212. Reisetag
An diesem Tag ist alles zu zweit. Wir gehen hinunter zur Galatabrücke. Entlang des Goldenen Horns auf der Altstadtseite besuchen wir die Viertel Fener und Balat. Abseits vom Zentrum bewegen wir uns durch schmale Gassen.
In einer Bäckerei wundern wir uns, wie viele Brote aus dem Backofen geholt werden. Durch Zufall stoßen wir auf einen langen Straßenmarkt. Es sind wieder nur die Männer, die die vorwiegend weibliche Kundschaft bedienen.
Durch das Fenster eines Lokals werden wir zu einem türkischen Kaffee eingeladen. Es ist kalt an diesem Tag. Wir freuen uns auf etwas Wärme. An einem Tisch wird Backgammon gespielt, an einem anderen sitzen einige Männer beim Tee über Wettscheine gebeugt. Uns wird eine türkische Zeitung gezeigt. Wir sehen, dass die Wetten auch auf die Resultate der deutschen Fußballspiele abgeschlossen werden können. Im Fernseher läuft ein Pferderennen. Die Backgammonspieler hören auf. Beim Hinausgehen reicht einer einem anderen Lokalbesucher die zum Spielen geliehene Brille zurück.
Unsere Gespräche sind meist gestenreich und wortkarg. Wenn der Name Deutschland fällt sind die Städte Duisburg und Dortmund bekannt und die Namen von Fußballspielern.
Die Straße führt am Hang nach oben. Wir möchten die in eine Moschee umgewandelte ehemals griechisch-orthodoxe Pammakaristos-Kirche besuchen, sind aber im Gewirr der vielen kleinen Gassen etwas orientierungslos. Es gibt an diesem Tag so viel zu schauen, dass wir sie auch nicht finden.
In diesem Viertel sind auffallend viele Frauen bis auf einen Augenschlitz verschleiert, auch die Männer tragen muslimische Kleidung und Kopfbedeckung.
Wir stehen vor der großen Sultan Selim I Camii (Moschee). In der Mitte des mit Säulen umbauten Innenhofs steht das Waschhäuschen für die Füße. Durch einen Vorhang betreten wir den riesigen Hauptraum. Sehr angenehm ist die Wärme, die durch säulenartige Öfen verbreitet wird. Wir befinden uns in einem riesigen Kuppelraum. Der Boden ist mit einem grauen weichen Teppich belegt.
Einige Männer beten kniend, andere studieren den Koran in arabischer Schrift. Muslimische Frauen können ihre Gebete nur hinter einer Holzwand „gen Himmel senden“. Vom Garten der Moschee aus haben wir einen wunderbaren Blick über Istanbul mit den vielen Brücken, die sich über das Goldene Horn spannen.
Wenige Straßenzüge weiter stoßen wir auf die noch größere und prächtige Fatih-Moschee. Der Aufbau ist ähnlich, der Teppich innen rot. Ihr Bekanntheitsgrad ist deutlich höher, entsprechend viele Menschen besuchen sie.
Es ist bereits dunkel geworden. Wir machen uns auf den Heimweg. Wir durchlaufen ein Viertel mit vielen Musikinstrumentenläden. Es sind nicht nur Verkaufsgeschäfte, oft wird auch darin produziert. Ein Streichinstrument ist in einer Hobelbank eingespannt. Es ist eine Oud, die gerade poliert wird.
Wir unterqueren eine Straße. In der Unterführung gibt es nur Tapetenläden. Für die Kundschaft ist so eine Häufung sehr angenehm. Den Händlern scheint die viele Konkurenz nichts auszumachen.
Unser Abendessen nehmen wir unterwegs in einem kleinen Esslokal ein. Etwas müde erreichen wir die Galatabrücke und müssen jetzt nur noch den Berg hoch in unser Zimmer laufen.