Thomas Kipp

Pamukkale.

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Jan 102014
 

DSC09732250. Reisetag

 

Einen Abstecher ins Binnenland nach Pamukkale mache ich mit dem Zug. Der benötigt für die 200 Kilometer fast eine Stunde länger als der Bus, dafür ist die Fahrt angenehmer. Mein Rad und das meiste Gepäck lagere ich in der Pension in Selcuk.

Nachdem der Zug die erste Höhe erklommen hat geht es durch ein flaches breites Tal. Ich stelle fest, dass nur die Oliven- und Mandarinenbäume noch ihre grünen Blätter haben. Alle anderen sind blätterlos bzw. es hängt das vertrocknete Laub dran. Die Felder im Tal sind geebnet und bilden kleine Terrassen. Im Sommer wird wohl alles bewässert. Sehe erstmals in der Türkei einige Baumwollfelder mit ihrem weißen Flaum. In Denizli angekommen muss ich noch weitere 15 Kilometer mit einem Dolmus (Kleinbus) fahren um Pamukkale zu erreichen. Schon vom Weiten ist der Hang mit den weißen Sinterterrassen zu erkennen. Eine Unterkunft habe ich schnell gefunden, am Abend erkenne ich, dass sie doch etwas schäbig ist.

Ich sortiere meine Sachen und mache mich auf den Weg für die erste Begehung. Nach dem Passieren des Eintrittshäuschens müssen die Schuhe ausgezogen werden. Weitergelaufen wird barfuß auf einem weißen Kalkbelag, über dem lauwarmes Wasser fließt. Es läuft sich erstaunlich angenehm auf den feinen Kalkrippeln und es ist nicht rutschig. Vorbei an mit einer Kalkschicht bedeckten Becken geht es in die Höhe. In den oberen Becken ist das Wasser angenehm warm. Mit ca. 35 Grad soll es aus dem Boden kommen. Je höher ich komme, desto mehr Menschen sind unterwegs, und es sind vorwiegend Asiaten. Die Busparkplätze liegen oben am Hang.

Die Sonne geht langsam unter, nicht spektakulär, sie verschwindet hinter einer Dunstschicht. Mit ihrem Fortgang setzt die Abendkühle ein.

Am nächsten Morgen mache ich meinen zweiten Spaziergang nach oben. Kaum Menschen sind unterwegs.
Das Wasser in den Becken dampft in der Morgenfrische, die weißen Felsen blenden. Auf der Höhe gibt es ein Thermalschwimmbad. Sieht fast einladend aus, man kann durch „versunkene“ Ruinenreste im dampfenden Wasser schwimmen. Ich laufe weiter am Rand der Terrassen. Eine Ruine steht halbversunken im Kalk. Oleanderbüsche stehen im flachen dampfenden Wasser. Es ist einfach schön hier.
Das kalkhaltige Wasser wird durch Kanäle gelenkt. Viele Becken sind leer. Das meiste Wasser fließt den Weg herunter, den ich hochgegangen bin. Da es in der letzten Zeit kaum geregnet hat könnte sogar eine kleine Wasserknappheit herrschen.

In Pamukkale gibt es nicht nur die Sinterterrassen, oben am Rand der Kalkablagerungen liegen die Ruinen der alten Stadt Hierapolis. Die geschichtlichen Übergänge unterscheiden sich kaum von den Städten Ephesos oder Pergamon. Nur war die Stadt nicht so berühmt. Es gab Tempel für die gleichen Götter, ein Theater und wegen der heißen Quellen auch zwei große Heilbäder. Das Christentum soll über den Apostel Phillipp seinen Weg hierher gefunden haben. Er selber ist dabei einem Mord zum Opfer gefallen. Von den Römern bekam er später eine große Kirche gewidmet, deren Ruinen zu sehen sind.

Das Ruinengelände ist groß. Mir macht es immer noch spaß hindurchzulaufen. Vertiefe mich nicht mehr so in die Zusammenhänge, sondern schaue einfach.
Am späten Nachmittag fahre ich mit dem Zug zurück nach Selcuk.

Ephesos.

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Jan 082014
 
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Theater mit Blick auf die Hafenstraße.

  248. Reisetag

 

In Ephesos ließen sich die lonier von der Insel Samos um 1000 v. Chr. nieder. Die Stadt stand danach unter der Herrschaft der Lyder, der Perser und der Attaliden, den Königen von Pergamon. Der Übergang war selten friedlich. Attalus III. verfügte, dass nach seinem Tode (133 v. Chr.) sein Reich, und mit ihm Ephesos, den Römern als Erbe zufalle. (Einfach mal so sein persönliches Eigentum – ein Reich – vererben.) Ephesos wurde mit 200 000 Einwohnern eine der wichtigsten Städte der neuen Provinz Asia und konnte dank reger Handelstätigkeit seinen Wohlstand vergrößern. Doch seine Entwicklung war direkt vom natürlichen Hafen abhängig, und als dieser im 3. Jh. n. Chr allmählich versandete, war der Niedergang von Ephesus unabwendbar.
Die meisten Ruinen, die heute zu sehen sind, stammen aus der römischen Periode zwischen dem 1. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr.

Heute ist Ephesos eine der größten und meistbesuchten Ruinenstätten der Welt. Am Morgen begebe ich mich dort hin. Die Anzahl der Autos auf dem Parkplatz sind nicht erschreckend.

Nach dem Passieren aufgereihter und mit Nummern versehener Säulen- und Giebelfragmenten erreiche ich die alte Hafenstraße. Sie mündet auf einer Seite in die flache Ebene. Das Meer ist heute sechs Kilometer entfernt. Die bedeutende Straße hat ihren Anfang vor dem großen Theater, dem für mich beeindruckendsten Bau. Als ich es betrete singt gerade eine japanische Gruppe. Es klingt wie in einem Konzertsaal. Die steinernen Sitzplatzreihen für ca. 20.000 Menschen ziehen sich weit in die Höhe. Von Oben schaue ich in die Ebene, die früher einmal das Meer war.
Selten ist die Bühne frei. In kurzen Abständen ziehen Besuchergruppen vorbei, wie mit einem Gummiband zusammengehalten. Es sind fast ausschließlich Japaner.

Nach dem Theater begebe ich mich zur wohl bekanntesten Ruine, der Celsus Bibliothek. Einstmals sollen hier 12.000 Schriftenrollen untergebracht worden sein. Unter der Leitung von österreichischen Archäologen wurde die Bibliothek ausgegraben und wieder aufgebaut.
Gleich gegenüber befand sich das antike Bordell an zentraler Stelle inmitten der Stadt, daneben die Toilettenanlagen. Ich befinde mich jetzt auf der Hauptverkehrsader – der Kuretenstraße, benannt nach den Halbgöttern. Hier tobt zur Hauptsaison noch immer das Leben. Dicht an dicht schieben sich die Menschenmassen durch (siehe Foto). Am Straßenrand stehen Brunnen, Denkmäler, kleine Tempel und ein etwas besseres Wohngebiet mit den Hanghäusern. Die Innenwände dieser Häuser sind mit Zeichnungen, die Böden mit Mosaiken versehen.
Die Straße endet am Odeion mit ca. 5000 Plätzen, in dem Ratsversammlungen und Theater abgehalten wurden.

Ephesos wurde auch zum Anziehungspunkt der ersten Christen. So soll sich Apostel Johannes mit der Jungfrau Maria (wo ist ihr Joseph wohl geblieben?) niedergelassen und hier sein Evangelium verfasst haben. Auch Paulus wohnte angeblich im Jahre 60 für drei Jahre in Ephesos.

Die Inschriften auf den Steinen waren alle griechisch. Das muss wohl auch die Sprache der Römer in der Provinz Asia gewesen sein. Lateinisch sprach man wohl nur in Rom?

So ein Besichtigungstag ist anstrengender als 100 Kilometer Radfahren.
Bin froh meinen müden Rücken auf dem Bett am Abend auszuruhen.

Der nächste Tag ist geruhsamer. Westlich von Selcuk besuche ich eine einzelne Säule. Ein Storch hat auf ihr sein Nest gebaut. Sie ist alles was vom großen Tempel der Artemis, einem der Sieben Weltwunder der Antike, übriggeblieben ist. Es sollen mal 127 solcher Säulen gewesen sein.

Die Johannesbasilika auf einem Hügel in der Stadt liegt arg in Trümmern. Angeblich soll hier Apostel Johannes begraben liegen. Kaiser Iustinian hat im 6. Jh. ihm zu Ehren die Basilika bauen lassen.
Oben vom Hügel habe ich eine schöne Aussicht auf die alte Isa-Bey-Moschee aus dem 14. Jh. Daneben liegt das alte Isa-Bey-Badehaus, leider ist es am Zerfallen. Durch ein Loch im Zaun kann ich näher herankommen und sogar hineinschauen.

Nebel, Salat und Mandarinen.

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Jan 062014
 

DSC09381246. Reisetag

8829 km

 

Izmir am Morgen zu verlassen ist anstrengend. 18 Kilometer fahre ich auf der 3-spurigen (eine Richtung) Schnellstraße mit viel Verkehr. Der Seitenstreifen ist oft schmal, weiche deshalb – wenn vorhanden – auf den Bürgersteig aus. Zu Fuß an der Ausfallstraße ist keiner unterwegs. Atatürk (Vater der Türken) in Stein gehauen überblickt bei der Ausfahrt von einem Felsvorsprung die Stadt und Straße.
Die weit ins Meer reichende Landzunge überquere ich landeinwärts.

Ich verlasse die Hauptroute und fahre auf eine Nebenstraße. Endlich tauchen die ersten Olivenbäume und Felder auf. Die Stadt liegt hinter mir. Nebel zieht auf und es wird zusehends kälter. Das Umfeld kann ich hinter dem Nebelvorhang nur erahnen.
Es geht etwas in die Höhe. Nahe der Straße wird Gemüse angebaut. Ich sehe Frauen in einem mit Plastikplanen überspannten Gewächshaus arbeiten. Sie hacken und jäten Salatpflanzen. Der Salat ist für Istanbul bestimmt. Mein Stopp ist eine willkommene Ablenkung. Fotos zu machen ist kein Problem. Es wird sich aufgereiht und jede möchte das Foto sehen. Schade, dass ich sie nicht ausdrucken kann.

Bei der Weiterfahrt merke ich ein schwammiges Fahren. Wieder ein Plattfuß, leider am Hinterrad. Ein kleiner Draht hat sich in den Mantel gebohrt. Häufig liegen zerplatzte, mit Draht durchwobene Reifenstücke am Fahrbahnrand. Diese kann ich umfahren, kleine Drahtreste sind aber nicht zu erkennen. Das ist bereits der vierte Platten und alle in der Türkei.

So langsam schafft es die Sonne den Nebel zu verdrängen. Ich durchfahre ein breites Tal. Auf beiden Seiten der Straße stehen Mandarinenplantagen. Die Ernte ist in vollem Gange. Oft stehen die Früchte Kistenweise am Straßenrand und werden auf Lkws verladen. Ich halte an und werde auf Deutsch angesprochen. Das übliche, woher und wohin, verheiratet und wie viele Kinder und welcher Beruf wird nachgefragt. Ich bekomme eine Tüte Mandarinen geschenkt, hatte mir kurz vorher bereits ein Kilo an einem der vielen Stände am Straßenrand gekauft. Sie schmecken gut und sind sehr erfrischend. Bringe auch diese in meiner Tasche noch unter.

Nach 50 Kilometer erreiche ich wieder die Küste. Die vorher flache Talstraße wird durch eine hügelige entlang der Küste abgelöst. Von oben habe ich eine weite wunderbare Sicht auf die ruhige Ägäis mit den vorgelagerten Inseln.
Kurz vor meinem Zielort Secuk sehe ich bereits in der Ferne das antike Theater von Ephesos. Fahre aber vorbei und suche mir eine Übernachtungsmöglichkeit.
Mit der einsamen Begehung von antiken Stätten ist es wohl hier nichts. Bereits im Ort und in der Pension treffe ich viele Touristen.

Izmir.

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Jan 052014
 
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Osmanischer Uhrenturm am zentralen Platz.

 245. Reisetag

 

Izmir wurde bereits 3000 v. Chr. gegründet und ist damit eine der ältesten Städte der Welt. In der Antike trug die Stadt den griechischen Namen Smyrna.
Und wie es so ist in den alten Städten, sie werden erobert, zerstört, neu aufgebaut und wieder erobert. Zwischendurch kommt ein Erdbeben und erneut ein Aufbau. Natürlich war Alexander der Große hier, dann die Byzantiner, die Osmanen und wieder die Griechen bis diese 1922 von Atatürk vertrieben wurden. Von all dem ist nur wenig zu sehen.

Es gibt noch eine antike Agora (Festplatz) aus der römischen Zeit mit Säulenkolonaden und Bögen. Diverse Bruchstücke liegen herum. Anschauen kann ich nur wenig, wegen Ausgrabungsarbeiten ist vieles abgesperrt.

Bei der Einfahrt nach Izmir hatte ich bereits die Ausdehnung der Stadt festgestellt. Mit 3,5 Mio. Einwohner ist Izmir die drittgrößte der Türkei.
Für mich ist es wichtig hier meine Aufenthaltsverlängerung für die Türkei zu erhalten. Die Ausländerpolizei (die dafür zuständig ist) finde ich schnell. Es herrscht kein großer Andrang wie in Istanbul und ich komme relativ schnell dran. Englisch wird verstanden, die Bürokratie bleibt aber. So muss ich mir eine Steuernummer besorgen (war nicht ganz einfach), 1000 Euro bei einer Bank (nicht Wechselstube, da hätte ich die Bescheinigungen) in Lira tauschen und 5 Passbilder abgeben. Für wie lange und wo wird mein Bildnis dann wohl 5-fach abgeheftet? Etwas mehr als 200 Euro kostete mich dieser Vorgang. Nach drei Wochen kann ich den Pass abholen. Werde von irgendwoher mit dem Bus anreisen. Immerhin am Vormittag habe ich alles erledigen können.
Für Samstag vereinbare ich noch einen Zahnarzttermin um einen abgebrochenen Zahn behandeln zu lassen. Soviel zu organisieren bin ich gar nicht mehr gewohnt. War richtig angespannt.

Denn Abend lasse ich in einer türkischen Kneipe ausklingen. Ein Musiker spielt auf einem Zupfinstrument und singt so etwas wie einen türkischen Fado dazu. Ein Fernseher zeigt Musikvideos, ein anderer die beliebten Pferderennen, zum Glück beides ohne Ton. Getrunken wird vor allem Raki mit Wasser oder Weißwein, dazu werden Kleinigkeiten mit viel Brot gegessen. Anwesend sind nur Männer, man kennt sich, die meisten sind etwas älter. Manche lassen noch beim Trinken die Perlen des Rosenkranz durchgehen.

Am nächsten Tag besuche ich den großen Kemeralti-Basar. Ein ganzes Viertel ist damit durchzogen. Unzählige Geschäfte bieten alles mögliche an. Werde oft auf Deutsch angesprochen und zum Tee eingeladen. Wir erzählen etwas über uns. Die Verkäufer sind nicht böse, dass ich nichts kaufe.
Der Muezzin von drei großen Moscheen auf dem Bazar ruft zum wichtigen Freitagsgebet. Viele Männer machen mit. Die Moscheen sind voll. Vor dem Eingang, auf den Gassen wird auf Matten und Kartonresten gebetet. Die Übertragung erfolgt durch Lautsprecher über weite Teile des Bazars.

Am späten Nachmittag tauchen auf den Bürgersteigen in der Stadt die mobilen Händler auf. Die Mehrzahl sitzt auf einem Hocker vor einem Pappkarton, auf dem 5 bis 10 Handys ausgebreitet liegen.
Ein Leben ohne Handy ist wohl nicht mehr vorstellbar. Sobald jemand sitzt, ob im Kaffee, Taxi oder der Lenker einer Pferdekutsche, da wird der Buckel krumm gemacht, der Blick geht nach unten.
Bei mir ist meine Handy bereits nach 30 Tagen wieder offline. Ich hätte auf eine türkische SMS reagieren müssen um mich zu registrieren. 14 Euro sind futsch, inkl. 1000 Frei-SMS.

Jeden Abend steht auf einer Nebenstraße ein Bus, aus dem kostenloses Essen verteilt wird. Die Menschenschlange davor ist lang.

Bei schönstem Wetter gehe ich am nächsten Tag entlang der Uferpromenade. Erst denke ich Schwäne kommen mir entgegen, aber irgendetwas ist anders. Zwei Pelikane schwimmen auf und ab in Ufernähe.
Am Nachmittag habe ich den Zahnarztbesuch. Der offene Behandlungsraum ist Anmeldung und Wartezimmer. Die nicht englisch sprechende Zahnärztin arbeitet ohne Helfer. Optisch sieht die Reparatur gut aus, hoffe der Zahn bleibt stabil. Die Behandlungskosten betragen 22 Euro.

Sonntag ist mein letzter Tag in Izmir. Ich schlafe etwas länger und habe kein Programm. Auf dem Bazar sind die meisten Geschäfte geschlossen. Ich spaziere noch einmal auf der belebten Uferpromenade. Setzte mich auf eine Bank und schaue dem Treiben dort zu.