23.911 km
Mit dem Boot über den Chindwin-Fluss verlasse ich Monywa in der Früh. Auf kleinen verkehrsarmen Straßen fahre ich durch eine karge und sandige, savannenähnliche Landschaft. Bewachsen von Palmyrapalmen und dornigen Büschen. Zwischendurch zieht eine Schafs- oder Ziegenherde vorbei. Bauern pflügen mit ihren Ochsengespannen den trockenen Boden. Sobald Wasser verfügbar ist, in der Nähe von Kanälen und Flüssen, erscheint das saftige Grün der Reisfelder.
Es ist kurz vor der Regenzeit. Morgens ist der Himmel bedeckt. Manchmal fallen sogar einige Tropfen. Um die Mittagszeit schafft die Sonne den Durchbruch und die Temperatur steigt deutlich über 40 Grad an. Mein großes Problem ist diesmal nicht die Hitze, sondern der stürmische Gegenwind, den in der fast nur mit Büschen bewachsenen Ebene nichts bremst. Anfangs nehme ich ihn gelassen hin, bald aber schon muss ich kämpfen. Nach 8 h Fahrt und gerade mal 95 km Strecke lass ich mich die letzten 15 km von einem Auto mitnehmen. Genug der Quäl-Dich-Etappe. In Pakokku finde ich eine einfache Unterkunft direkt am Irrawaddy Fluss. Bei geöffnetem Fenster und Zimmertür zieht der Sturm auch durch mein Zimmer und vertreibt die stickige Luft. Der Ventilator funktioniert wegen Stromausfall nicht.
Der starke Südwind bläst beständig. Er gehört wohl in diese Jahreszeit. Die 35 km bis Bagan am nächsten Tag schaffe ich gegen ihn.
Bagan ist ein Ort, den jeder Myanmarreisende besuchen wird. Entsprechend viele Hotels und Restaurants sind vorhanden. Zum Glück sind in der Nebensaison nur wenige Touristen unterwegs.
Das riesige Areal mit Tausenden von Tempel erinnert mich an meinen Besuch in Angkor in Kambodscha. Nur es ist wieder völlig anders.
Die heiligen Bauten haben div. Könige zwischen 1050 und 1300 errichten lassen, dabei aber ihr Reich so geschwächt, dass sie dem Sturm der Mongolen nicht standhalten konnten. Damit war das Ende Bagans als Königsstadt besiegelt.
Über 2000 Tempel sind geblieben. Der Zahn der Zeit, Plünderungen und Erdbeben sind nicht spurlos an ihnen vorüber gegangen. Vor ca. 35 Jahren hatte ich diese Stätte schon einmal besucht. Es war ein verwildertes Gelände mit baufälligen Tempeln auf denen ich herumklettern konnte. Heute sind die Tempel restauriert, meist auf burmesische Art. Es wurde wenig Wert auf den ursprünglichen Zustand gelegt. Man passte sie dem heutigen Tempelgebrauch an. Sehr zum Verdruss der UNESCO, die Bagan deshalb das Siegel Weltkulturerbe verweigerte. Für die Burmesen sind die alten Tempel immer noch heilige Stätten. Die Buddhas darin werden gepflegt, mit Gold versehen und angebetet.
Mit dem Rad starte ich morgens meine Tempelroute. Ich habe Glück, Wolken halten mir die Sonne vom Leib, wenigstens bis zum späten Vormittag. Ich habe keinen besonderen Plan, lasse mich spontan durch die Bauten inspirieren.
Ich besuche den heiligsten, den höchsten, den massivsten Tempel, den mit der goldensten Kuppel und viele weitere. Bis es mir im Kopf schwirrt und ich nichts mehr aufnehmen kann.
Eine Wolkenschicht hat die Sonne bereits am Nachmittag geschluckt. So muss ich nicht auf einer Tempelhöhe den angeblich spektakulären Untergang abwarten. Nebenbei bin ich fast 40 km durch das Tempelgelände geradelt. Bin durstig und benötige mein abendliches Bier.