Thomas Kipp

Gorges de l’Ardeche

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Jun 102013
 

SONY DSC58. Reisetag

2823 km

 

Über Nacht hat es sich ausgeregnet, es bleibt aber wolkig. Am Morgen geht die Fahrt wie üblich aufwärts um einen kleinen Berg herum. Anschließend durch einen schönen Eichenwald mit Felsen wieder hinunter ins Tal der Ardeche. Habe Pech, es ist Wochenende, viele Ausflügler sind unterwegs. Der Porsche-Klub macht seinen Sonntagsausflug. Vallon Pont d’Arc, der Einstiegspunkt zur Ardeche ist voller Touristen. Möchte hier meine Mittagspause einlegen. Es gibt keine Bänke im Ort. Alles bestens von der örtlichen Gastronomie organisiert. Bin eigentlich froh diese Stadt schnell zu verlassen. Finde außerhalb ein schönes Plätzchen für mein Mittagspicknick.

Die Tarn breitete sich vor mir aus. Mit wenigem auf und ab konnte ich durch die Schlucht rollen.
Die Ardeche lockte mich auf den ersten Kilometer auf fast ebener Straße in die Schlucht hinein. Präsentierte ihr Schmuckstück, die Pont d’Arc, eine natürliche Felsenbrücke über den Fluss. Dann will sie erobert werden. 250 m geht es auf sehr steiler Straße in die Höhe. Es ist die bisher anstrengenste Steigung auf meiner Tour. Die Fahrt geht weiter am oberen Schluchtrand entlang. Viele Aussichtspunkte geben den Blick frei hinunter zur Ardeche. Sie hat sich in vielen Schleifen ihren Weg durch das Gebirge gebahnt. Ich bleibe zwar in der Höhe, die nächsten 48 km fahre ich bei weitem nicht auf ebener Straße.
Nach 40 km finde ich einen einsamen Zeltplatz in der Höhe. Bin merkwürdigerweise der einzige Gast. Unter der Dusche merke ich, es gibt kein Heißwasser. Die Nachfrage bestätigt, das Gas ist alle und keine Reserveflasche da. Zahle deswegen keine Zeltplatzgebür und dusche kalt. In dem kleinen Restaurant gibt es ein gutes Abendessen.

Am nächsten Tag fahre ich die letzten acht Schluchtkilometer fast nur abwärts. Lege einen Besichtigungsstopp in der Grotte de Saint Marcel d’Ardeche ein. Es macht mir immer Freude in die Tiefen der Erde einzudringen. Wunderbare Tropfsteinformationen und Farbenspiele in beleuchtete Sinterbecken sind diesen Halt wert gewesen.

Die Gorges de l’Ardeche ist mit dem Erreichen der Rhone zu Ende. Meine östliche Fahrtrichtung schwenkt nach Norden, stromaufwärts entlang der Rhone, bzw. erst einmal an eines langweiligen Kanal entlang. Der Nordwind bläst mit starken Böen. Dieses wird sich – laut Wetterbericht – in den nächsten Tagen nicht ändern und ich meine Richtung leider auch nicht. Zum Glück hört der Kanal nach einigen Kilometern auf. Das Umfeld an der Rhone ist deutlich lieblicher.

Im Ort Montelimar suche ich mir ein Zimmer. Ein Campingplatz ist nicht in der Nähe.
Beim Abendessen bestelle ich mir ein Viertel Liter Wein. Werde belacht. Die Mindestmenge ist ½ Liter. Es gibt als Fisch immer nur Lachs. Mein Körper schafft den Antibiotikaabau kaum noch.

Die Cevennen

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Jun 082013
 

SONY DSC56. Reisetag

2698 km

 

Nach dem Frühstück fahre ich weiter die Tarn aufwärts. Es wird hügeliger, das Tal weiter, mit viel Wald an den Hängen. Ab und zu sehe ich kleine Orte unten an der Tarn oder am Hang.
Eine Klettergruppe hängt im Felsen. Gruppen von Kanufahrern lassen sich lautstark treiben. Das Ende der Schluchtstraße ist mittags erreicht, die Befahrbarkeit mit den Kanus wohl auch, denn ich sehe keine mehr. Das Flussbett wird steiniger und schmäler. Fahre jetzt kräftig in die Höhen der Cevennen hinein. Im Ort La Pont de Montvert – es gibt eine alte Brücke über die Tarn – übernachte ich auf einem schönen Zeltplatz. In der Sonne ist es trotz der Höhe von 900 m noch warm.

In diesem Ort treffen bekannte Wanderruten zusammen. Viele Wandersleut sind unterwegs, mit schwerem Gepäck. Auf dem Zeltplatz unterhalte ich mich mit einem Paar aus Oberwinter bei Bonn, die drei Wochen mit Rucksack unterwegs sind.
Nach zwei mal Selberkochen ist ein Abendessen im Restaurant angesagt. Ein Menu ist ohne die regionalen Fleischerplatte nicht zu bekommen. À la Carte gibt es für mich eine Forelle (leider sehr klein). Die Käseplatte hinterher ist aber reichlich. Die Qualität kommt jedoch an die Roquefort-Käseplatte bei weitem nicht heran. Schlafe gut im Zelt.
Am Morgen ist es bewölkt, aber trocken. Es geht weiter in die Höhe auf fast 1200 m. Bald verabschiede ich mich von der Tarn. Sie entspringt weiter nördlich in den Bergen. Ca. 100 km bin ich an ihr entlang geradelt.
Es ist einfach schön durch die Berge zu fahren, solange die Steigung nicht zu viel Kräfte beansprucht. Einfach schauen, ein bisschen treten, Düfte wahrnehmen. Viel mehr benötige ich nicht um zufrieden zu sein. Eine vertraute Mitradlerin neben sich zu haben wäre noch das i-Tüpfelchen dabei.

Flache Hochtäler erinnern mich an die Alpen. Die Bauern verkaufen ab Hof ihre Käseprodukte, Fleisch und Honig.

Neben der Straße ist ein Tisch mit Süßigkeiten und Bananen aufgebaut. Wohl nicht für mich, darf mich aber daran laben. Es kommen Gruppen von RadrennfahrerInnen den Berg hochgefahren. Manche nehmen es ernst und kämpfen. Andere halten am Stand einen längeren Plausch. Sie freuen sich am Rennen teilnehmen zu können.
Es ist kalt geworden. Die gestrige Temperatur von 30 Grad wird nicht einmal zur Hälfe erreicht.

Der Pass ist überschritten. Die Sicht in das andere Tal noch klar. In steiler Fahrt geht es 600 m in die Tiefe – mit manchen kleinen Zwischenbergen. Je tiefer ich komme, desto höher erscheinen die Berge beidseits des Weges.

Nachmittags kommt der Regen ganz allmählich, wird immer stärker. Ziehe nach und nach meine Regensachen an, denn ich will es nicht so richtig wahrhaben.
Muss noch einmal auf 850 m Höhe den Berg hochfahren. Oben sind die Wolken (und natürlich der Regen). Mache mein letztes Foto an diesen Tag. Die Linse ist nass. Weitsicht gibt es nicht mehr.

Es wäre eine atemberaubende Abfahrt aus den Cevennen bei schönem Wetter geworden, mit Sicht ins tiefe Tal der Ardeche. Die letzten 15 km kann ich mich zwar rollen lassen, mit angezogener Bremse. Die Regentropfen schlagen mir dabei ins Gesicht. Ich muss auf Schlaglöcher aufpassen, darf nicht zu schnell werden auf der regennassen Straße. Der Nacken verspannt sich durch die etwas starre Kopfhaltung. Es ist kalt.
Im Ort Les Vans auf nur noch 200 m Höhe suche ich ein Hotel. Eins ist auf Dauer geschlossen, bei einem anderen ist es unklar, da alles zu ist. Lande schließlich in einem Selbstbedienungshotel. An einem Automaten muss ich Name und Zimmerwunsch angeben, Kreditkarte reinstecken. Danach fällt der Zimmerschlüssel heraus. Der Raum ist OK.

Am Tag kam ich bis auf den kleinen Rennimbiss wegen des Regens nicht zum Essen. Es gab auch keine Einkehrmöglichkeit. Habe mein Baguette mit Käse, dazu Pampelmusensaft und Jogurt im Hotelzimmer als Abendspeise eingenommen. Der Dauerregen lockt mich nicht zu einem Gang durch den Ort.

Gorges du Tarn

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Jun 062013
 

SONY DSC54. Reisetag

2583 km

 

Die Seele baumelt weiter. Ein Leben wie bei Gott in Frankreich. Eine Niederlassung hat er wohl auch im Tal der Tarn. Die Landschaft beweist es.

Flache Hügel, schroffe Berge, enges und weites Tal wechseln sich ab. Das Ginstergelb im Frühjahr an den Hängen ist durch das Klatschmohnrot am Wegesrand und auf den Feldern abgelöst. Kleine Dörfer, die am Hang kleben. Einmal überspannt eine riesige Autobahnbrücke in schwindelnder Höhe das Tal, ist ein Fremdkörper.
Ein Liegeradfahrer kommt mir entgegen. Wir unterhalten uns, verstehen uns mit den Worten kaum. Freuen uns über die Begegnung.

Wo es möglich ist sind viele Kirschplantagen an den Hängen angelegt. Die Kirschen bekommen gerade ihr erstes Rot.

Im Ort Millau fülle ich mein leeres Lebensmitteldepot in einem Supermarket auf. Bemerke erst später, dass gerade Markttag ist. Dort bringt das Einkaufen Spaß, im Supermarkt ist es die Notwendigkeit.
An diesem Tag ist erstmals die 30 Grad Temperaturschwelle überschritten.

Ich fahre langsam, genieße die Landschaft, schaue. Kaum ein Auto fährt an mir vorbei. Lebe und fahre entschleunigt, an zwei Tagen nur 75 km.

Am Abend auf dem Campingplatz habe ich eine großen Pizza à la Roquefort gegessen, bereits der Käsebelag sättigt. Der Wein dazu sorgt für die Bettschwere. Treffe fast nur auf Holländer.

Am nächsten Tag geht es in die Schlucht hinein. Bizarre Felsen auf beiden Seiten. Beim Blick nach vorne ist es manchmal unklar, wo die Straße überhaupt weiterführen kann. Kurze Tunnel sind in die Felsen geschlagen. Atemberaubende Felsvorsprünge hängen über der Straße. Selten ein Dorf. Einmal ist eine alte Burg oder Festung in die Felsen integriert. Einige Häuser – wahrscheinlich verlassen – stehen oben am Hang vor einer Steilwand. Ab und zu fährt unten eine Kanugruppe flussabwärts. Klettergruppen hängen in schwindelnder Höhe über der Straße. Es ist ein Erlebnis diese Schlucht befahren zu können.

Über die Berge

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Jun 042013
 

SONY DSC52. Reisetag

2508 km

 

Sonnenschein ist angesagt, nach fast 12 Tagen Regen. Schöne Aussichten. Mein Rad und auch ich warten bereits auf die Weiterfahrt. Gestärkt mit neuer Energie mache ich mich auf den Weg. Die mir vertrauten Menschen werde ich vermissen. Bin wieder alleine.

Zunächst geht es steil bergab ins Tal. Dort stoße ich auf die alte zum Radweg ausgebaute Eisenbahntrasse. So ganz sicher mit der Weiterfahrt bin ich nicht. Sie ist abgesperrt – mit Durchgangsmöglichkeit. Wenig Spuren, Baumaschinen blockieren den Weg. Komme aber durch. Nach 15 km schwenke ich nach Nordwesten ab in die Berge. Es geht ca. 400 m in die Höhe, dann wieder abwärts. Im Ort St. Gervais sur Mare möchte ich übernachten. Es ist ein verschlafener kleiner Ort. Enge Gassen, zwei Kirchen, viele Madonnenstatuen, zum Glück ein Chambres d’Hôtes und eine Pizzeria.

Am nächsten Morgen frühstücke ich im Garten der Pension. Die Sonne scheint.

Der Weg führt mich wieder in die Höhe. Hart gegen den Wind – sehr hart. Schon auf ebener Strecke bringen Böen mich fast zum Stehen. Von der Straße aus sehe ich unter mir einen Pfad auf einer alten Eisenbahntrasse. Fahre zurück und finde einen Zugang. Freue mich, der Wind weht hier nicht so stark. Drei Kilometer weiter ist der Traum zu Ende. Ich muss auf die Straße zurück. Die nächsten 5 km geht es steil 500 m in die Höhe. Fahre meist in der Mitte der Straße, da die Windböen so stark sind, dass sie mich umwerfen könnten. Treffe auf einer Bank in einem kleinen Ort drei französische Radler. Wir halten einen Plausch, schimpfen über den Wind. Auf der Passhöhe kann ich kaum stehen, so zauste er an mir. Es geht 100 m abwärts und dann nochmals 200 m hoch, bei etwas günstigeren Windverhältnissen. Fahre längere Zeit auf dieser Höhe bis es in windgebremster Abfahrt wieder ins Tal geht. Eine letzte Anhöhe steht noch an. Mache einen Stop an einer alten schönen Abtei.

Nach 70 Tageskilometer und 1000 Höhenmetern erreiche ich den Ort St. Affrique. Das Gegen-den-Wind-Radeln war anstrengend. Der örtliche Campingplatz ist geschlossen und mit einem hohen Zaum abgeschirmt, Schilder weisen in der Stadt trotzdem darauf hin. Die Übernachtung im Hotel ist gut. Abends ein 4-Gänge Menü gegessen. Ist diesmal fast zu viel. Da ich in der Nähe von Roquefort bin, wollte ich mir die Käseplatte nicht entgehen lassen. Es gibt sechs verschiedene Roquefort-Sorten. Alle schmecken ausgezeichnet. Die feinen Unterschiede nehme ich aber kaum war. Sogar das Frühstück im Hotel besteht nicht nur aus Croissant, Baguette mit Marmelade und Kaffee.

Am nächsten Morgen keine Wolke am Himmel. Ein letzter Höhenzug trennt mich noch von der Tarn. Dieser ist nach 15 km überfahren. Auf einer Nebenstraße fahre ich entlang des Flusstals. Im schmalen Tal wird – wenn möglich – Landwirtschaft betrieben. Die Felder sind klein. Meist geht es steil in die Höhe.

Bereits nach 15 km sehe ich in einem Ort mit großer Kirche (alle Einwohner füllen diese wohl nur zu einem Drittel) und wenig Häusern einen Campingplatz. Dieser liegt direkt an der Tarn, inmitten der Natur, es ist friedvoll. Nur ein weiteres Zelt steht hier. Ich bleibe. Halte einen längeren Mittagsschlaf, lasse mich dabei von der Sonne wärmen. Mein Essen reicht für ein bis zwei Tage, ist nicht sehr üppig. Einen Laden gibt es nicht. Wasser und warme Dusche sind vorhanden. Abends bellt ein Hund. Sein Echo gibt ihm Antwort. Das Spiel dauert lange.

Am nächsten Morgen entscheide ich einen weiteren Tag auf diesem Platz zu verbringen. Das Rauschen des Flusses und der Bäume sind beruhigend und machen mich so friedlich, dass ich nicht einmal der Schnecke in meinem Kaffeetopf etwas zuleide getan habe.

Nach dem üblichen Frühstück spaziere ich entlang der Tarn, steige auf eine Anhöhe. Dort steht ein Gebäude, welches ich für eine kleine Kapelle gehalten habe. Als ich ankomme, stelle ich fest, es ist ein Taubenschlag. Erinnere mich, ähnliche Gebäude bereits gesehen zu haben.

Der Nachmittag ist dem Blogschreiben gewidmet. Die Seele baumelt in der übrigen Zeit.