392. Reisetag
350 km Bus
Mein nächstes Ziel ist die alte Stadt Yazd am Rande der Kavir-Wüste. Die Fahrt dorthin durch eine aride/semiaride Steppe lege ich mit dem Bus zurück. Die Entscheidung ist nach dem Blick aus dem Busfenster vernünftig gewesen. In wenigen Senken stehen Bäume, ansonsten durchfahre ich eine sehr spärlich bewachsene buschlose Ebene mit wenigen kleinen Orten. Nicht einmal Schaf- und Ziegenherden sind unterwegs.
Im Bus wird es zusehends heißer. Bei meiner Ankunft in Yazd steht das Thermometer kurz vor 40 Grad. Im Gegensatz zur äußerst trockenen Umgebung kann die etwa 1200 m hoch gelegene Stadt und ihr Umland und durch ein ausgedehntes System von Qanaten (unterirdische Kanäle) aus dem nördlichen Shir-Kuh-Gebirgsmassiv mit Wasser versorgt werden.
In der historischen Altstadt von Yazd stehen fast ausschließlich Lehmhäuser in engen Gassen mit teils überdachten Gängen und Kuppeln. Die Häuser sind umgeben von hohen Mauern, hinter die man selten schauen kann. Etliche dieser Bauten sind in sich zusammengesunken.
Auffallend sind die zahlreichen Windtürme, die in den Himmel ragen. Der warme Wind streicht über/durchs Wasser. Durch Verdunstung entsteht ein kühler Hauch. Sie sind eine Art Kühlschrank. Hineinschauen kann ich leider nirgends. Kuppeln auf Bodenhöhe mit Windtürmen weisen auf Zugänge zu den Qanaten in ca. 10 m Tiefe hin.
Das Wahrzeichen von Yazd ist das hochaufstrebende Eingangsportal mit Doppelminarett der Freitagsmoschee aus dem 14. Jh. inmitten der Altstadt. Vor einigen Moscheen stehen schwere Holzgestelle, der Naql. Diese werden anlässlich der Trauerprozession für Imam Hossein (am zehnten Tag des Muharram, des ersten Monats des religiösen Jahres) geschmückt und von vielen Männern getragen. Damit wollen sie das Martyrium des Hossein „nachleiden“ und nachträglich büßen. Es ist der bedeutendste religiöse Feiertag im Iran.
In der großen Moschee sitzt am Donnerstagabend auf dem Stuhl in der Mitte der Imam und erzählt/predigt ins Mikrophon. Am Rand der großen nach einer Seite hin offenen Halle sitzen die Männer. Sie unterhalten sich meist untereinander. Ich setzte mich dazu um die Stimmung einzufangen. Bekomme wie alle ein Tee und eine Art Maffin angeboten. Draußen vor der Halle sitzen die Frauen in Schwarz auf einer Plattform. Auch ihnen wird etwas angeboten. Mir scheint, es ist eher ein geselliger Treff. Richtig zuhören, was vorne der Imam erzählt, scheint kaum einer.
Zum Ausruhen setzte ich mich mittags am Freitag, dem wöchentlichen Feiertag, wieder in die Moschee. Der Muezzin ruft aus scheppernden Lautsprechern. So nach und nach kommen einige Männer. Jeder betet für sich, nicht gemeinsam. Einen Imam gibt es nicht. Die Frauen sitzen hinter einem Vorhang. Viele tragen über ihren schwarzen Umhang zum Beten noch einen weißen. Gehen damit aber nicht nach draußen. Kinder laufen zwischendurch herum, das stört keinen. Wenn das Handy klingelt wird das Gebet unterbrochen.
Es läuft alles recht locker ab, nicht so geregelt wie in der Türkei.
Am nächsten Vormittag besuche ich einen Feuertempel der Zarathustrier. In ihm wird die heilige Flamme gehütet, die als Symbol der Gottheit gilt. Über dem Eingang des Tempels ist das Zeichen des Faravahar, im zoroastrischen Glauben ein Symbol des Geistes. Faravahar, zeigt gegensätzlich wirkende Kräfte, die von vielen so verstanden werden, dass Gott mit dem Bösen ständig im Kampf liegt. Das Symbol ist allgegenwärtig im Iran und wird gerne als Amulet getragen. Der zoroastrische Glaube ist die älteste monotheistische noch lebendige Religion der Menschheit.
Es gibt viele Reisende in diesem Ort. Das schlägt sich auf eine gute Qualität der Unterkünfte nieder. Mein Übernachtungshotel „Silk Road“ ist ein traditionelles Lehmhaus mit großen Innenhof, um den Zimmer gruppiert sind. Ich treffe viele Reisende. Zwei deutsche Pärchen sind jeweils mit dem VW-Bus unterwegs, zwei Schweizer mit dem Fahrrad. Da es über Tag sehr heiß wird, zieht sich das Zusammensitzen beim Frühstück mit Unterhaltung schon mal bis zum Abend hin.
Am Sonntag gehe ich zum Immigrationsoffice, um eine Aufenthaltsverlängerung zu beantragen, da in fünf Tagen mein Visa ausläuft. Der Beamte ist interessiert an meiner Fahrradtour. So hoffe ich, dass eine 30-tägige Verlängerung genehmigt wird. Soll den Pass in zwei Tagen abholen.