Thomas Kipp

Gastfreundschaft.

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Mai 142014
 

DSC05207374. Reisetag

12.516 km

 

Bis zum Einschlafen prasselt der Regen aufs Zelt. Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Das Zelt ist bereits trocken und das Zusammenpacken kein Problem.

Täbris ist für einige Zeit die letzte große Stadt, deshalb möchte ich noch einmal Geld tauschen. Aber keine Bank tauscht. Jedes Mal werde ich auf die Straßenhändler des Bazar verwiesen, vor denen alle Reiseführer warnen. Was bleibt mir anderes übrig. Der Kurs ist sogar deutlich besser als an der Grenze.
Ich reihe mich ein in den dichten Verkehrsstrom aus der Stadt hinaus. Die ersten 50 km schiebt mich sogar der Wind ein wenig. Danach ändere ich die Richtung und habe ihn wieder störend von der Seite.

Auf einem kleinen Parkplatz werde ich von einem Autofahrer begrüßt und auf Englisch angesprochen. Wir unterhalten uns ein wenig. Danach werde ich eingeladen, im 45 km entfernten Ort bei ihm und seiner Familie zu übernachten. Für mich ist es sehr willkommen. Mit 100 km ist dann mein Tagessoll erfüllt und ein anderer Schlafplatz wäre ungewiss. Beim Erreichen des Ortes rufe ich Habib an. Er holt mich an der Straße ab und wir fahren zu einem Bungalow, in dem er mit seinen Eltern und einer Schwester wohnt. Seine Frau ist ebenfalls anwesend. Sie werden aber erst in einem Jahr zusammen wohnen können. Bis dahin hat er eine eigene Wohnung organisiert. Für die Ausstattung der Wohnung (Möbel, Kühlschrank u.a.) sind die Brauteltern zuständig. Seine Eltern hatten den Kontakt zur Frau vermittelt. Beide haben sich im Haus der Frau getroffen und sich sympathisch gefunden. So sind sie zusammen gekommen.

Am späten Nachmittag besuchen wir (mit dem Auto) den naheliegenden Orumiyeh See, Irans größtes Binnengewässer. Wie das Tote Meer ist dieser extrem salzig. Von Jahr zu Jahr sinkt der Wasserpegel, da immer mehr Staudämme für die Bewässerung und Trinkwasserversorgung dem See das Wasser rauben. Vor acht Jahren konnte man hier noch baden. Jetzt sieht man nur weit in der Ferne das Glänzen des Wasserspiegels.

Die Räume in meiner nächtlichen Bleibe sind mit Teppichen ausgelegt. Das Abendessen wird gemeinsam sitzend auf dem Boden um ein „Tischtuch“ herum eingenommen. Ich esse u.a. ein Hühnerbein.
Es ist bereits spät. Habib fährt seine Frau nach Hause. Ich bekomme meine Matte und Decken zugewiesen. Draußen gewittert und regnet es die ganze Nacht, völlig normal, es ist Regenzeit.
Das Frühstück, dünnes Fladenbrot, Spiegelei und Käse, dazu Tee, nehmen nur Habib und ich ein. Danach geht’s wieder auf die Straße. Es ist ein schöner und interessanter Aufenthalt gewesen.

Das Radeln an diesem Tag ist leicht und einfach mit etwas Rückenwind. Zwei kräftige Gewitterschauer überstehe ich in einem Unterstand. In der Stadt Miandoab suche ich mir ein Hotel. Möchte ein wenig Ruhe haben. Kaum bin ich angekommen, klingelt mein Handy und Karim von „Warm-Shower“ ruft an. Meine Telefonnummer kreist. Er möchte sich mit mir treffen. Ich dachte kurz für einen Tee, daraus ist ein ganzer Nachmittag geworden. Er hat zusammen mit Ahad einen Fahrradladen, Karim außerdem noch eine Werkstatt zur Reparatur von Autokühler. Ich saß etwas viel rum bei sehr freundlichen Menschen. Der späte Nachmittag/Abend endet mit einem Kebab-Spieß für mich, dann werde ich wieder zurück ins Hotel gebracht.

Am nächsten Morgen werde ich abgeholt. Wir fahren in den Fahrradladen. Eine Schraube von meinem Fahrradständer ist abgebrochen. Karim repariert das Problem. Freue mich darüber.

Die Weiterfahrt erfolgt auf einer Nebenstraße ohne Seitenstreifen. Muss jetzt den Gegenverkehr und Rückspiegel im Auge haben. Morgens ist der Wind ruhig, zum Mittag hin frischt er auf. An diesem Tag fahre ich nur 65 km, dann verlade ich mein Rad auf einen Bus und lege in diesem weitere 75 km zurück – gegen den Wind und über einen 2200 m Pass. Im nächsten Ort ist für meine Bequemlichkeit gesorgt, es gibt ein Hotel. Sonst hätte ich irgendwo mein Zelt aufschlagen müssen.

Im Iran darf ich sechs oder acht Wochen bleiben mit einer Visaverlängerung. Zu bewältigen ist eine Strecke von ca. 3000 km. Da muss ich öfters auf die öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen.

Nach meiner Ankunft in Tekab fahre ich mit einem Taxi zu der 40 km entfernten und auf 2200 m Höhe liegenden Ausgrabungsstätte „Takt-e Süleyman“, UNESCO Weltkulturerbe.
Hier stehen die Ruinen eines Feuertempel aus der Sassanidenzeit. Im Zentrum liegt ein artesischer Quellsee, das Ganze ist mit einem dicken Mauerring umgeben.
Obwohl nur noch die Grundmauern der alten Tempelanlagen vorhanden sind, wirkt diese Platz kraftvoll. Die Perser gründeten an diesem Ort eine ihrer drei wichtigen Kultstätten. Die vier Elemente waren vorhanden, Wasser, Erde, Luft (Wind) und (das ewige) Feuer, hergeleitet aus natürlichem vulkanischen Gas.
Nach der Besichtigung besteige ich einen nahegelegenen Bergkegel. Er ist entstanden aus einer kalkhaltigen artesischen Quelle – jetzt ohne Wasser, dafür mit einem 85 Meter tiefen konischen Loch.

Der Fahrradfahrersammler.

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Mai 112014
 

20140510_103700371. Reisetag

12.281 km

 

Die Türkei war für mich ein Schlemmerland, im Vergleich zu Iran. Kaum Essenslokale, frugales Abendessen und Frühstück. Vegetarisch werde ich nicht über die Runden kommen.

Ich vermisse das geschäftige Leben auf der Straße, auch die Teestuben gehörten dazu. In den kleineren iranischen Städten wird abends der Bürgersteig hochgeklappt.

Der morgendliche windstille Tag beginnt mit einer 30 km Bergfahrt mit mäßiger Steigung. Straße gut, mit kleinem Seitenstreifen, viel Pkw-Verkehr und karges bergiges Umland.
Es ist Freitag, was bei uns dem Sonntag entspricht. Die Familien fahren hinaus zum Picknicken, oft direkt neben der Straße. Ich werde zum Tee eingeladen. Zeige mein Blatt, in dem alles über mich auf Farsi steht. Verwunderung/Unverständnis, weshalb ich das mache. Beim Abschied wird mir Geld angeboten. Mein klares Ablehnen hat zum Glück Erfolg.

Gegen Mittag, oben auf einer Hochebene schlägt wieder der Wind zu, so für eine Stunde. Ein kurzer Regenguss, schluckt in dann wieder – das gefällt mir. Den Berg hinunter in die Stadt Marand kann ich mich rollen lassen. In diesem Ort gibt es kein richtiges Hotel. Im Internet habe ich bereits von Akdar gelesen, er sammelt Fahrradfahrer. Hoffe also dass er auf mich stößt. Klappt nicht direkt. Zwei junge Männer vor einem Laden winken mir zu. Ich halte an und frage nach einer möglichen Unterkunft. Sie telefonieren. Mein Fahrrad wird auf einen Pickup geladen und wir fahren zu einer Art Festhaus. Unten kann gefeiert werden, oben gibt es einige Schlafräume. Ich beziehe mein Zimmer. Kurze Zeit später klopft es und Akdar steht vor der Tür. Ich bin Nummer 350 (in diesem Jahr) in seiner Sammlung. Er zeigt mir Bilder von diversen Radlern. Gibt mir Tipps für Warm-Shower-Unterkünfte in anderen Städten. Radfahrer können dort bei Privatpersonen kostenlos übernachten. Am nächsten Morgen lädt er mich zum Frühstück ein und besorgt mir eine iranische Simkarte.

Die Weiterfahrt beginnt gleich mit einer Bergtour gegen den Wind mit zunehmendem Verkehr. Die letzten 40 km ist es ein Fahren auf einer vielbefahrenen Autobahn mit Seitenstreifen und es gibt viele Lkw-Stinker. Ist also nicht immer ein Vergnügen.

Bei meiner Ankunft in Täbris telefoniere ich mit Hamid, ein Warm-Shower-Gastgeber und früherer Profiradler. Wegen einer Knieverletzung kann er nicht mehr fahren. Er wohnt wegen der schwierigen ökonomischen Situation im Iran wieder bei seinen Eltern und kann Radler dort nicht unterbringen. Wir treffen uns und er zeigt mir mitten in der Stadt in einem kleinen Park einen Platz zum Zelten – nur für Traveller. Dort zelten bereits 4 Radler. Ich treffe Tom wieder, mit dem ich einige Tage in der Türkei unterwegs war.
Anfangs ist mir gar nicht nach Zelten zumute, denn es regnete. Habe meinen Bequemlichkeitsschweinehund beiseite geschoben. Gesellschaft zu haben ist auch schön.

Hamid gibt mir nützliche Erklärungen. In einem Sportcenter in der Nähe kann ich duschen, schwimmen und eine sehr heißer Sauna besuchen. Schlechten WiFi-Empfang habe ich bei einem Hähnchenbrater.
Er fragt mich, ob es in Berlin sehr gefährlich für Ausländer ist. Bei der Gastfreundlichkeit hier ist die Fremdenfeindlichkeit vieler Deutscher schon ein harter Brocken.

Am nächsten Tag fahre ich mit dem Bus zum großen Bazar. Im hinteren Busbereich sitzen die Frauen, vorne die Männer. Die meisten Frauen wickeln sich in ein schwarzes Tuch. Sehr unhandlich, eine Hand ist vom Chador immer gebunden. Wenige, meist die Jüngeren in den Städten, tragen auch nur Kopftuch. Im Bazar sind alle Händler Männer.

Ich verirre mich in den vielen Gängen. Es bewahrheitet sich, der Verirrte läuft im Kreis. Werde immer wieder zum Tee eingeladen und mir werden Süßigkeiten angeboten. Die Menschen sind unvorstellbar freundlich.

In einem Keller werden Messinggefäße galvanisiert und poliert, harte Arbeit bei schlechter Luft.. In kleinen Räumen werden Schuhe hergestellt. Jede Werkstatt ist auf ein Modell spezialisiert.

Am Abend gewittert und regnet es wieder heftig. Der Blog wird nicht mehr beim Hähnchenbrater ins Netz gestellt.

Im Iran.

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Mai 082014
 

DSC04960368. Reisetag

12.138 km

 

Am Vorabend legte ich mir beim dritten Gang zum Friseur in der Türkei einen sommerlichen Kurzhaarschnitt zu. Mal schauen ob er gegen die spürbar aufkommende Wärme hilft.

Nach der morgendlichen Abfahrt verschwindet der Berg Arafat mit seiner Wolkenhaube langsam hinter mir. Ich durchfahre ein breites flaches Tal. Leider hat es der Wind auf mich abgesehen, er bläst aus Osten und das wird sich laut Vorhersage in den nächsten zwei Wochen nicht ändern. Unschön.

Nach 30 km erreiche ich die Grenze. Die türkischen Beamten waren irritiert wegen meinen zwei Pässe. Einer mit dem türkischen Einreisestempel, der andere mit dem Iranvisa. Letzteren musste ich ihnen zeigen wegen des Visastempels. Ein telefonisch herbeigerufener Vorgesetzter klärte die Situation. Auf der iranischen Seite erhalte ich schnell meinen Stempel. Andrang gab es auf beiden Seiten nicht.

Nach dem Geldtausch bin ich mehrfacher Millionär. Für einen Euro bekomme ich 35.000 Rial. Besitze jetzt Bündel von Geldscheinen. Etwas unhandlich.
Die Uhr stelle ich 1,5 h vor auf iranische Zeit. Morgens werde ich den Zeitunterschied wohl spüren. Ich möchte früh aufstehen, über Tag wird es bereits warm.

Auf der iranischen Seite stauen sich kilometerlang die Lastwagen. Würde mich interessieren, was so alles trotz Sanktionen exportiert wird. Die Wareneinfuhr in die Türkei scheint aufwändig zu sein. Die armen Lkw-Fahrer, sie verbringen wohl Tage hier.

Das Verkehrsaufkommen ist sprunghaft gestiegen, meist alte Franzosen und neue Asiaten sind unterwegs.
Ich fahre durch ein breites Tal bergab. Schon bald erfolgt eine Teeeinladung, die ich dankend annehme. Teestuben, in denen sich die Männer sammeln, gibt es nicht mehr. Der Rosenkranz in der Hand wird noch bewegt.

In 25 km Entfernung von der Grenze, in der Stadt Maku, suche ich bereits ein Hotel auf. Die nächste Unterkunft wäre 140 km entfernt. Sogar der Internetanschluss klappt, auch wenn er sehr langsam ist. Es ist warm. Nach dem Duschen mache ich erst einmal ein Schläfchen. Danach verspeise ich eine ganze saftige Honigmelone. Allzu viel anzuschauen gibt es im Ort nicht.

Die Stellung der Frauen ist eine andere als in der Türkei, auch wenn sie immer Kopftuch tragen und häufig einen schwarzen Umhang. Im Hotel an der Rezeption werden mir viele Fragen gestellt. Auf der Straße grüßen Schülerinnen und fragen das Übliche: Woher, wie heißt du. Ich werde von ihnen angesprochen und fotografiert. Selbst ein Begrüßungshupen, welches ich überhaupt nicht mag, erfolgt von einem Auto voller Frauen.

Am nächsten Tag geht es fasst nur abwärts. Anfangs durch das schmale Tal von Maku, dann durch eine Ebene Richtung Grenze zu Armenien. Weite Flächen liegen unter einer Lavaschicht, auf der nur die Schafe grasen.
Auf einer kleinen Straße fahre ich entlang des Grenzflusses Aras nach Jolfa. Ab und zu marschieren Soldaten auf der Straße. Es gibt mehrere Kontrollposten. Ich weiß nicht wie das Verhältnis zu den Nachbarn auf der anderen Seite des Flusses ist.
Die letzten 40 km führt die Straße durch eine schmale Schlucht mit mächtigen, steil aufragenden roten Felsen.

Einen steilen Abstecher mache ich zum orthodoxen Kloster St. Stephanus, ein Weltkulturerbe.
Kloster und Kirche sind heute noch ein wichtiger Wallfahrtsort für die Christlichen Armenier, vor allem aber ein Ausflugsziel der Iraner.

Die 110 km Fahrt an diesem Tag ist kein Zuckerschlecken, obwohl landschaftlich sehr schön. Der steife Südost raubt mir die Leichtigkeit des Fahrradfahrens. Musste ganz schön Druck auf die Pedale geben. Habe mich sogar weitere 30 km von einem Pickup mitnehmen lassen.

Etwas ermüdet erreiche ich am späten Nachmittag ein Hotel in Jolfa.

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Bye-bye Türkiye.

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Mai 062014
 

DSC04906366. Reisetag

11.972 km

 

Am nächsten Vormittag beim iranischen Konsulat klappt alles hervorragend. Binnen 2,5 h erhalte ich das Visum. Den dazu notwendigen „Letter of Invitation“ hatte ich bereits einen Monat vorher per Internet beantragt und genehmigt bekommen. Dieser wurde ans Konsulat weitergeleitet. Ich erreiche sogar noch den bereits in Van gebuchten Mittagsbus zurück.

Die Rückfahrt ist lang und ermüdend. Landwirtschaftlich genutzte Täler, karge baumlose Hügellandschaften und poröser Felsen vulkanischen Ursprungs wechseln sich ab. Dazu ein fortwährend telefonierender Busfahrer. Bei Langstreckenbusfahrten sitzen Frauen nicht neben Männer, sofern sie nicht zusammengehören.

In Van bleibe ich die nächsten zwei Tage. Schone mich ein wenig um endlich meinen nachtaktiven schlafraubenden Husten loszuwerden.
Schlendere ein wenig durch die Stadt und besuche die am See liegende mächtige Burg. Auf dem Rückweg hält neben mir ein Auto und ein deutschsprechender Kurde nimmt mich mit zurück in die Stadt. Er war sechs Jahre in Deutschland, musste dann aber das Land verlassen. Sein Familienclan betreibt in der Innenstadt einen „Kadayifci“, das ist ein cafè-ähnliches Restaurant, in dem die honigsüßen Teilchen angeboten werden. Ich erhalte dort einen Tee und türkischen Kaffee sowie eine Portion Süßes. Der türkische Tee wird mit Löffel zum Umrühren des Zuckers gereicht. Beim kurdischen Teetrinken (gleicher Tee) wird der Würfelzucker in den Mund genommen und der Tee nachgekippt.

Am Montag fahre ich über kleine und große baumlose Hügel entlang des Van-Sees. Nach 70 km verlasse ich diesen großen See endgültig. Ich biege in ein Tal ein, welches mich in die Höhe führen wird. Laut mehreren Berichten im Internet führt die vor mir liegende Strecke durch Dörfer mit Steine werfenden aggressiven Kindern. Einen erreichbaren Übernachtungsort gibt es wohl auch nicht.

Um beide Schwierigkeiten auszuschließen möchte ich die nächsten 100 km in einem Dolmus (Sammeltaxi) zurücklegen. Leider fährt das Dolmus nicht die gesamte Strecke sondern nur in den 30 km entfernten Ort. Eine Weiterfahrt ist leider nicht möglich. Der diesmal große Bus nimmt mein Fahrrad nicht mit. Ich finde im Ort ein sehr schäbiges „Grand“-Hotel ohne warmes Wasser für Nacht. Am nächsten Morgen beim Teetrinken auf der Straße erfahre ich, dass um 8 Uhr ein Dolmus nach Dogubeyazit fährt. Der letzte größere Ort vor dem iranischen Grenzübergang. Mein Rad kommt aufs Dach, Gepäck vor die Füße und nach hinten. Bei der Abfahrt verabschieden sich die jungen Männer von ihrem Vater gebeugt und mit Handkuss. Die Familie ist wichtig, die Jüngeren brechen (noch) nicht aus.

Die karge vulkanisch geprägte Gebirgslandschaft, die wir durchfahren, gefällt mir sehr. Dafür hätte ich gerne den 2600 m hohen Pass in Kauf genommen. Trotzdem ist es für mich beruhigender im Auto zu sitzen. Einmal genügt, wenn Steine an mir vorbeifliegen.
Bedrohlich sind die vielen Militäranlagen, die auf den Bergen installiert sind.

Bei der Ankunft in Dogubeyazit zeigt sich der biblische Berg Ararat (5137 Meter) leicht im Dunst. Erhaben ragt er mit seiner Schneekuppe hoch in den Himmel.

Am Nachmittag fahre ich mit einem Taxi zum osmanischen Izak Pascha Palast aus dem 17. Jh., der auf einer Anhöhe etwas außerhalb der Stadt liegt. Von hier aus kontrollierten die Herrscher die Region Ost-Anatoliens.

Am nächsten Morgen werde ich die Türkei verlassen. Fast ein halbes Jahr und 4000 km bin ich durch das Land gefahren. Habe die kalte Jahreszeit bei gemäßigten Temperaturen an der touristenfreien und geschichtsreichen Mittelmeerküste langsam vorankommend verbracht.

Unzählige Male werde ich zum Tee eingeladen und oft in Deutsch angesprochen. Wenn es um Deutschland geht steht bei jüngeren Leuten die Kenntnis über Fußball an erster Stelle. Kann da leider nicht mithalten.
Die türkische Gesellschaft ist eine Männergesellschaft. In den Teestuben plaudern und spielen sie beim Cay. Ich habe nie eine Frau dort sitzen gesehen. In Restaurants, im Verkauf (selbst von Damenunterwäsche) sind fast ausschließlich Männer tätig.
Das Handy ist dauernd im Einsatz. Jedes Gespräch wird durch ein Klingeln direkt unterbrochen. Selbst beim Bezahlen an der Kasse stockt alles beim ersten Ton.

Erstaunt hat mich der gute Zustand bzw. die rege Bautätigkeit am Straßennetz. Die Überlandstraßen sind bzw. werden autobahnmäßig ausgebaut mit breitem Randstreifen. Die Verkehrsdichte ist meist mäßig. Auch in den Städten herrscht rege Bautätigkeit.
Da könnte man denken, die Wirtschaft boomt. Ich kann es nicht beurteilen. Industrieansiedlungen sah ich nicht übermäßig viele und diese nur in den Zentren.

Bis auf einen Zwischenfall mit Steine werfenden Jugendlichen habe ich nur gute Erfahrungen gemacht, hilfsbereite interessierte und ausgesprochen gastfreundliche Menschen getroffen. Es waren ausnahmslos Männer, junge und alte, mit denen ich in Kontakt kam. Ich fühlte mich wohl und sicher in diesem abwechslungsreichen Land.

Morgen fahre ich in den Iran. Voller Spannung erwarte ich dieses unbekannte Land.