8242 km
Bei Nieselregen ist der Abschied von Istanbul nicht allzu schwer. 20 Tage habe ich dort verweilt. Die Zeit war erlebnisreich. Ich stand nicht unter Sightseeing-Stress, das machte den Aufenthalt entspannt.
Ein nicht allzu großes Schiff bringt mich über das Marmara-Meer. Die Hauptverkehrsstraßen ins Binnenland und ans Schwarze Meer umschiffe ich damit.
Die See ist etwas rau. Ich dachte früher einmal ich wäre seefest. Dann ist mir aber auf einer längeren Katamaranfahrt bei rauer See so übel geworden wie nie zuvor. Auf dieser auch sehr schwankenden Fahrt hefte ich mein Blick auf die nicht schwankende Linie zwischen Wasser und Himmel und habe keine Probleme.
Zwei Stunden benötigte das Schiff für die 120 km nach Bandirma, ganz schön schnell. Wir Passagiere durften während der Fahrt den Innenraum nicht verlassen.
Nicht nur in Istanbul hat es geschneit. Auf der anderen Seite des Marmarameeres liegt ebenfalls eine Schneeschicht. Bei der Ankunft ist es kalt, ein leichter Schneeregen fällt. In meiner Unterkunft wird die Heizung erst um 19.30 Uhr angeschaltet. Ich wärme mich mit Schlafsack im Bett.
Der nächste Tag beginnt trübe. Morgens beim Verlassen der Stadt hat es gerade ein Grad. Auf der vierspurigen autobahnähnlichen Straße ist zum Glück der Seitenstreifen vom Schnee geräumt, sonst wäre eine Weiterfahrt nicht möglich gewesen. Eine andere Straße nach Westen gibt es nicht. Diese schlängelt sich meist durchs Binnenland, seltener direkt an der Küste entlang.
So nach und nach verschwindet der Schnee. 30 Kilometer weiter westlich ist der Straßenrand schneefrei.
Die Landschaft ist wie fast überall in der Türkei hügelig. Die Äcker sind bearbeitet oder warten noch auf den Pflug. Das Wintergetreide gibt den Feldern einen grünen Schleier. Die ersten Olivenbaumplantagen tauchen auf.
Mein Vorderrad fängt an zu eiern. Ich habe meinen zweiten Plattfuß. Bei drei Grad bringt der Schlauchwechsel überhaupt keinen Spaß. Kaum bin ich fertig schaue ich in einen blauen Himmel. Es wird langsam wärmer. Das Radfahren macht Spaß, im Gegensatz zum Vormittag. Am späteren Nachmittag zieht aber wieder die Kälte ein. Leicht verfroren erreiche ich nach 75 km den kleinen Ort Biga und finde diesmal ein bereits warmes Zimmer im Hotel.
Der Ruf des Muezzins erschreckt mich am Morgen mit voller Lautstärke. Direkt neben meinem Fenster steht eine Moschee. Um sechs Uhr ist es noch dunkel, ich schlafe wieder ein.
Die Sonnenstrahlen versprechen einen schönen Tag. Bei nur 3 Grad aber bei Sonnenschein starte ich. Kleine Teiche am Wegesrand sind mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Leider zieht bereits zwei Stunden später eine Wolkenwand auf, die die Sonne für den Rest des Tages verdrängt. Sofort spüre ich vermehrt die Kälte obwohl die Temperatur leicht gestiegen ist.
Die Fahrt geht wieder Richtung Marmarameer. Ich überquere eine bewaldete Hügelkette und sehe das Wasser. Auch die Uferstraße ist alles andere als eben. Sie passt sich den kleineren Hügeln an der meist steilen Küste an.
Der Ruf des Muezzins erschreckt mich schon wieder. Weit und breit ist keine Moschee zu sehen. In einem kleinen Ort plärrt der Gebetsrufe aus einem Lautsprecher an einem Laternenmast.
Mich wundert immer wieder wie gut die Straßen in der Türkei sind bei relativ wenig Verkehr. Auf dem Seitenstreifen fährt es sich vollkommen stressfrei und absolut sicher.
Nach 55 km am Ende des Marmarameeres zu den Dardanellen erreiche ich den Ort Cardak. Ich setze mit der Fähre über auf die Halbinsel Galibolu. In der gleichnamigen Stadt suche ich mir ein Hotel mit warmen Zimmer. Auch an diesem Tag zieht die Kälte mir in die Knochen. Bei den vielen Berg- und Talfahrten ist der Übergang von verschwitzt und kalt direkt und häufig. Hoffe ich überstehe es ohne eine weitere Erkältung.
Auf der Fähre habe ich eine Gruppe junger Männer getroffen, die an diesem Abend in der Stadt als Derwischtänzer auftreten – so weit ich es verstanden habe. Ich habe die Anschrift des Ortes erhalten und die Uhrzeit. Bin gespannt wie es wird.
Es wurde leider nichts. Als ich zur vereinbarten Zeit dort ankam ist die Veranstaltung gerade zu Ende. Schade.