15.224 km
Morgens in einem vegetarischen indischen Restaurant in der Stadt nehme ich mein Frühstück ein. Es gibt nur warme Gerichte, nichts Süßes. Für unterwegs lasse ich mir zwei Samosa einpacken. Diese verpackt man in Tüten, geklebt aus alten Zeitungen, nicht sehr appetitlich. Bei Sonnenschein verlasse ich die höchstgelegene Stadt Sri Lankas. Hügelig geht es durchs Bergland abwärts. Auf beiden Seiten der Straße die riesigen Teeplantagen. Unter mir sehe ich von einer Straßenkehre aus einen Wasserfall. So bringt das Fahren Spaß. Schöne Landschaft mit Weitsicht, kurze und nicht zu steile Anstiege.
Bei einigen Ortsdurchfahrten plärrt aus den Lautsprechern der Gesang der Mönche – endlos. Der Ruf des Muezzins in den arabischen Ländern war dagegen kurz.
Der Ort Hatton, mein Tagesziel liegt nur 45 km entfernt und ich erreiche ihn am frühen Nachmittag. Von hier aus fahre ich am übernächsten Tag zurück nach Kandy um mein Indienvisa abzuholen.
Innerorts Ort gibt es viel zu schauen. Ein kleiner Laden steht neben dem anderen, meist sogar mit dem gleichen Angebot, dazwischen zahlreiche Esslokale. Es herrscht reger Betrieb. Wenn ich als Europäer vor dem Laden stehenbleibe und das Angebot anschaue, werde ich oft angesprochen. Das ist nicht unangenehm für mich, da ich Zeit für ein kleines Schwätzchen habe. Die Fragen an mich sind ähnlich: Woher, reist du alleine, verheiratet und Kinder. Bei „keine Kinder“ hört das Verstehen auf. Das können sie sich nicht vorstellen. Viele Familien haben hier viele Kinder. Die Menschen sind sehr freundlich und lächeln viel.
Auffallend viele Betel-Mischungen werden an Ständen und Geschäften angeboten: Betelblatt, Teile der Arekanuss und gelöschter Kalk bilden die Grundlage. Rot verfärbte Stummel in sichtlich angegriffenem Zahnfleisch, dazwischen schwärzlich-rote Brocken – das Lächeln eines Betelkauers sehe ich oft. Das sieht nicht schön aus. Dazu kommen blutrote Flecken auf Straßen und Gehsteigen, als wäre alle paar Meter ein Schwein geschlachtet. Betelflecke, denn Betel regt den Speichelfluss an und der muss irgendwo hin entsorgt werden. Grund für die rote Farbe ist das in der Arecanuss enthaltene Arecarot, das erst durch die Kalkeinwirkung freigesetzt wird und diese intensive Farbe entwickelt.
Ich sehe ein Schild Westernprinters. Ich schaue in den Druckraum hinein. Ein freundlicher Herr führt mich herum. So ähnlich hat es bei uns in Druckereien vor 50 Jahren ausgesehen. Computer gibt es nicht, es wird nur mit Bleilettern gearbeitet. Zwei Druckmaschinen mit Bleimatrizen sind in Arbeit. In einer muss das Blatt nach jedem Druckprozess hinein- und wieder herausgenommen werden, die andere arbeitet „automatisch“ wie mir gesagt wird. Linien werden mit dem „Liner“ in das bedruckte Blatt übertragen. Gedruckt und zu Blöcken gebunden werden vor allem Geschäftsformulare.
Nachts quaken mich die Frösche des naheliegenden Bach in den Schlaf. Am nächsten Morgen geht es mit dem Bus nach Kandy. Trotz der vielen Götter vorne im Buscockpit fährt der Fahrer nicht wie der Teufel. Am Tag danach bringe ich morgens meinen Pass zur Visastelle, am Abend ist darin der Stempel für den Indienaufenthalt.
Beim ersten Besuch in Kandy traf ich beim Frühstücken einen Herren, dessen Sohn in Euskirchen bei Bonn arbeitet. Bei ihm zu Hause bin ich für den Nachmittag zum Tee eingeladen. Sein anderer Sohn arbeitet in London. Sri Lanka hat kaum Industrie. Viele der Bewohner arbeiten im Ausland, vor allem in den arabischen Ländern. Wieder zurück in Hatton locken mich Musikklänge in einen Saal. Dort wird geheiratet. Mit dem Bräutigam und seinem Vater unterhalte ich mich in Deutsch. Die Bräutigam-Familie wohnt in Rheinland Pfalz. Geheiratet wird ebenfalls in meiner Unterkunft. Die Hochzeitspaare sind wie Königin und König gekleidet – ich wünsche ihnen, dass sie sich an diesem Tag auch so fühlen. So eine Hochzeit ist eine große Veranstaltung mit Hunderten von Gästen. Jeder Gast bekommt sogar noch ein kleines Geschenk.