Thomas Kipp

Beliebter Pilgerort und sehr alte Steine.

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Apr 202014
 

DSC04312350. Reisetag

11.239 km

 

In Gaziantep gibt es kein Frühstück in der Unterkunft. An einem Büdchen trinke ich den morgendlichen Tee am Straßenrand und esse einen Kringel dazu. Dann geht’s aus der Stadt hinaus, zusammen mit vielen Autos. Die Straße ist nur noch zweispurig mit Standspur. Ich muss ein wenig aufpassen, denn überholt wird oft an unübersichtlichen Abschnitten. Parallel der Strecke verläuft eine Autobahn, die einen Teil der Autos von mir fernhält.
Fahre etwas den Berg hinauf, und dann geht es meist bergab, hinunter ins Tal des Euphrats. Auf beiden Seiten der Straße in der leicht hügeligen Landschaft sehe ich die Pistazienplantagen, die berühmt für diese Gegend sind. An manchen Bäumen sind bereits die Fruchtansätze zu erkennen. Der Boden darunter ist gepflügt. Wahrscheinlich werden noch weitere Feldfrüchte angebaut. Olivenbäume sind untergemischt oder bilden eigene Haine.

Ich nähere mich bereits zur Mittagszeit dem Euphrat. Ich möchte einen Schlenker über den Euphrat-Staudamm machen, der Karte nach ist es möglich. Die Nebenstrecke geht steil hinunter in eine öde steinige Landschaft, aufgewühlt für betonierte Bewässerungskanäle ohne Wasser. Ich werfe einen Blick auf den Stausee, eigentlich ziemlich langweilig. Der Damm ist leider für den öffentlichen Verkehr gesperrt, so muss ich zurück auf die Hauptstraße. In der Stadt Birecik am Euphrat, etwas unterhalb nach dem Verlassen des Stauwerks, finde ich eine passable Unterkunft. Ich durchstreife die am Hang liegende Ortschaft mit den vielen engen Gassen und Geschäften. Bin wieder überrascht über die rege Geschäftigkeit in den Orten. Ich treffe viele deutschsprechende ältere Türken und trinke mit ihnen viel Tee.

Am nächsten Tag geht es in die Berge, gleich am Morgen muss ich 400 m in die Höhe fahren. Seit langem mal wieder mit etwas Rückenwind. Oben auf der Anhöhe eine hügelige Landschaft mit (schon etwas weniger) Pistazienbäumen. Mit seltenen Ausnahmen wirkt alles sehr trocken. Auf den gepflügten Feldern dominieren oft die Steine. Da wundere ich mich, dass dazwischen noch etwas angebaut werden kann. Auf weiten unbearbeiteten Flächen wächst nur noch spärliches Gras.

Ab mittags wird es spürbar heiß, deutlich über 30 Grad. Das schlappt mich ein wenig, zumal es den ganzen Tag nur bergauf und -ab geht. Über 1000 Höhenmeter kommen so zustande.
Erhalte viele Teeangebote, einfach so von der Straße weg wird mir mit einer klaren Handbewegung die Einladung mitgeteilt. Bei einem alten Mann, der mit seinem Enkel vor dem Hoftor sitzt, nehme ich sie an. Die meisten muss ich leider ablehnen, da ich weiterkommen möchte und auch genug Tee intus habe.

Am Nachmittag erreiche ich die besonders heilige Stadt Urfa. Abraham soll hier geboren sein. König Nimrod wollte ihn hier hinrichten lassen. Gott verwandelte das Feuer des Scheiterhaufens in Wasser und die glühenden Kohlen in Karpfen. Die Karpfen tummeln sich heute noch im Park. Angeln und essen sollte man sie nicht – sie sind heilig und man erblindet sofort! 
Auch der Knecht Hiob soll hier in einer Grotte sein Schicksal erduldet haben. Die Stadt ist somit ein wichtiger Pilgerort für Christen, Araber und Juden.
 Entsprechend belebt ist sie bei meiner Ankunft am Samstag. Die Unterkünfte sind ausgebucht. Muss mich mit sehr einfachem Standard zufrieden geben.

Am Abend schlendere ich durch heilige Hallen und entlang der Fischteiche. In letztere wird von den Besuchern pausenlos Futter hineingeworfen. Können Fische überhaupt satt werden?

Eine mächtige Zitadelle thront auf dem Hügel über der Stadt. Diese besuche ich am nächsten Morgen. Der Bazar ist riesig und verwinkelt, habe mich fast darin verlaufen.

Am Nachmittag mache ich einen Ausflug mit der Taxe. Fürs Rad sind die Strecken zu weit, bzw. es geht sehr den Berg hinauf. Bei der Autofahrt merke ich, wie schön für mich das Radfahren ist. Die vielen Kleinigkeiten am Wegesrand sieht man nicht, man braust vorbei.

Wir fahren den Berg hinauf zur Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe. Die Funde in dieser Grabung sollen die ältesten überhaupt auf der Welt sein. Schon vor 12.000 Jahren haben hier Menschen ein Heiligtum aus monolithischen Steinen geschaffen. Die monolithischen T-Pfeiler stehen in Kreisen und weisen gut gearbeitete Tier-Reliefs und andere Piktogramme auf. Was es genau mit der Anlage auf sich hat ist noch unklar. Begonnen hat es damit, dass ein Bauer bei der Feldarbeit auf merkwürdige Steine stieß. Danach wurde gegraben und es ist noch lange nicht alles freigelegt.

Die nächste Station ist der Ort Harran, einst eine große Stadt, jetzt ein etwas heruntergekommenes Dorf. Abraham soll hier einige Zeit gelebt haben. In islamischer Zeit wurde hier die erste Universität gegründet.
Ein in Restauration befindlicher burgartiger Bau war früher Karawanserei, dann christliche Kirche und danach Moschee.
Die aus Lehm und Ziegeln gebauten erst etwas 200 Jahre alten „Trulli“ Häuser runden die Sehenswürdigkeiten ab. Sie sehen aus wie Bienenkörbe.

Das Zigeunermädchen …

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Apr 172014
 

DSC04137347. Reisetag

11.084 km

 

… wäre fast in den Fluten des naheliegenden Euphrat-Stausees für immer versunken. Der angestaute Eupfrat hat die wichtige antike Stadt Zeugma unter Wasser gesetzt. In letzter Minute konnte man Notgrabungen durchführen und die schönsten Bodenmosaiken retten. Der Sohn des Hewlett-Packard-Gründers, David Packard jr. hat dafür einige seiner Millionen Dollar sinnvoll eingesetzt. Somit konnte man 45 Mosaike retten, davon 22 fast unversehrt. Diese habe ich mir im Museum in Gaziantep angeschaut.

Zeugma soll zur Blütezeit an die 80.000 Einwohner gehabt haben. Zerstört wurde die Stadt im 3. Jahrhundert n. Chr. durch die Sassaniden (Perser). Dann hat wohl ein Erdbeben einen Hangrutsch verursacht und große Teile der Stadt verschüttet. Das hat die Mosaiken über die Zeit gerettet. Fast 2000 Jahre alt wirken sie plastisch und lebendig. Die schönsten griechischen Mythen haben sich die Römer damals in ihre Luxusvillen legen lassen.

Zwei Tage vor dem Museumsbesuch habe ich Göksun verlassen. Die anfängliche morgendliche Kälte wird durch den ersten Anstieg verdrängt. Die vierspurige Straße schrumpft auf zwei, leider bei recht regem Verkehr. Anfangs schaue ich ins Tal hinunter. Bald schon durchfahre ich kahle Felslandschaften. Auf der Passhöhe werden essbare Blatttriebe verkauft. Sie sehen aus wie junge Lilienschösslinge und werden hier im Bergland gefunden.

An diesem Tag verlasse ich das anatolische Hochland. Mein Tagesziel liegt auf 560 m Höhe und 800 m tiefer als mein Übernachtungsort Göksum. Die Abfahrt bleibt aber hügelig, so dass am Ende wieder 1000 Höhenmeter zu fahren waren.
Unten im Tal wird es warm. Der Frühling ist hier weit fortgeschritten. Die Bäume sind grün, der Weizen bildet bereits Ähren.

Die Hochhaussilhouette der Stadt Kaharanmaras liegt auf einer Anhöhe und ist von weitem zu sehen. Acht Kilometer durch diese Siedlungen fahre ich um endlich die Altstadt zu erreichen. Zentral finde ich meine Unterkunft.

Wenn ich ankomme, ist mein Tagessoll noch lange nicht erfüllt. Am Liebsten würde ich ein kleines Schläfchen halten. Auf der anderen Seite möchte ich von der Stadt etwas sehen bevor es dunkel wird. Ich dusche und mache mich ausgehfertig. Auf meinem Weg durch die Gassen folge ich dem Geräusch eines gleichmäßigen Hämmerns und lande im Metallverarbeitungsviertel. Ich fühle mich in eine andere Zeit versetzt. In einem Kellerraum werden Hufeisen geschmiedet. Große Bottiche werden aus Blech gehämmert, Verzierungen in kleinere eingeschlagen. Messer werden kalt geschmiedet und geschliffen. Überall kann ich problemlos in die Werkstätten hineinschauen. Bekomme manchmal sogar einen Tee angeboten.

Nach dem Abendessen bin ich weiterhin beschäftigt. Lade die Tagesfotos von der Kamera auf den Computer, sortierte, bearbeite und verkleinere die Bilder für den Blog. Danach schreibe ich den Tagesbericht. Diese Arbeit fällt mir am Schwersten.

In der Nacht höre ich Regen gegen das Fenster klopfen. Der Morgen beginnt trübe und regnerisch. Nach dem Blick über das Teeglas beim Frühstück auf die nasse Straße möchte ich am liebsten einfach sitzenbleiben. Einen Ruhetag habe ich aber erst im nächsten Ort vorgesehen.

Wieder auf dem Rad legt sich die Unlust. Der Regen hat aufgehört, nach einiger Zeit kommt sogar die Sonne durch. An diesem Tag ist es ein Fahren auf der Autobahn mit wenig Verkehr. Ich habe meine eigene (Stand-)Spur. Die Autos brausen vorbei, muss sie aber nicht beachten. Träume ein wenig und schaue in die Landschaft. Die Hälfte der Tagesstrecke ist (fast) flach. Ich durchfahre breite landwirtschaftlich genutzte Täler. Danach geht es wieder hoch in die Berge, immer auf der vierspurigen Straße mit breiter Standspur.
Nach dem Durchfahren eines Wohnblockgürtels erreiche ich das Zentrum der Stadt Gaziantep. Merkwürdigerweise sind die Hotels alle ausgebucht, brauche etwas länger um eine Unterkunft zu finden. Gönne mir diesmal ein Nachmittagsschläfchen, denn ich bleibe einen weiteren Tag.

Am Abend etwas außer Linsensuppe zu finden ist nicht einfach. In den Restaurants gibt es nur Döner, Kebab und als Spezialität eine Hammelkopfsuppe.
Gaziantep ist berühmt für seine Pistazien. Entsprechend viele Läden gibt es, auch mit den daraus hergestellten honigtriefenden Süßigkeiten.

Am nächsten Tag mache ich den obigen Museumsbesuch. Danach durchstreife ich das große Bazarviertel. In den vielen Läden mit Bergen von Kleidern sehe ich nur den gelangweilten Verkäufer drinnen oder davor sitzen.
Wie in der vorherigen Stadt höre ich das Klopfen und finde in den Nebengassen die kleinen metallwarenverarbeitenden Betriebe. Das Hineinschauen in die Werkstätten bereitet mir ein besonderes Vergnügen.

 

Abschied, Wind und schöne Berglandschaft.

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Apr 142014
 

 

DSC03845

344. Reisetag
344. Reisetag

10.920 km

 

Wieder ein Abschied. Der Bus bringt Marie zum Flughafen nach Kayseri. Mein Fahrrad ist gepackt und etwas träge vom guten Frühstück mache ich mich auf den Weg. Die ersten Kilometer geht es abwärts mit kräftigem Rückenwind. Danach ändert sich meine Richtung, der Wind dreht nicht. Ich fahre 500 m in die Höhe, der Wind hält dagegen. Ich erreiche die Passhöhe und blicke hinunter auf eine weite Ebene mit einem großen Salzsee. Ab jetzt geht es nur bergab und 35 km weiter durch eine flache Landschaft. Bin bald am Ziel denke ich. Nur mit dem Wind, der sich zum Sturm gesteigert hat, habe ich nicht gerechnet. Bereits bei der Abfahrt muss ich nicht bremsen. In der Ebene macht er mich zur Schnecke. Vier Stunden benötige ich für die letzten 35 km. Die Wahrnehmung der Schönheit leidet darunter.
Störche brüten bereits in Nestern auf dem Telegrafenmästen. Daneben fließt ein Kanal, in dem die Frösche (noch) quaken. Der Kanal ist bedeckt mit einem weißen Blumenteppich. Am Rande der Ebene ist Landwirtschaft möglich. Kühe und Wasserbüffel grasen auf Wiesen und das Grün der Weizenfelder ist zu sehen.
Erschöpft erreiche ich die Stadt Develi. So ein Tag eignet sich nicht zum Radfahren.

Unterschiedliche Wetterberichte für den folgenden Tag kündigen 2 x Nordwind (gut) und 1 x Südwind (schlecht) an. Beim Start am nächsten Morgen stimmt leider der letztere. Mit gleicher Stärke wie am Vortag stemmt er sich gegen mich. Ich durchfahre ein weites Hochtal. Bereits nach kurzer Zeit ist mir klar, mein Tagesziel ist unerreichbar, zumal ein 2000 m Pass zu bewältigen wäre. Es gelingt mir, nicht ein Kampftag daraus zu machen. Mit Gelassenheit fahre ich am Vormittag gegen den Wind. Kann sogar die Weite und den Blick auf die schneebedeckten Berggipfel rundherum genießen.
Eine feste Unterkunft gibt es an diesem Tag für mich nicht. Ich werde seit langem mal wieder das Zelt aufschlagen. Ich fahre bereits auf der Passstraße. Der Wind pfeift mir entgegen und zwingt mir manchen Halt auf.
Einen geeigneten Platz für mein Nachtlager zu finden ist nicht einfach. Die Straße wurde neu gebaut und in den Felsen geschlagen. Das anfallende Geröll liegt auf der Hangseite. Große Ansprüche an einen schönen Platz kann ich also nicht stellen. Neben dem Geröll finde ich eine halbwegs ebene Fläche mit wenig Einsicht von der Straße her. Baue mein Zelt auf, lege mich in die Spätnachmittagssonne. Bald schon verziehe ich mich ins Zelt. Die Kälte auf 1600 m Höhe kommt vor dem Sonnenuntergang.

Der Schlafsack hält mich warm und ein wenig beengt. Nur das Verrutschen der Luftmatratze stört. Die Morgensonne hat bereits das Zelt erwärmt als ich aufwache.
Ab jetzt gibt es zum Frühstück nur noch Nescafé (Outdoor) sonst Tee. Die Drückkaffeekanne ist wieder in Deutschland. In der Natur zu frühstücken ist schon etwas Schönes, habe es lange nicht mehr gemacht.
Der Wind hat sich gelegt, meine Stimmung gut. Die Weiterfahrt in die Höhe ist eine Genussfahrt gegenüber der gestrigen Gegenwindfahrt. Die Straße leider ein wenig staubig, wenn ein Auto vorbeifährt. Der Teerbelag fehlt noch.
Mittags erreiche ich die kahle Passhöhe. Viele Schmetterlinge treibt der leichte Wind mir entgegen. Auch sie möchten das Tal wechseln. Blumen für sie gibt es hier oben nicht.

Die Abfahrt ist steil. Schon bald erreiche ich den Ort Catalcam. Hier wohnen türkische Bekannte von Almut, bei denen ich übernachten werde. Als Treffpunkt haben wir die Moschee des Ortes ausgewählt, nach einem Anruf werde ich dort abgeholt.
Ich bekomme ein reichhaltiges Mittagessen mit Brot, Eier, Käse Jogurt u.a. zusammen mit meinem Abholer serviert. Danach unterhalten wir uns stockend. Ich schlage einen kleinen Spaziergang vor. Wir gehen zur örtlichen Teestube. Ich setze mich in die Reihe der alten Männer. Schaue dem Treiben davor zu. Mein Begleiter spielt eine Art Domino-Romee.
Ein Hühnerhändler ist vorgefahren und verkauft Hühner. Sie sehen zerzaust aus. Der Stückpreis beträgt 1,70 €. Der Absatz ist gut.
Bald spaziere ich zurück zu meiner Unterkunft und unterhalte mich dort mit den Frauen mittels Deutsch-Türkisches Lexikon recht mühsam. Die Familienverhältnisse in meiner Unterkunft bleiben mir unklar. Neue Gesichter tauchen auf, andere verschwinden.
Ab spätem Nachmittag bis zum abendlichen Abschluss sitze ich in der beheizten Wohnstube bei laufendem Fernseher mit tragischen Filmen und Werbung. Nach dem Abendessen verziehe ich mich in mein Zimmer und schlafe gut. Teile der Familie wurden wahrscheinlich für diese Nacht ausquartiert.

Am nächsten Morgen erhalte ich ein gutes Frühstück. Leider etwas zu früh werde ich unterwegs dann zu einem zweiten Frühstück mit Tee, Oliven, Brot und Honig eingeladen. Der Hunger ist noch nicht da. Trinke nur den Tee.
Über Berge und durch Täler geht es weiter, immer die Schneekuppen am Horizont vor Augen.
Es waren nicht die Berge mit den fast 3000 Höhenmeter, die die letzten vier Tage so anstrengend machten. Die vielen vom Wind gebremsten Stunden im Schneckentempo auf fast ebener Straße ermatteten die Radlerbeine.

Enge im Untergrund.

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Apr 102014
 

DSC03693340. Reisetag

 

Etwas müde von vielen Spaziergängen überlegen wir unser Tagesprogramm. Eine deutsche Musikerin, die in Istanbul „orientalische Oboe“ unterrichtet, gesellt sich zu uns. Das Frühstück zieht sich bis zum Nachmittag in die Länge. Ein gemütlicher Tag.
Ab und zu erklingt das Klagen eines monogam lebenden Perlhuhns herauf. Es wurde in Teeniejahren vom Partner getrennt und lebt jetzt im hiesigen Hühnerstall.

Auch der nächste Tag wird nicht sehr anstrengend. Almut macht mit uns eine Hausführung. Sie zeigt uns einige der künstlerisch gestalteten Räume sowie eine Auswahl der von ihr gemalten Bilder.

Nachmittags wandern wir durch das mir zur Hälfte schon bekannte Zemi-Tal.

Die nächsten zwei Tage erkundigen wir das weitere Umfeld mit einem Auto. Die Undergroundcity in Maziköy ist die erste Station. Isa (d.h. Jesus), ein Bekannter von Almut, führt uns durch mehrere Stockwerke einer dunklen alten unterirdischen Stadt.
Bereits in der Hethiterzeit vor rund 4000 Jahren – so wird angenommen – entstanden in Kappadokien die ersten Siedlungen im Untergrund. Infolge der Christenverfolgungen durch die Römer und im Zuge der Arabereinfälle im 7. Jh. wurden sie, als Fluchtstätten der kappadokischen Christen, über mehrere Stockwerke ausgebaut.
Wir kraxeln durch ein Labyrinth von schmalen Gängen, in gebückter Haltung. Ein Umdrehen darin ist nicht möglich. Bedrückende Gefühle sind gegenwärtig.
Einige senkrechte Röhren sind zu durchklettern. Hierfür wurden in die Seiten des Schachtes Stufen geschlagen. Alles mit der Taschenlampe um den Hals und einer kräftigen Prise Staub. Viel zu sehen gibt es eigentlich nicht außer dunkle Räume und Gänge. Mit deutschen Sicherheitsvorschriften wäre eine solche Besichtigung unvorstellbar.

Nach diesem anstrengenden Besuch entspannen wir in dem schroffen aber wunderschönen Erdemli-Tal mit seinen in den Fels gehauenen Kirchen- und Wohnhöhlen.

Die Ihlara-Schlucht, ein 13 km langer Einbruch eines unterirdischen Flusses mit seinen bis 130 m steilen Wänden ist unser Ziel am nächsten Tag. Obwohl der Reiseführer einen Touristenansturm ankündigt durchwandern wir die ersten 4 km der Schlucht alleine. Nach dem Abstieg in den Canyon breitet sich vor uns ein liebliches grünes Flusstal aus. Ein Schäfer sitzt unter einem Baum und bietet uns einen Teil seiner Mittagsmahlzeit an. Ein Ablehnen ist nicht möglich. Es gibt eine Teigrolle mit streng schmeckendem Ziegenkäse. Als Beilage zieht er mal aus der linken, mal aus der rechten Jackentasche eine Tomate, eine Gurke und eine Lauchzwiebel heraus.
Das Tal ist bekannt wegen seiner vielen Felsenkirchen. Manche weisen gut erhaltene Wandmalereien auf, andere nur ein paar Symbole und geometrische Muster. Grund dafür ist der Bilderstreit des 8. und 9. Jh. im Byzantinischen Reich. Die bildhafte Darstellung von Christus, den Aposteln und Heiligen wurde als Sünde angesehen. Ikonen wurden aus den Kirchen zu dieser Zeit entfernt und Bilder zerstört. Erst Mitte des 9. Jh. war der Bilderstreit zu Ende.

Unseren Ausflug beenden wir mit einem Abstecher nach Güzelyurt. In diesem kaum touristischen Ort besuchen wir eine weitere unterirdische Stadt, diesmal ohne Führer. Weit kommen wir nicht hinein, trotz großem Forscherdrang meinerseits. Die Gänge und Schächte sind einfach zu eng und bedrückend.
Bei der Rückfahrt sehen wir hinter einem pflügenden Traktor hunderte von Störchen ihre Abendmahlzeit suchen.

Am Mittwoch ist für mich Vorsorge angesagt. Ich benötige eine Auffrischung meiner Tollwutimpfung. Dazu fahre ich in das städtische Krankenhaus mit einen Zettel, auf dem mein Anliegen in türkischer Sprache steht.
Alles klar, denke ich. Dennoch benötigt es viele Telefonate, die Einbeziehung mehrerer Personen und eine Menge Papierkram bis ich die Impfung erhalte.

Am letzten Tag in der Pension Uchisar sortiere ich mein Gepäck noch einmal, halte große Wäsche und freue mich auf die Weiterfahrt.