Thomas Kipp

Taiping und Ipoh.

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Okt 152015
 
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Straße in Taiping.

888. Reisetag

26.012 km

 

Die Silhouette Penangs verschwindet langsam am Horizont bis die Fähre das Festland erreicht. Ich reihe mich ein in den Morgenverkehr der Stadt Butterworth, der auch außerhalb kaum weniger wird. An die vielen Autos muss ich mich in Malaysia wohl gewöhnen. Für mich brauchbare Nebenstraßen sind leider rar.

An der Ausfallstraße steht in Stadtnähe ein flacher Fabrikbau neben dem anderen. Das erinnert an die Industriegebiete daheim. Ab und zu stehen mit Mauern umgebene neue Siedlungen „auf der grünen Wiese“. Manche noch nicht einmal bewohnt.

90 Kilometer sind es bis Taiping. Dort treffe ich wieder auf Andrea, die mit dem Bus dort angekommen ist. Sie wird mich die nächsten fünf Wochen auf diese Art begleiten. Ich habe jetzt Gesellschaft vor Ort, das ist schön. Andrea bringt frische Reiseenergie mit, die mich zu erweiterten Unternehmungen antreibt.

Bei unserem abendlichen Rund- und Essengang treffen wir auf drei Chinesen, die uns an ihren Tisch bitten, Vater, Sohn und Freund. Der alte immer lächelnde Chinese spricht etwas deutsch. Lebte in der Schweiz, danach in den USA und ist zurückgekehrt zu seinen Wurzeln mit amerikanischer Rente. Sein Sohn arbeitet (irgendwie) im Touristengeschäft, ist Reisender und hat ein Buch geschrieben, welches er uns gleich verkaufen möchte.

Am nächsten Tag erreichen wir die Provinzhauptstadt Ipoh. Die Kolonialzeit (britisch bis 1956) ist mit zahlreichen renovierten alten Gebäuden präsent.
Die Geschäfte sind – wie überall in Malaysia – meist in chinesischer Hand, obwohl der chinesische Bevölkerungsanteil nur 25% beträgt.

Ein heftiger nicht aufhörender Regen beendet unseren ersten Abend ohne vernünftiges Essen. Im Laden neben unserem Hotel kaufen wir uns zwei Instantnudelsuppen und brühen diese mit heißem Wasser auf. Dabei soll laut Reiseführer Ipoh ein Mekka für gutes Essen sein.

Wir bleiben einen weiteren Tag. Bummeln durch verschiedene Viertel. Wir besichtigen zwei chinesisch-buddhistische Höhlentempel in den steilen Karstfelsen am Stadtrand. Am Abend besuchen wir ein buddhistisches Fest. Zu Opfer- und Esszwecken werden dort Unmengen von runden Broten in Schildkrötenform gebacken, verziert mit chinesischer Schrift und bunt gefärbt. Die rein vegetarische Verpflegung der vielen Gäste erfolgt von diversen Ständen in einer Halle.
Den Tempel verqualmen zahlreiche Räucherstäbchen, nicht einzeln sondern bündelweise werden sie angezündet und nach Gebrauch in Behälter mit Sand gesteckt. „Heilige Papierformen und -blätter“ heben die Gläubigen vor dem Altar in die Höhe um sie anschließend im Ofen vor dem Tempel zu verbrennen.
Zur Unterhaltung der Festteilnehmer wird eine Peking-Oper aufgeführt, mit schrillen Klängen und maskenhaft geschminkten Schauspielern.

 

Multikulti! Na, geht doch.

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Okt 122015
 

DSC00309885. Reisetag

25.829 km

 

„Man muss es einfach mal so salopp formulieren und hier einfach mal in den unbegrenzten Raum des Webbloggings stellen: Penang und vor allem die Altstadt rocken einfach. Ein wirklich schönes Fleckchen Erde, dieses Georgetown, wie das Viertel heißt, wo ich mein Lager aufgeschlagen habe. Hier ist Mulitkulti nicht einfach ein Schlagwort von pullunderstrickenden, in die Jahre gekommenen Grünen oder ein Wunschdenken der Massen an neuen Gutmenschen, die das westliche Bildungsbürgertum anscheinend dieser Tage wie am Fließband zu produzieren scheint und die fähnchenschwenkend am Bahnhof herumstehen, im Gegenteil: Hier wird das schon seit Jahrhundert einfach gelebt dieses Mulitkulti-Dingsbums. Hier leben die Kulturen nicht nebeneinander, sondern wirklich miteinander. Auch die Religion ist hier nie ein Thema, wenn Malaien mit Chinesen und Indern bei einen Stück Sahnetorte in einem schicken Künstlercafé zusammensitzen. Der eine mag sich in der Moschee auf den Teppich werfen, der andere opfert komischen Göttern mit Elefantenrüssel wohlriechende Räucherstäbchen und der dritte zündelt alle Nase lang mit Feuerwerk, dass es nur so knallt. Aber hey! Wen interessiert das schon?

DSC00417Hier zumindest keinen und das ist sehr erfrischend, wenn man die Schlagzeilen aus dem Rest der Welt so liest. Und dieser Eindruck setzt sich fort, egal wo ich auch hingehe oder mich hinsetze. Zum Beispiel am Tisch vor dem Liquer-Shop, wo ich jeden Abend meine müden Knochen für ein Feierabendbier parke. Feierabend vom Reisen und Staunen in Penang. Diese Straßenkneipe ist wirklich ein Unikum und findet sich natürlich in keinem Reiseführer dieser Welt. Da muss man schon einen Tipp von einem Einheimischen bekommen oder durch ´Zufall´ drauf stoßen. Hier stehen einfach nur ein paar Campingklapptische auf der kaum befahrenen Seitenstraße herum und eine aufwendige Dekoration oder liebreizende Kellnerinnen sucht man hier vergebens. Dafür schwitzt ein dicker Chinese hinterm Tresen den Restalk aus und verkauft in einer Tour geistige Getränke aus seinem extrem beeindruckenden Fundus selbiger. Und das für ein Appel und ein Ei, wie das am Mittelrhein so schön heißt. Eigentlich ist Alkohol in Malaysia ja eher teuer im Vergleich zum Aldi daheim, aber irgendwie kriegt es der Kerl hin, den Stoff, aus dem auch hier in diesem muslimischen Land vieler Leuts Träume sind, steuerfrei einzukaufen und auch noch öffentlich zu verkaufen. Nicht, dass ich ihm pauschal korrupte Umtriebe vorwerfen will, aber…

Jedenfalls sitzen hier auch alle Menschen einfach mal lustig zusammen und trinken. Nicht bis der Arzt kommt, sondern eher gemütlich. Ab und an packt auch mal jemand eine Holzgitarre aus, dann haben wir auch noch Musik. Meistens irgendwelche Evergreens aus dem westlichen Repertoire aller Straßenmusiker dieser Welt. ´Welcome to the hotel California´ und so. Die indischen Rikscha-Fahrer summen genauso mit wie die chinesischen Studenten und die Handvoll bleichgesichtiger Rucksackreisender, die sich irgendwie in diese Seitenstraße verirrt haben. Und hier in Georgetown ist es ausnahmsweise mal nicht nur der Alkohol, der sich die Leute verbrüdern lässt. Nein. Das ist eben Multikulti at its best! Und ganz natürlich. Herrlich!

Ganz nebenbei ist diese Altstadt auch noch voll von toller Straßenkunst. Und ich spreche hier nicht von hastig illegal gesprühten Graffitis, die bei uns daheim ja eher den Charme einer Hundeduftmarke versprühen. Nein. Der Künstler Ernest Zacharevic, der sich für diese tollen Bilder und Installationen all over Georgetown verantwortlich zeigt, hat den Namen Künstler auch wirklich verdient. Dazu die alte Kolonialarchitektur, die schon genau das richtige Maß an Patina angesetzt hat um noch schöner zu sein als in ihrer Blütezeit. Und das ganze steht im Kontrast zum Rest des modernen Penangs, den eher das wirtschaftlich aufstrebende Malaysia geformt hat. Luxuriöse Neubauten, Wolkenkratzer aus Chrom und Glas, Neuwagen, schicke Restaurants und Konsumtempel mit viel teuren Kaffees aus Pappbechern, die nach 27 verschiedenen Aromachemikalien schmecken. Aber irgendwie hat hier Alles Charme, weil hier so viel aufeinander trifft und sich zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Und das geschieht anscheinend so kinderleicht, reibungslos und konfliktfrei, dass ich mich fast täglich fragen muss, warum das woanders nicht auch passiert. Aber: das ist Penang, Baby! Ein wahrlich gesegnetes Fleckchen dieser schönen Erde. Und man würde es nicht glauben, wenn man es nicht selbst gesehen hat.“

Da stimmt etwas nicht. Ist ihm die Hitze aufs Hirn geschlagen. Nein.
In dem oben beschriebenen Straßenlokal kommen abends beim Bier interessante Menschen zusammen, meist Langzeitreisende. Rentner und auch Menschen, die noch Geld verdienen müssen. Ein Auftrags- und Ghost-Schreiber unter dem Pseudonym Henry Freischütz kommt aus Bonn. Ihn habe ich kurz mit einigen Fotos gebrieft, um mal etwas Abwechslung in den Blog zu bringen.

Smog, Regen und Reisfelder.

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Okt 062015
 

DSC03306879. Reisetag

25.798 km

 

Eine Dunstwolke liegt über dem Land. Smog von brennenden Wäldern auf der indonesischen Insel Sumatra. Der Westen benötigt Palmöl. Deswegen muss der Urwald für die Plantagen weichen. Diese Dunstschicht wird mich in Malaysia begleiten. Sie riecht nicht nach Rauch. Ich spüre aber ein leichtes Kratzen im Hals. In der Zeitung lese ich, dass die Schulen deswegen in den nächsten Tagen geschlossen bleiben.

Auf kleinen Straßen in Küstennähe fahre ich Richtung Süden. Auf der einen Seite das Meer bei Ebbe, auf der anderen endlose Reisfelder unter Wasser. Ab und zu kämpft sich ein Traktor durch den Morast der Felder um die abgeernteten Halme der alten Ernte zu heckseln. Das flache Land ist von zahlreichen Kanälen durchzogen. An ihnen liegen in Meeresnähe kleine Fischerboote am Ufer.
In manchen Dörfern ist Markttag. Endlich kann ich mal wieder Obst kaufen. Auf Langkawi gab es nur Süßigkeiten, kein Obst.

Es ist nicht nur der Smog, der alles in Dunst hüllt, auch Regenwolken sind darunter gemischt. Die Temperatur sinkt auf angenehme 25 Grad. Ein 30 km anhaltender Nieselregen durchnässt mich komplett.

Ich nähere mich der ersten größeren Stadt Malaysias Alor Setar. Zum ersten Mal seit langem stecke ich im Autostau. Gegenüber den anderen Ländern Südostasien gibt es deutlich mehr Autos auf der Straße. Malaysia hat sogar zwei eigene Automarken, die in Lizenz japanischer Hersteller gebaut werden.

Die Stadt ist nicht besonders schön. Ein Stadtplaner würde sich die Haare raufen, wenn er die hässlich hohen Blöcke einiger Hotels und Shopping-Malls in der Innenstadt sehen würde.
Nur die große Moschee ist ein recht ansehnlicher Bau.

Mein abendliches Essen besteht aus langweiligem Nasi Goreng mit etwas Gemüse und immer zu kleinen Portionen. Alkohol gibt es in den Restaurants nicht mehr. Ich kaufe mir nach dem Essen eine Dose Bier und eine Tüte Chips für meinen Salzhaushalt – etwas Dekadenz muss sein.

Am trüben nächsten Morgen geht es weiter. Es fängt an zu Regnen, diesmal heftiger und länger anhaltend. Bei 24 Grad bekomme ich fast kalte Füße. Nach vorne schauen und treten, es ist ein stoisches fahren. Bis zum Horizont nur graue unter Wasser stehende Reisfelder.

Zur Mittagszeit blockiert ein breiter Berg meinen Weg. Die Straße macht einen großen Bogen und geht etwas in die Höhe. Der Regen hat aufgehört, das Wasser kommt jetzt von innen. Es ist schwül-heiß.

Nahe der nächsten großen Stadt Sungai Petani ist mein geplanter Weg durch ein militärisches Gebiet gesperrt. Bei der Umfahrung irre ich durch ein Gewühl von kleinen Straßen, die alle an einer Eisenbahnschiene enden.
Für die Nacht habe ich eine Unterkunft vorgebucht, da nach meiner digitalen Karte nur wenige vorhanden sind und ich nicht lange suchen möchte. Diese liegt in einem riesigen Neubaugebiet mit vielen Läden und Einkaufszentren. Ein etwas trostloses Umfeld aber ich erhalte das beste Abendessen (beim Inder) seit langem.

Am nächsten Morgen sind die 50 km zur Insel und Stadt Penang schnell zurückgelegt. Eine Fähre bringt mich vom Festland zur Insel. Ich tauche in der alten Kolonialstadt ein in die Vielfalt von verschiedenen Kulturen.

Fotos konnte ich die letzten zwei Tage nicht mehr machen. Die Kamera hat sich endgültig verabschiedet. Damit habe ich gerechnet und es ist nicht einmal schlimm. In Penang besucht mich Andrea und bringt mir eine neue mit. Andrea hat mich bereits vor einem Jahr in Indien begleitet. Sie mit dem Bus, ich mit dem Fahrrad. In Malaysia planen wir es ebenso.

Durch Mangrovenwälder.

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Okt 032015
 

DSC03234876. Reisetag

25.614 km

 

Die Insel ist durchsetzt mit Touristenattraktionen. An diesem Morgen halte ich am „Crocodile-Adventureland“. Kleine und große Krokodile leben hier in Becken und Teichen – für die Touristenschau. Die dahinter liegende Zuchtanlage darf nicht betreten werden und ist wohl weniger beschaulich für die Tiere.
Zu sehen gibt es langsam im Wasser treibende Krokodile, mit geschlossenem oder offenen Rachen, dösende und sich nicht bewegende an Land. Selten schnappt mal eins nach dem Kollegen, wenn er zu nahe kommt. Nicht einmal die Fischfütterung bringt Bewegung in die Truppe. Nur einzelne Tiere nutzen die Gelegenheit und sind blitzschnell beim Zupacken. Andere scheint das Futter nicht zu interessieren. Wenn das kräftige Gebiss nicht wäre eigentlich ein friedlicher fauler Haufen.

Die kurze Weiterfahrt an die Küste ist unterbrochen von einem kräftigen Regenschauer. Wie es bisher der Zufall wollte, ist immer irgendwo ein Unterstand in der Nähe. Diesmal ein Zentrum für das Inselkunsthandwerk. In einem großen Gebäude werden an verschiedenen Ständen Waren angeboten, die man eigentlich nicht benötigt, in der Auslage aber schön anzuschauen sind.
Nach einem kurzen Aufenthalt geht’s weiter an die Küste. Ich finde ein kleines Hotel, mit Terrasse direkt zum Strand. Es ist ruhig. Ich sehe wie das Meer sich langsam bei Ebbe zurückzieht und den Felsuntergrund frei gibt. In der Ferne qualmen die Schornsteine einer Zementfabrik. Zwei Nächte bleibe ich.

Für den nächsten Tag buche ich eine Bootstour durch die naheliegenden Mangrovenwälder. Ich werde abgeholt und zur Anlegestelle gebracht. Dort stehen bereits viele Menschen diverser Reiseagenturen. Die Menge bereitet mir Unbehagen. Aber ohne Gruppenbuchung hätte ich vor Ort alleine ein Boot mieten müssen und das war mir zu teuer. So fahre ich mit 18 weiteren durch ein großes Naturschutzgebiet.

Die Mangrovenwälder sind durchzogen von Flussarmen. Karstfelsen ragen in die Höhe. Mal fährt das Boot durch eine Felshöhle. Wir sehen schwimmenden Affen, die sich Erdnüsse aus dem Wasser holen. Seeadler in großer Anzahl stoßen nach geworfenen Hühnerhäuten nieder. In einer schwimmenden Fischzuchtanlage kann ein merkwürdiges Exemplar von Fisch gefüttert und gestreichelt werden.
Naturnaher sind die im Mangrovenwald auf Baumästen sich ringelnden hochgiftigen Baumvipern oder die an der Decke in einer Höhle hängenden Fledermäuse.
Zum Abschluss der Tour erhalten wir in einem schwimmenden Restaurant ein Essen, begleitet von einem heftigen Regenschauer. Trotz meinem anfänglichen Gruppenstress hat mir die Tour gut gefallen.

DSC03259Am Abend unterhalte ich mich im Hotel mit zwei Frauen und bin fasziniert von ihrem Pioniergeist. Die Ältere (ca. 45 Jahre) ist die Chefin, wohnt mit ihrem Mann in Singapur, ist aber Malayserin. Sie hat sich auf der Insel Land gekauft. Noch ist es Buschland, sie möchte darauf etwas Landwirtschaft betreiben und ein Café mit kleinem Guesthouse für Touristen errichten. Die Jüngere kommt aus Indonesien. Sie haben sich über Facebook gefunden. Vorher arbeitete sie im Büro, ist nebenbei Künstlerin, malt Fingerbilder, singt und kocht gern. Einige ihrer Bilder verkaufte sie über Facebook bereits nach Amerika und England. Auf Youtube unter „Dandelion Aang“ sind Filme von ihr zu sehen.  Sie liebt die Natur und Herausforderung. Hat ihre Arbeit aufgegeben um auf dem Lande etwas Neues anzufangen.
Ich verspreche ihnen am nächsten Tag zu helfen. Das Grundstück liegt nahe der geplanten Strecke. Meine Hilfe erfolgt im Aufbau eines großen Zeltes. Und kaum steht das Zelt, gibt es einen kräftigen Regenguss. Es ist für die nächste Zeit ihre Schutzhütte und eventuell auch Schlafplatz.

Am späten Nachmittag fahre zurück in die Inselhauptstadt. Am übernächsten Tag bringt mich ein Boot zum Festland.