501. Reisetag
Vor meinem Fenster rauscht das Meer. Der Wind treibt einen fischigen Geruch vorbei. Am Strand sehe ich Frauen und Männer bei der Arbeit. Fische werden ausgenommen und auf Planen ausgebreitet getrocknet. Der Fischabfall wird zurück ins Meer gegeben. Wundere mich, dass sich die immer hungrigen Hunde und Krähen nicht über den Trockenfisch hermachen. Sind wohl zu salzig.
Das Leben auf der Straße der Individualtouristen im Fischerort Negombo ist wie gehabt. Bin in der gleichen Unterkunft, esse in mir bekannten Restaurants das etwas langweilig gewordene Currygericht, zur Abwechslung auch mal mit Fisch. Werde wiedererkannt und herzlich gegrüßt.
Wolken am Himmel und ab und zu einen Regenschauer begrüße ich. Auf dem Balkon weht dann ein frischer Wind und es ist recht angenehm. In der heißen Sonne kann ich es hingegen kaum aushalten.
Mit der Dämmerung kommen die Mücken. Eh ich es bemerke wird mein Bein die Getränkebar. Merkwürdigerweise juckt es mich besonders nach dem abendlichen Duschen. Berechtigt durch Stiche, aber auch viel Phantomjucken. Selbst unter dem Moskitonetz bin ich nicht sicher. Immer wieder finden diese Plagegeister einen unbekannten Einstieg und stören meine Nachtruhe.
Am Mittwoch fahre ich mit dem Bus nach Colombo um mein Vietnam-Visa abzuholen. Wegen der Abgase, die vorbeifahrende Busse und Lastwagen in Kopfhöhe ausstoßen, raubt mir die Tuk-Tuk-Fahrt vom Busbahnhof zur Botschaft schier den Atem.
Am Freitag mache ich den Abschiedsbesuch auf dem Fischmarkt in Negombo. Große und kleine Fänge werden angeboten, oft nur in Schalen oder Plastikplanen auf dem Boden. Vor den Markthallen, auf dem breiten Sandstrand, erfolgt die Weiterverarbeitung der Fische. Fast alles wird genutzt. Sogar die Gerippe liegen zum Trocknen aus und werden anschließend zerkleinert. Es stinkt in manchen Ecken fürchterlich.
Das kleine Land Sri Lanka, nicht größer als Bayern, aber mit fast doppelt so vielen Einwohnern, habe ich drei Monate durchfahren, dabei 2000 km zurückgelegt. Ich bin erstaunt über die unterschiedlichen Landschaftsformen. Steppenartige Landstriche im Norden, Kokosnussplantagen im südlichen Küstenabschnitt, hohe Berge mit tropischer Regenwald und vielen Teeplantagen im Inneren.
Die Insel ist reich an Kultur mit vielen Orten, die von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Der Besuch im kleinen Dorftempel zeigte mir die tiefe Verankerung des Glaubens in der Bevölkerung.
Die Menschen sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Fast immer wurde ich mit einem Lächeln begrüßt. Das anmutige Wiegen des Kopfes als Begrüßungsform und Bejahung ist eine schöne Erinnerung.
Es gibt leider auch die andere Seite. Häufige Straßenkontrollen, gesperrte Bezirke und viel Militär in dem von Tamilien bewohnten Norden. Als Durchreisender erfahre ich nur wenig von den Schwierigkeiten der Tamilen. Ein Blick auf die Internetseite u.a. von amnesty international zu Sri Lanka zeigt das Ausmaß der Repressionen und Menschenrechtsverstöße auf der Insel.
Dass es zum 50 km entfernten Indien keine Schiffsverbindung gibt ist politisch gewollt und trifft die Tamilen, die traditionsmäßig eine enge Beziehung zum Nachbarland haben. Für die kurze Strecke muss ich ein Flugzeug nehmen, dass ist ärgerlich.
Die letzten Tage verbringe ich mit angenehmen Wenig-Tun und Blick auf das vor meinem Fenster rauschende Meer.