12.516 km
Bis zum Einschlafen prasselt der Regen aufs Zelt. Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Das Zelt ist bereits trocken und das Zusammenpacken kein Problem.
Täbris ist für einige Zeit die letzte große Stadt, deshalb möchte ich noch einmal Geld tauschen. Aber keine Bank tauscht. Jedes Mal werde ich auf die Straßenhändler des Bazar verwiesen, vor denen alle Reiseführer warnen. Was bleibt mir anderes übrig. Der Kurs ist sogar deutlich besser als an der Grenze.
Ich reihe mich ein in den dichten Verkehrsstrom aus der Stadt hinaus. Die ersten 50 km schiebt mich sogar der Wind ein wenig. Danach ändere ich die Richtung und habe ihn wieder störend von der Seite.
Auf einem kleinen Parkplatz werde ich von einem Autofahrer begrüßt und auf Englisch angesprochen. Wir unterhalten uns ein wenig. Danach werde ich eingeladen, im 45 km entfernten Ort bei ihm und seiner Familie zu übernachten. Für mich ist es sehr willkommen. Mit 100 km ist dann mein Tagessoll erfüllt und ein anderer Schlafplatz wäre ungewiss. Beim Erreichen des Ortes rufe ich Habib an. Er holt mich an der Straße ab und wir fahren zu einem Bungalow, in dem er mit seinen Eltern und einer Schwester wohnt. Seine Frau ist ebenfalls anwesend. Sie werden aber erst in einem Jahr zusammen wohnen können. Bis dahin hat er eine eigene Wohnung organisiert. Für die Ausstattung der Wohnung (Möbel, Kühlschrank u.a.) sind die Brauteltern zuständig. Seine Eltern hatten den Kontakt zur Frau vermittelt. Beide haben sich im Haus der Frau getroffen und sich sympathisch gefunden. So sind sie zusammen gekommen.
Am späten Nachmittag besuchen wir (mit dem Auto) den naheliegenden Orumiyeh See, Irans größtes Binnengewässer. Wie das Tote Meer ist dieser extrem salzig. Von Jahr zu Jahr sinkt der Wasserpegel, da immer mehr Staudämme für die Bewässerung und Trinkwasserversorgung dem See das Wasser rauben. Vor acht Jahren konnte man hier noch baden. Jetzt sieht man nur weit in der Ferne das Glänzen des Wasserspiegels.
Die Räume in meiner nächtlichen Bleibe sind mit Teppichen ausgelegt. Das Abendessen wird gemeinsam sitzend auf dem Boden um ein „Tischtuch“ herum eingenommen. Ich esse u.a. ein Hühnerbein.
Es ist bereits spät. Habib fährt seine Frau nach Hause. Ich bekomme meine Matte und Decken zugewiesen. Draußen gewittert und regnet es die ganze Nacht, völlig normal, es ist Regenzeit.
Das Frühstück, dünnes Fladenbrot, Spiegelei und Käse, dazu Tee, nehmen nur Habib und ich ein. Danach geht’s wieder auf die Straße. Es ist ein schöner und interessanter Aufenthalt gewesen.
Das Radeln an diesem Tag ist leicht und einfach mit etwas Rückenwind. Zwei kräftige Gewitterschauer überstehe ich in einem Unterstand. In der Stadt Miandoab suche ich mir ein Hotel. Möchte ein wenig Ruhe haben. Kaum bin ich angekommen, klingelt mein Handy und Karim von „Warm-Shower“ ruft an. Meine Telefonnummer kreist. Er möchte sich mit mir treffen. Ich dachte kurz für einen Tee, daraus ist ein ganzer Nachmittag geworden. Er hat zusammen mit Ahad einen Fahrradladen, Karim außerdem noch eine Werkstatt zur Reparatur von Autokühler. Ich saß etwas viel rum bei sehr freundlichen Menschen. Der späte Nachmittag/Abend endet mit einem Kebab-Spieß für mich, dann werde ich wieder zurück ins Hotel gebracht.
Am nächsten Morgen werde ich abgeholt. Wir fahren in den Fahrradladen. Eine Schraube von meinem Fahrradständer ist abgebrochen. Karim repariert das Problem. Freue mich darüber.
Die Weiterfahrt erfolgt auf einer Nebenstraße ohne Seitenstreifen. Muss jetzt den Gegenverkehr und Rückspiegel im Auge haben. Morgens ist der Wind ruhig, zum Mittag hin frischt er auf. An diesem Tag fahre ich nur 65 km, dann verlade ich mein Rad auf einen Bus und lege in diesem weitere 75 km zurück – gegen den Wind und über einen 2200 m Pass. Im nächsten Ort ist für meine Bequemlichkeit gesorgt, es gibt ein Hotel. Sonst hätte ich irgendwo mein Zelt aufschlagen müssen.
Im Iran darf ich sechs oder acht Wochen bleiben mit einer Visaverlängerung. Zu bewältigen ist eine Strecke von ca. 3000 km. Da muss ich öfters auf die öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen.
Nach meiner Ankunft in Tekab fahre ich mit einem Taxi zu der 40 km entfernten und auf 2200 m Höhe liegenden Ausgrabungsstätte „Takt-e Süleyman“, UNESCO Weltkulturerbe.
Hier stehen die Ruinen eines Feuertempel aus der Sassanidenzeit. Im Zentrum liegt ein artesischer Quellsee, das Ganze ist mit einem dicken Mauerring umgeben.
Obwohl nur noch die Grundmauern der alten Tempelanlagen vorhanden sind, wirkt diese Platz kraftvoll. Die Perser gründeten an diesem Ort eine ihrer drei wichtigen Kultstätten. Die vier Elemente waren vorhanden, Wasser, Erde, Luft (Wind) und (das ewige) Feuer, hergeleitet aus natürlichem vulkanischen Gas.
Nach der Besichtigung besteige ich einen nahegelegenen Bergkegel. Er ist entstanden aus einer kalkhaltigen artesischen Quelle – jetzt ohne Wasser, dafür mit einem 85 Meter tiefen konischen Loch.