Thomas Kipp

Persepolis – Stadt der Perser.

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Jun 092014
 

DSC06305400. Reisetag

13.376 km

 

Die Griechen nannten sie so, Persepolis war das Zentrum der Macht des ersten großen Perserreiches der Achaemeniden, schon im 6. Jahrhundert v. Chr. von Kyros dem Großen gegründet. Er und seine Nachfolger Darius und Xerxes machten Persien zu einem der größten Reiche überhaupt in dieser Zeit. Vom Indus bis nach Äthiopien, von Zentralasien bis in die heutige Türkei. Nur die Griechen waren nicht zu bezwingen.

Die frühere Residenz im 50 km entfernten Pasargada wurde verlegt. Auf einer großen Terrasse an einem Berghang sind die Gebäude von Persepolis errichtet worden. Nach 200-jährigem Bestand wurden diese 330 v. Chr. von den Truppen Alexander des Großen in Brand gesteckt. Die Zerstörung Persepolis’ wird als Rache für die Zerstörung der athenischen Akropolis während der Perserkriege 480/79 vor Chr. gedeutet. Nach diesem Brand und dem Weiterzug Alexanders nach Zentralasien und Indien verfiel Persepolis.

Der letzte Schah des Iran, Reza Pahlavi, ließ Teile von Persepolis zur  2500-Jahresfeier der Iranischen Monarchie 1972 mit großem Aufwand restaurieren. 1979 erfolgte die Ernennung der Ruinen von Persepolis zum Unesco-Weltkulturerbe. 

Am Morgen stehe ich nun vor diesem Ort und betrete das Areal durch den prächtigen Haupteingang, dem „Tor aller Länder“. Es wird von zwei riesigen steinernen Stierfiguren mit Menschenköpfen bewacht.
Bei meinem Rundgang bewundere ich die vielen gut erhaltenen Reliefs an Aufgängen und Torbögen auf. Es sind Bildergeschichten, die das damalige Leben am Hof wiedergebe.
Die Darstellung eines Löwen (Sommer), der einen Stier (Winter) schlägt ist ein Symbol, das auf das Neue Jahr (Nawrooz), die Tag- und Nachtgleiche im Frühjahr verweist. Das Licht siegt über die Dunkelheit, ebenso wie der Löwe über den Stier.
Eine ausführliche Beschreibung der Gebäude lasse ich aus. Kann jeder selber nachschlagen. Der Weg auf dem Gelände ist streng reglementiert. Wegen Absperrungen ist vieles nur von Weitem oder gar nicht zu betrachten, dass ist schade. Ich denke an die Türkei, dort konnte ich in den Ausgrabungsgeländen zwischen den alten Mauern und Säulen herumlaufen.
Mein Abschlussgang geht den Berg hinauf zu zwei Felsengräbern am Hang. Auch diese können wegen Sperrungen nur von Außen betrachtet werden. Von der Höhe habe ich einen guten Ausblick über die Terrasse von Persepolis.

Es ist mittlerweile Nachmittag und wegen der Hitze Siestazeit. Die Weiterfahrt nach Shiraz verschiebe ich auf den nächsten Morgen.

Früh um 7.30 Uhr reihe ich mich in den starken Verkehr ein. Habe zwar meine Standspur auf der je dreispurigen Fahrbahn, trotzdem stört er an diesem Tag. Besonders an zwei Steigungen, wenn die stinkenden Lastwagen sehr langsam an mir vorbeifahren.

Anfang des persischen Weltreiches.

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Jun 072014
 

DSC06251398. Reisetag

13.312 km

 

Der Sturm der Nacht hat sich gelegt. Habe gut geschlafen und genieße mein Frühstück in der Natur. Ich fahre noch eine Weile durch das Feldertal mit den vielen Pumpstationen. Dann geht es in die Höhe. Der Asphalt hört auf. Ein 30 km langer holperiger Schotterweg führt mich durch eine bergige karge Landschaft. Bei einer steilen Abfahrt rutscht das Vorderrad im Schotter zur Seite. Den langsamen Fall überstehe ich ohne Schrammen.
Selten sehe ich eine Schaft/Ziegenherde. Noch seltener kommt mir ein Fahrzeug entgegen. Trotz des ständigen Auf und Ab genieße ich die Landschaft und die für iranische Verhältnisse seltene Einsamkeit.

Die Berglandschaft läuft in ein breites Tal aus. Der Weg ist wieder asphaltiert. Ich erreiche den historischen Ort Pasargad. In einer Höhe von fast 1900 m gelegen und eingerahmt von Bergketten, ist dies einer der geschichtsträchtigsten Orte auf dem gesamten iranischen Hochland. Die iranischen Stämme sind in dieser Gegend nach jahrhundertelanger Wanderschaft sesshaft geworden und hatten unter ihrem ersten Herrscher Achämenes (700–675 v. Chr.) ein kleines Königreich begründet. Etwas später, unter Kyros dem Großen (559–530 v. Chr.) nahm das persische Weltreich von hier seinen Ausgang.

Am frühen Nachmittag ist es verdammt heiß. Bevor ich mit der Besichtigung anfange ruhe ich mich auf einer Bank im Schatten aus. An einem Nachbartisch sitzt eine iranische Familie beim Picknick. Wir unterhalten uns ein wenig. Ich bekomme ein Mittagsgericht angeboten. Reis mit Spinat, Kräuter und kleinen Hackfleischbällchen, dazu ein Schälchen mit Jogurt. Es ist mein bisher bestes Gericht im Iran. Die Nachmittagshitze warte ich lange dösend auf der Bank ab.

Viel zu sehen gibt es in der weitläufigen Anlage nicht. Das Prunkstück ist die auf einem sechsstufigen Aufbau stehende Grabkammer von Kyros dem Großen. Die Todeszeugen haben die 2,5 Tsd. Jahre am Beständigsten überdauert. Ein paar Säulen ragen in die Höhe, ein restauriertes Portal steht einsam in der Landschaft, das ist es bereits.

Meine Unterkunft muss ich mir an diesem Tag im Freien suchen. Der Wind weht ungünstig und es ist gegen Abend noch sehr warm. Ich fahre nicht weiter. Etwas abseits, an einem Nebenweg unter Bäumen schlage ich mein Zelt auf. Lange Zeit sehe ich keine Menschen, dann kommen die ersten jugendlichen Mopedfahrer vorbei. Sie bleiben stehen und schauen einfach. Ich schaue zurück, bis sie sich wieder entfernen. Ein Mann kommt zu mir und begrüßt mich. Mit dem Beginn der Dunkelheit ziehe ich mich ins Zelt zurück. Nach einer Stunde strahlen die Scheinwerfer eines Autos gegen das Zelt. Polizei. Ich soll mein Zelt abbauen. Alles wird aufs Auto verladen und wir fahren zur Wache. Der freundliche Mann hat mich bei der Polizei verpetzt, denn er kam gleichzeitig mit seinem Moped an. Auf der Wache werden erstmals von den Polizisten Handyfotos mit mir und ihnen gemacht. Viel anfangen können sie mit mir nicht. Zelten ist nicht verboten, eine andere Unterkunft gibt es nicht. Abseits zu schlafen ist gefährlich, ist das einzige was ich verstanden habe. Nur gefährlich vor was ist nicht herauszubekommen. Ich werde wieder auf das Auto verfrachtet und zu einem ungefährlichen Platz gefahren. In die bewachte Anlage von Pasargad. Auf einer kleinen Rasenfläche baue ich mein Nachtlager wieder auf. Hatte bereits bei meinem Besuch dort gedacht, dass wäre ein guter Schlafplatz mit Wasser und WC in der Nähe. Nur hätte ich vorher keine Erlaubnis erhalten.

Die Weiterfahrt erfolgt am nächsten Tag nach Persepolis auf der Hauptstraße mit breitem Seitenstreifen. Der vermehrte Verkehr stört wenig, komme gut voran. Wahrscheinlich weht ein unbemerkter Rückenwind. Zur Mittagszeit ist der himmlische Heizstrahler bereits  oberhalb Stufe 3,5 (35 Grad), das stört ein wenig.

Mit einem Hotel habe ich nicht gerechnet, aber es gibt eins. So zelte ich nicht neben dem großen Parkplatz. Fahrradreisende berichteten von dieser Möglichkeit.

Persepolis werde ich erst am nächsten Morgen besuchen. Die Temperaturen sind angenehmer und die Besuchermengen noch nicht angekommen.

Auf Nebenstraßen.

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Jun 052014
 

396. Reisetag
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396. Reisetag
396. Reisetag

13.148 km, 200 km Bus

 

Das Datum meines Abfahrttages: 1393/3/14. Der 14. Tag des 3. Monats des Jahres 1393. So wird auch z.B. die Haltbarkeit auf dem Jogurt angegeben.
Unterwegs habe ich viele Fototermine. Ein Auto hält an. Ich werde zusammen mit einem jungen Mann von zwei schönen jungen Frauen fotografiert. Danach möchte ich ein Foto von den beiden machen. Es geht nicht, weil der Mann es nicht will. Er ist mit einer verlobt/verheiratet. Vieles wird in diesem Lande unverständlich für mich bleiben.

Zwei Wochen habe ich nicht mehr auf dem Fahrrad gesessen. Freue mich auf die Weiterfahrt. Die ersten 200 km durch die Halbwüste lege ich mit dem Bus zurück. Bei der Fahrt zum 10 km außerhalb des Zentrums liegendem Busterminal bin ich erstaunt über den geringen Verkehr. Etwas später höre ich, dass an diesem Tag Khomenis Todestag ist, ein Feiertag. Am übernächsten Tag wäre Freitag, damit ist der Brückentag Donnerstag auch frei. Fast alle Läden sind geschlossen, auf dem Bau und in kleinen Handwerksbetrieben am Straßenrand wird gearbeitet.

Im Bus gibt es mehr Passagiere als Sitzplätze. Ich erhalte den Platz vorne, direkt neben dem Fahrer. Kann wunderbar hinausschauen, bekomme aber auch die Schrecken des Verkehrs mit. Das meternahe Auffahren ist das Unangenehmste.

In vielen Orten stehen auf dem Mittelstreifen Bildtafeln von den Gefallenen des grausamen Krieges Irak-Iran.

Der Bus fährt auf der Hauptstraße nach Shiraz. Ich steige mittags aus und nehme eine Nebenstraße dorthin. Es sind ca. 360 km. Es fühlt sich gut an wieder auf dem Fahrrad zu sitzen, anfangs. Mein ständiger Widersacher ist bereits da und er bläst zusehends kräftiger. Meine Geschwindigkeit reduziert sich teilweise auf Fußgängertempo. Im Ort Eqlid, nach nur 20 km, gebe ich das Weiterfahren auf und hoffe auf bessere Wetterbedingungen am nächsten Morgen. Habe Glück, im Ort gibt es ein einfaches Hotel. Draußen höre ich den Wind heulen.
Die Verständigung wird schwieriger. Englisch spricht kaum einer. Ich habe nicht herausbekommen ob und wann es am nächsten Tag Frühstück gibt. Die Bestellung des Abendessens mit meinem Gerichtezettel ist nicht einfach, da die Gerichte in lateinischer Schrift und nicht auf persisch angegeben sind. Beim Vorlesen wird meine Betonung kaum verstanden. Klappt aber trotzdem. Ich erhalte Reis mit Spinat-Bohnenmischung und ein paar Brocken Fleisch darin. Frühstück erhalte ich am nächsten Morgen nicht. Der Rezeptionist, der hinter dem Desk auch schläft, gibt mir von seinem dünnen Fladenbrot zusammen mit dem üblichen weißen Cremkäse etwas ab.

Es ist fast Windstill, und das ist gut. Fahre kontinuierlich in die Höhe. Auf meiner Karte ist ein Pass von 2750 m Höhe eingetragen. Habe das Glück 200 m tiefer durch einen neuen Tunnel fahren zu können und spare damit eine steile Auffahrt. Durchfahre nach der Abfahrt ein weizengrünes Tal. Überall höre ich das tuckern der Motorpumpen zur Bewässerung. Es gibt sehr viele davon. Wie lange das Grundwasser da wohl mithält. Dazwischen und in der Höhe liegen weite trockene Flächen, auf denen die Schafe und Ziegen weiden. Am späten Nachmittag, nach dem Überqueren einer weiteren trockenen Hügelkette, schaue ich mich nach einem etwas geschützten Schlafplatz um. Es ist nicht einfach in dieser Felderlandschaft. Überall wo Bäume oder Büsche stehen ist eine laute Pumpstation. An einem Pumphäuschen mit leisem elektrischen Antrieb unter zwei Bäumen schlage ich mein Zelt auf. Anfangs bin ich alleine, dann kommt ein Arbeiter von irgendwo her. Er wohnt im Pumphäuschen. Anschließend fährt ein Traktor vor, ein Auto und ein Moped. Alle fahren hinein in den kleinen Feldweg. Obwohl ich ohne zu fragen hier mein Lager aufgeschlagen habe, werde ich mit Freuden begrüßt. Sie verlassen nach einer Besprechung wieder das Pumphäuschen. Ich bin alleine und bereite mir mein Abendessen, Bulgur mit Zwiebeln, vor. Schaue in die Abenddämmerung. Es ist eine friedliche beruhigende Stimmung. Die spätere Einladung zu Wurst und Zwiebeln vom Arbeiter, er ist Afghane, lehne ich dankend ab. Habe das Gefühl, er ist ein wenig sauer darüber.

Verziehe mich mit der Dunkelheit ins Zelt. Ein stürmischer Wind kommt auf.

In der Wüste.

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Jun 032014
 

DSC06014394. Reisetag

 

Ich buche einen Ausflug in die Wüste. Zusammen mit Alex aus Argentinien setzt man uns in ein Taxi. Vorne auf dem Armaturenbrett steht das zoroastrischen Symbol des Faravahar. Von seiner Religion her, erklärt der Fahrer, sei er ein Moslem. Er fühlt sich damit nicht sehr verbunden. Ein Buddhist zu sein, käme seinen Vorstellungen am nächsten, das geht im Iran aber nicht. Er ist interessant gesprächig. Erzählt von seinem Zuhause. Der Vater ist das absolute Familienoberhaupt. Was er sagt, ist auch für den 35-jährigen verheirateten Sohn verbindlich. Als er mein Alter erfährt, hätte er mich gerne als Vater gehabt.

Wir durchfahren eine extrem trockene ebene Landschaft, aus der steile Berge in die Höhe ragen. An dieser Straße, früher die einzige Verkehrsverbindung durch die Große Kavir-Wüste, liegt der kleine Ort Kharanaq mit zahlreichen Lehmbauten. Es sind keine Einzelhäuser, sondern größere Lehm-Komplexe. Manche Ecken sind restauriert, andere zerfallen. Dazwischen gibt es neuere aber bereits wieder verlassene Räumlichkeiten. Ein merkwürdiges Durcheinander.
Die restaurierte Karawanserei hat einem großen Innenhof mit zahlreichen Räumen rundherum.
Am Ortsrand sind einige grüne Felder dahinter die kahlen Berge. Das Wasser wird durch die Qanaten (unterirdische Kanäle) weither aus den Bergregionen hergeleitet. Ab und zu sehen wir in der trockenen Landschaft die Kuppeln einzelner Wasserstellen, oft verbunden mit einem Windturm.

Viele Wüstenkilometer weiter besuchen wir Chakchak, einen heiligen Ort der Zarathustrier. Der Feuertempel liegt am Hang in einer Felshöhle. Seinen Namen hat er vom Geräusch des Wassers, das regelmäßig aus einem Fels tropft. Diese Quelle und ein heiliger Baum werden verehrt. Anlässlich des Sommeranfangs versammeln sich hier Tausende Gläubige zu einer Zeremonie.

Der letzte Abstecher führt uns in die alte Stadt Meybod an der südlichen Seidenstraße. Auf einem Hügel inmitten der Stadt steht die vollständig aus Lehmziegeln erbaute Festung Qaleh Narin. Früher lag sie an einer wichtigen Karawanenroute. Es gab gleich in der Nähe einen „shahabbasi“ eine Art Servicecenter mit Karawanserei, ähnlich der in Kharanaq, einen Eiskeller mit großer Kuppel über dem Becken zur Kühlung von Lebensmitteln und eine Poststelle.
Beim Verlassen der Stadt schauen wir in einen gut renovierten taubenlosen Taubenturm hinein mit Tausenden von Nistplätze. Er diente zur Lieferung von Dünger für die Landwirtschaft.

Am nächsten Morgen hole ich meinen Pass ab. Habe eine Aufenthaltsverlängerung – wie gewünscht – über 30 Tage bekommen.
Ich fahre mit dem Taxi weiter an den Rand der Stadt zu den Türmen des Schweigens, die Begräbnistürme der Zarathustrier. Hier wurden die Toten, nachdem sie zuvor in den Gebäuden am Fuße der Hügel für den Übergang in die andere Welt vorbereitet wurden, aufgebahrt und den Geiern überlassen. Die Zarathustrier glauben, dass Leichen die Erde, eines der vier heiligen Elemente, verunreinigen. Dieser Brauch wurde in der Shah-Zeit verboten. Die Toten werden jetzt in Gräbern mit Zementplatten beerdigt.

Der Taxifahrer überredet mich eine weitere Sehenswürdigkeit zu besuchen. Nachdem wir uns über den Preis geeinigt haben fahren wir etwas außerhalb der Stadt zu eine der ältesten Moschee Irans aus dem 9. Jh. mit einem auffälligen Minarett.
Wieder in meiner Unterkunft angekommen, packe ich meine Sachen zusammen. Am nächsten Morgen geht es weiter.