945. Reisetag
27.807 km
Mein linkes Handgelenk ist nach dem gestrigen Sturz geschwollen und mag keine Anstrengung oder Geschüttel. Fange deswegen den Tag langsam an. Es liegen die letzten 45 Kilometer auf Borneo vor mir. Kann diese auf relativ flacher und guter Straße, sogar mit Seitenstreifen, zurücklegen. Der Schmerz hält sich in Grenzen.
In der Ferne zeigt sich ein letztes Mal der Mount Kinabalu. Vorbei an den küstennahen Mangrovenwäldern dringe ich ein in die Vororte Kota Kinabalus, der Hauptstadt von Sabah.
Wie überall in Malaysia vergrößern sich die Städte. Um die Zentren entstehen neue Viertel, manche weit außerhalb auf der grünen Wiese. Sie sind fertig, aber leerstehend. Es sind keine Einzelhäuser, sondern große Investitionen. Ich frage mich, wo kommt das Kapital her und rentiert sich das? Ich weiß nur, dass die malaiische Währung sehr empfindlich auf eventuelle Zinserhöhung des Dollars reagiert. Das bedeutet vieles ist mit Kredit errichtet worden.
Im Zentrum finde ich eine passende Unterkunft. Am Nachmittag bummele ich durch die Stadt. Die Innenstadt ist eine ungeordnete Anhäufung von Hotels und Shopping-Malls. Die gehobenen Malls sind mit menschenleeren Läden bestückt. In denen einfachen Malls mit kleinen Verkaufsflächen und Gebrauchsgegenständen herrscht reger Betrieb.
Mein Abendessen nehme ich auf dem Nachtmarkt am Meeresufer ein. Der gegrillte Fisch schmeckt gut und hat erstaunlich wenig Gräten. Bier gibt es auf dem Nachtmarkt nicht. Ich trinke es später in einem chinesischen Restaurant. Es kostet nur die Hälfte des Ladenpreises und ist wohl Schmuggelware von den malaiischen zollfreien Inseln.
Am nächsten Tag erhalte ich in einem Radladen geeignete Kartons für die Fahrradverpackung für den Flug nach Manila und mache das Rad flugtauglich. Das Einchecken geht problemlos und schnell.
Der angesagte Besuch von Marie in Manila fällt leider aus. Sie benötigt mehr Zeit für ihre beruflichen Belange. Die Unwägbarkeiten des Abenteuers Philippinen spielen wohl auch eine Rolle. So werde ich weiterhin als Lonely Rider unterwegs sein. Schade.
Ca. 70 Tage bin ich durch das Land gefahren und habe gut 2000 Kilometer zurückgelegt. Malaysia ist kein Radfahrerland. Es herrscht einfach zu viel Verkehr. Die Überlandstraßen sind schmal und ohne Seitenstreifen. Geeignete Nebenstrecken gibt es kaum. Das Fahren ist damit anstrengend gewesen.
Ein gewisser Wohlstand im Land hat nicht nur die Zahl des Autos erhöht, sondern auch das Volumen der Menschen. Kein Wunder, denn in den Läden wird vor allem Junkfood angeboten.
In den Städten ist es ein merkwürdiges Durcheinander von Kleidung. Die chinesischen Frauen, besonders die jungen, tragen ihre knappen Shorts. Die muslimischen Frauen und Mädchen sind von oben bis unten eingehüllt in ihren Tüchern und Hosen.
Das Besondere in diesem Land sind wieder freundlichen Menschen, ob muslimisch oder chinesisch. Es gab keine Situation, in der ich ein ungutes Gefühl hatte. Ich fühlte mich immer sicher.
Beim Abflug lese ich in der Zeitung von einer Anzeige des Flughafens Kuala Lumpur. Es werden die Eigentümer dreier Jumbo-Jets gesucht, die bereits ein Jahr lang auf dem Gelände stehen. Malaysia gibt viele Rätsel auf.