17.289 km
Wir haben schlecht geschlafen. Immer wieder lärmte ein Generator in der Nacht. Nach einem (für uns) Western-Frühstücksbüffet starten wir unter grauem Himmel. Steile Karstfelsen ragen aus den abgeernteten Reisfeldern. In breiten Flusstälern wird auf den Feldern gearbeitet.
Beim Durchfahren von Ortschaften mit Schule – merkwürdigerweise ist diese immer gerade zu Ende – strömen die Schüler auf die Straße und eine Hallowelle begleitet uns.
Beim Halt an einer Scheune sehen wir die typische vietnamesische Besenherstellung. Das offene Tor einer Näherei gibt uns einen Einblick wie Vietnam als Standort für westliche Produkte genutzt wird. In einer kleinen Halle sitzen Frauen hinter der Maschine und nähen schwarze Hosen mit dem Label Calvin Klein.
Unsere Tagestouren versuchen wir zunächst noch kurz zu halten. Marie soll zur Eingewöhnung das Radfahren nicht als Anstrengung sondern als Freude empfinden. In der kleinen Stadt Che Ni, bereits nach 50 km, finden wir eine annehmbare Unterkunft. Ansonsten hat der Ort nicht viel zu bieten. Abends beim Essenfinden sind wir froh Tofu, Nudeln und Wasserspinat erhalten zu haben. Das ist nicht einfach gewesen.
Am Nachbartisch wird opulent von fünf Männern ein Feuertopf gegessen. In die heiße Brühe werden angebrütete Eier geschlagen. Die blutigen Küken schwimmen darin herum. Der Anblick könnte einen (Marie) zum Vegetarier werden lassen. Wir werden von der Gruppe zum Glück nicht zum Essen, sondern nur zu einem Schnaps eingeladen.
In der Nacht stürmt und regnet es. Am Morgen ist alles vorbei, nur die Straßenbaustelle hat sich in Schlamm aufgelöst. Aber auch sie ist endlich. Auf Dammstraßen fahren wir entlang von Flüssen und durch von Wasser bedeckte Reisfelder, die sich von Seen und Tümpel kaum unterscheiden lassen. Manche Wasserflächen werden zur Entenzucht genutzt. Scharen von ihnen genießen dort ihr Leben bevor es in engen Käfigen zur Schlachtbank geht.
Wir biegen ab auf schmale Schleichpfade, auf denen ich vor drei Jahren mit Tom www.tomtomtravel.com gefahren bin. Einfach wunderschön durch die Karst- und Seenlandschaft fernab vom Verkehr zu fahren. Über schmale Pontonbrücken, entlang von Kanälen nähern wir uns Ninh Binh, unserer nächsten Bleibe.
Für unsere zweitägigen Erkundungen rund um Ninh Binh leihen wir uns ein Moped. Wir steuern die Tam Coc Höhlen an. Dort werden die Besucher in Boote verfrachtet und durch Schluchten und drei Felsenhöhlen gerudert. Interessanterweise werden die Paddel auch mit den Füßen bewegt.
Anschließend betrachten wir das Gelände und Umfeld von oben, indem wir 450 Stufen zu einer Pagode aufsteigen. Die Karstfelsen und die vielen Wasserflächen – bewässerten Reisfelder und Flussläufe – geben der Landschaft den Namen „Trockene Halong-Bucht“.
Eine weitere Tour führt uns zur neuerrichteten größten buddhistischen Tempelanlage in Vietnam „Chua Bai Dinh“. Beim Anstieg durch den langen Wandelgang führt der Weg an 500 steinernen „Erleuchteten Buddhisten“ vorbei. Auf drei Ebenen stehen Tempel mit riesigen Buddhafiguren.
Bei diesem Besuch stelle ich mir die Frage nach dem Sinn so einer riesigen Anlage. Verschafft sich da jemand Vorteile um schneller ins Nirvana zu kommen?
Weitaus interessanter ist der Besuch in einem kleinen Tempel. Von weitem hören wir bereits Musikklänge. Beim Betreten des Innenhofes sehen wir tanzende Frauen in bunten Gewändern. Es spielt eine kleine Herren-Musikgruppe. Ein überladener Gabentisch ist aufgebaut. Der Anlass des Festes erschließt sich uns nicht. Wir werden sehr freundlich begrüßt und uns wird Tee angeboten.