Thomas Kipp

Die Tempel von Mamallapuram.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für Die Tempel von Mamallapuram.
Nov 152014
 

DSC01562559. Reisetag 

16.981 km

 

Die Sonnentage sind vorbei. In der Nacht regnet es in Auroville heftig, am Morgen beim Frühstücken ebenfalls. Trotzdem ist meine Weiterfahrt angesagt. Die Regensachen sind griffbereit, falls ein Schauer zu heftig wird. Meist finde ich aber einen Unterstand, sei es ein Baum, Tempel oder das leere Blechhäuschen einer Polizeischutzkabine am Straßenrand. Trotzdem werde ich nass. Da es warm ist stört es nur wenig. Unangenehmer ist der aufgefrischte Wind. Merkwürdig, fast immer ist er gegen mich gerichtet. An der Westküste blies er aus dem Süden und an der Ostküste vorwiegend vom Norden her.

Entlang des Ostküstenhighways fahre ich Richtung Norden. Es ist eine normale Straße, meist mit einem breiten Seitenstreifen. Dort muss ich etwas weniger auf die verrückten Busfahrer achten, die den Gegenverkehr ignorieren. Kleinere Straßen in Küstennähe gibt es in diesem Abschnitt nicht mehr.

Das Tagesziel ist die Stadt Mamallapuram, einst Seehafen des antiken Pallava-Königreiches im 7. Jahrhundert. Ein granitischer Felsenhügel erhebt sich am Ortsrand. Wunderschöne kleine Tempel und Reliefs wurden in den Stein gemeißelt. Ein riesiger fast runder Stein auf einer schiefen Ebene wird Krishna’s Butterball genannt. Etwas abseits liegen fünf steinerne Tempel, die Rathas. Sie sind jeweils einem Hindugott geweiht und aus dem anstehenden Fels gemeißelt. Zwischen ihnen steht ein großer (steinerner) Elefant und dahinter liegt eine Kuh. Direkt am Meeresufer auf einer kleinen Landzunge ragen zwei Tempel in den Himmel. Alles ist 1300 Jahre alt und gut erhalten.

Kein Wunder also, dass die Anlage und Weltkulturerbe die Touristenströme anzieht. Yoga, Massagen und unzählige große und kleine Steinmetzarbeiten werden in den vielen Läden angeboten. Im Lonely Planet wird der Ort Backpackistan genannt. Es gibt wirklich neben den indischen Touristen viele „Westler“, die im Ort ein paar Tage bleiben. Andrea und ich wohnen in einem schönen Guesthouse direkt am Meer mit Blick vom Balkon auf den Strand.
Es ist unsere letzte gemeinsame Bleibe. Die Zusammenfahrt, sie mit dem Bus, ich mit dem Rad hat funktioniert und die Strecke war geeignet dafür. Sie fährt von hier aus mit dem Bus zurück nach Cochin und fliegt weiter nach Deutschland. Ich radele nach Chennai, meinem Abflugsort nach Vietnam.

Von unserem Balkon aus beobachten wir das Meer und die Küste. Viele kleine Fischerboote liegen am Ufer. Die Fischer scheinen immer ihre Netze in Ordnung zu bringen. Wegen des schlechten Wetters fahren sie die nächsten zwei Nächte bzw. in den ersten Morgenstunden nicht hinaus. Es stürmt und gießt. Dann setzt sich die Sonne wieder durch und auch wir können unser Besichtigungsprogramm starten.

Auroville.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für Auroville.
Nov 112014
 
DSC01443

Matrimandir im Mittelpunkt von Auroville.

555. Reisetag

16.874 km

 

 

Ein Land, das wieder zum Leben erwacht. Auf einem Wüstenerwartungsland wurden in den letzten 50 Jahren über zwei Millionen Bäume gepflanzt. Eine grüne Landschaft ist entstanden: das Experimentfeld von Auroville.
Auroville ist die Vision einer universellen Stadt, in der Menschen jenseits aller Bekenntnisse, politischer Gesinnung und nationaler Herkunft zusammenleben.

In den 68iger Jahren – in Deutschland eine unruhige Zeit mit vielen Demonstrationen für mehr Gerechtigkeit, weniger Aufrüstung und gegen die Notstandsgesetzgebung – legten hier jugendliche Vertreter aus 124 Ländern und den indischen Bundesstaaten eine Handvoll Heimaterde in eine Urne, um die Menschliche Einheit zu symbolisieren. Die ersten Pioniere siedelten sich an. Heute leben bereits 2100 Menschen hier, davon ca. 50 Prozent Ausländer, verteilt in 100 kleinen Siedlungen auf dem großen Gelände. Viele Projekte wurden ins Leben gerufen. Schulen, Bio-Farmen, Handwerksbetriebe, erneuerbare Energie, Kunsthandwerk und vieles mehr (siehe unter www.auroville.org).

An diesem interessanten Ort weilen Andrea und ich acht Tage. Andrea hat sich tapfer ein Fahrrad geliehen und wir erfahren das weitläufige Gelände. Wegen der schlechten Karte und des Mangels an Wegweiser ist es nicht immer einfach unsere Ziele zu finden. Meist durchfahren wir eine Wald- oder Buschlandschaft mit wenig Bebauung. Auch 50 Jahre nach der Gründung von Auroville denkt man, die Stadt befindet sich erst im Entstehen. Die nicht sehr vielen Gebäude sind im guten Zustand und einem städteplanerischen Konzept der ersten Stunde untergeordnet.
Im Zentrum steht das Matrimandir in einer Parklandschaft, ein kugelförmiger Bau mit einem inneren Raum der Stille, ein Ort, der der Universellen Mutter geweiht ist: Ein Konzept, das der Hindukultur vertraut, für den Westler jedoch schwer verständlich ist.

Wir unterhalten uns in den Werkstätten, der Mensa oder im Kaffee mit einigen Aurovillianern. Für ihre Arbeit erhalten sie einen Einheitslohn von ca. 80 Euro im Monat bei freiem Wohnen, Essen und Gesundheitsvorsorge. Das ist für indische Verhältnisse normal, für Westliche setzt es jedoch einen erheblichen Idealismus voraus. Rentner (sofern sie ausreichende Rente bekommen), haben es einfacher. Sie arbeiten sozusagen als Voluntäre – wie übrigens sehr viele junge Menschen, die hier eine Zeit lang leben. Ihr Lohn ist die sinnvolle Beschäftigung in einer Gemeinschaft. Klingt alles gut, Probleme gibt es aber genügend.
Betriebe können auch privat geführt werden, die Gebäude und das Land gehören der Gemeinschaft und werden von ihr gepachtet. Vom Gewinn muss 1/3 abgeführt werden. Die einfachen Arbeiten werden von angestellten Indern aus den Dörfern durchgeführt. Die Bedingungen sind also doch nicht für alle gleich.

Trotzdem sehe ich mich bereits auch hier arbeiten. Es ist das erste Mal auf meiner Tour, das ich mir vorstellen kann, an diesen Ort für längere Zeit zurückzukommen. Noch möchte ich unterwegs sein – mal sehen, wie es in einem Jahr aussieht.

Wir machen einen Ausflug zu einem nahen Aufforstungsprojekt der Gruppe Sadhana (sadhana-forest.org), in dem nur Voluntäre arbeiten. Sie leben unter einfachsten Bedingungen in selbstgebauten Bambushütten. Alkohol, Zigaretten und sonstige Drogen sind wie überall in Auroville nicht erlaubt.
Eine „Weltwärts“-Freiwillige erklärt uns die täglichen Arbeitsabläufe. In dem einst ariden Gebiet wurden zunächst kleine und große Staubecken gegraben, um das Regenwasser der Monsunzeit am Abfluss zu hindern. Bei genügend Feuchtigkeit haben die gepflanzten Bäume eine gute Überlebensrate. Mit dieser Methode ist bereits der Grundwasserspiegel der Gegend um sechs Meter gestiegen.

Die trocken-gefallenen Brunnen der Menschen, die im Umfeld leben, haben wieder Wasser. Ein bewundernswertes Projekt, mit deutlich sichtbarem Erfolg.

Ruhetage in Puducherry.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für Ruhetage in Puducherry.
Nov 032014
 
DSC01404

Uferstraße im französischen Viertel.

547. Reisetag

16.796 km

 

Vor mir liegt eine Deltalandschaft mit Sumpfflächen, Reisfeldern und Mangroven. Immer wieder überquere ich breite Flussläufe. Ich fahre zunächst 40 km auf diversen Kleinststraßen.
Die Kamera startet an diesem Tag überhaupt nicht. Ich vermute, dass sie Hitze nicht mehr verträgt. Am kühleren Vorabend konnte ich noch Fotos machen. Wenn ich mich bei Hitze so anstellen würde wäre ich in den letzten Monaten kaum vorangekommen.

Die Nebenstraße mündet in die Hauptküstenstraße. Ich nähere mich der größeren Stadt Cuddalore. Der Verkehr nimmt deutlich zu. Beim Durchqueren der Stadt merke ich, dass Indien mich aus der Ruhe bringt, mich nervt. Der Lärm, der ungeregelte Verkehr, die Fußgänger und Motorräder, die manchmal mitten auf der Straße stehen bleiben. Die Mopeds, die oft hupend von hinten ankommen und deren Fahrer immer wieder die gleichen Fragen stellen.
Ich freue mich auf einige Tage Pause in Puducherry. Beim Einschecken in der Unterkunft lasse ich zum wiederholten Male die indische Bürokratie über mich ergehen. Ein digitales Foto wird gemacht, zwei Formulare mit umfangreichen Fragen müssen ausgefüllt werden, inkl. Name des Vaters. Und alles wohl nur für das Archiv.

Puducherry stand bis 1954 unter französischer Herrschaft. Das alte französische Viertel zwischen geschäftiger lauter Innenstadt und Meer strömt eine gewisse Ruhe aus. In diesem Viertel landen die meisten Touristen. Es gibt gute Unterkünfte und Restaurants mit „etwas“ internationaler Küche. Wer sich allerdings auf französischen Käse freut, muss mit geschmolzenen Chesterkäse auf einem etwas trockenen Baguette oder in einem Crepe vorlieb nehmen. Trotzdem eine angenehme Abwechslung.

Erstmals treffe ich auf viele Touristen, darunter viele Ashram-Gänger. Der bekannte Sri Aurobindo-Ashram und sein Ableger in Auroville ziehen spirituell Interessierte in Scharen an.
Ich bin in einem Gästehaus des Ashrams – ohne irgendwelche Verpflichtungen – gut untergekommen. Mein Blick geht auf einen schönen Garten, dahinter das Meer. Nachts höre ich das Rauschen des Wellen, kein Gehupe dringt ins Zimmer. Nur morgens das Gekrächze der vielen Krähen.

Fünf Tage bleibe ich in dieser schönen Unterkunft, schlafe viel, lese, schaue einfach vom Balkon aufs Meer, laufe über den Markt der geschäftigen Innenstadt. Bin erstaunt über die Mengen an Blüten und Blumengebinde, die dort angeboten werden. Abends gibt es ein gutes westliches Essen.
Ich bin angenehm faul und finde wieder etwas innere Ruhe. Hoffe diese hält an.

Die Chola-Tempel.

 Unterwegs  Kommentare deaktiviert für Die Chola-Tempel.
Okt 292014
 

DSC01206542. Reisetag

16.711 km

 

Thanjavur war einst die Hauptstadt des großen Chola-Reiches. Zur Zeit des Königs Rajaraja I entstand die große Anlage des BrihadishwaraTempels (1003-1010), die zum Weltkulturerbe gehört. Über das weitläufige Grasgelände der von hohen Mauern umgebenen Anlage sind diverse Schreine verteilt. Das Besondere ist die Schlichtheit der vielen Reliefs aus gelbbraunem Granit. Ein angenehmer Gegensatz zu den sonst grellen und eher kitschigen Figurenfarben der anderen Hindutempel.

Vor dem Haupttempel steht die größte Kuhstatue Indiens „Shivas heiliger Bulle“. Sie wurde aus einem einzigen Felsen gehauen. Der Haupttempel ist gedrängt voll mit Pilgern und es ist fürchterlich warm darinnen. Ich verzichte bis zum Heiligtum vorzudringen. Dieses mal ist es keine Statue von einem Gott, sondern ein 4 m hoher Shiva-Lingam, der sich unter einem 61 m hohem Turm befindet. An der Mauer der Tempelanlage stehen hunderte weitere aus Fels gehauene kleine schwarz angemalte Lingams. Manche einzeln in eigenen Räumen, andere in Serie. Der Samen Shivas soll dadurch in die Welt gelangen.

Eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt ist der Königspalast. Eine Mischung aus verfallenen und renovierten Gebäuden, aus wahllos zusammengestellten royalen Erinnerungsstücken und Kunstgegenständen.

Die Stadt Thanjavur empfinde ich als extrem laut und schmutzig. Der Müll wird einfach auf die Straße gekippt. Es gibt viel Verpackungsabfall, aber keine Mülltonnen. Da es oft regnet ist vorsichtiges Gehen angesagt um nicht im Match oder Müll zu stapfen. Nachts werden die Straßen gesäubert. Am Morgen sehe ich zusammengefegte Haufen.
Bin froh die Stadt nach einem Tag zu verlassen. Sie hat mich müde gemacht.

Habe das Glück die Weiterfahrt auf Kleinststraßen fortzusetzen. Ich durchfahre die flache Landschaft der Reiskammer Tamil Nadus. Vorbei ein Kanälen und Reisfeldern, auf denen gearbeitet wird.

In einem kleinen Dorf besuche ich einen weiteren Tempel der Chola-Architektur, nicht ganz so groß wie in Thanjavur. Um zum Eingang zu gelangen muss ich an einer großen Kuhstatue vorbei durch kniehohes Wasser waten. Auch hier besteht der Hauptaltar aus einem geschmückten Lingam.

Ich übernachte in der naheliegenden Stadt Kumbakonan. Besuche dort am Abend einen der drei großen Tempel neueren Datums. Am nächsten Tag erreiche ich den ruhigen Küstenort Tranquebar, einem ehemaligen dänischen Fort. Die Dänen verkauften ihre Niederlassung 1845 an die britische Ostindienkompanie. In dem Fort-Museum war nachzulesen, das Dänemark dafür 20 Jahre lang Pacht an den herrschenden Maharadscha zahlte. Nur ca. 10 Schiffe aus Dänemark liefen in dieser Zeit die Enklave an. Ganz schön teuer so eine Kolonisation.
Es ist ein gemütlicher Ort zum Ausspannen nach den hektischen Städten. Habe Andrea wieder getroffen. Wir bleiben einen Tag in einer luxuriösen Unterkunft am Strand.

Nur 50 km weiter nördlich liegt die Stadt Chidambaram, mein nächstes Tagesziel mit einem großen Tempel aus der Chola-Zeit. Der Legende nach trat Shiva hier mit Kali in einen Tanzwettstreit. Als Shiva einen Ohrring verlor und ihn mit dem Fuß wieder vom Boden aufhob, konnte Kali die Bewegung nicht nachmachen. Shiva  errang den Titel Nataraja (Herr des Tanzes). In dieser Form wird er im Tempel verehrt und es ist eine der heiligsten aller Shiva-Stätten.

Die Tempelanlage verfügt über vier große Eingangstore mit unzähligen Stein- und Stuckarbeiten. Es gibt einen heiligen Teich um sich rein zu baden im eher schmutzigen Wasser. Eine steinerne Kuh blickt hinter Gitter an eine Wand. Lebende Kühe werden auf dem Tempelgelände gemolken. Eine große Tempelhalle mit kunstvoll verzierten Säulen scheint dem Geruch nach der Kuhstall zu sein.

Der große Haupttempel ist ein Labyrinth von Gängen, Schreinen und Sälen. Es ist Puja-Zeit. Glocken werden geläutet. Brennende Öllampen werden um die Statue im inneren Schrein geschwungen. Gläubige geben ihre Spenden in Form von Kokosnüssen und Blumen an die Priester. Wie in allen Tempeln darf im Inneren nicht fotografiert werden.