr bestellt. Am Sonntagmorgen um 8 Uhr werde ich in Frankfurt ankommen.

Merkwürdig war, dass ich mich in der großen Stadt oftmals alleine fühlte. Alleine in der Natur hatte ich dieses Gefühl nicht.