Thomas Kipp

Der Timber-Trail.

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Dez 072016
 
dsc06935

Brückenerlebnis.

56. Reisetag

1288 km

 

Kaum sitzen wir am Morgen auf dem Rad kehren wir um. Den ersten Regenschauer warten wir noch im Trockenen ab. Den weiteren trotzen wir in Regenkleidung. Einen Tag sind wir auf Nebenstraßen unterwegs. Geteert oder was man hier als „Metalroad“ bezeichnet – grob und steinig. Sie führen uns zum Waikato-Rivertrail. Viele Berge, zwei Stauseen, Regen und die frustrierende Suche nach einem auf der Karte eingetragenen Campingplatz, den es nicht gibt. Wir schlagen unser Zelt am Ufer des Waikato-Rivers auf und genießen den Abend ohne lärmendes Umfeld.

Die Fahrt entlang des Flusses am nächsten Tag ist recht anspruchsvoll, alles andere als flach. Manch kurze steile holperige Passage zwingt uns zum Schieben. Das Wetter meint es gut, das Radeln bringt trotz Anstrengung Spaß.

Den River-Trail verlassen wir im kleinen Ort Mangakino. Im einzigen Laden frischen wir bei beschränkter Auswahl unsere Vorräte auf. Die nächste Einkaufsmöglichkeit gibt es in vier Tagen.

30 Kilometer Fahrt auf verkehrsarmem Highway verbindet uns mit dem Timber-Trail, die nächste Herausforderung. 85 Kilometer wird er uns abseits jeder Straße auf Trails durch den Pureora Nationalpark führen. Wir sind gespannt. Auf schmalen Pfaden tauchen wir ein in einen sattgrünen Regenwald. Flechten und Moose überziehen Stämme und alles was wächst. Sie verleihen dem Ganzen eine zauberhaft-märchenartige Atmosphäre. Wir befinden uns in einer anderen Welt.

Langsam geht es in die Höhe. Das erste Nachtlager schlagen wir vor einer Schutzhütte auf. Wasser holen wir aus dem nahen Bach. Am Morgen um und über uns eine dicke Nebelschicht. Zum Glück löst sie sich auf und die Sonne kommt zwischen den Wolken durch. Es geht bergauf, diesmal steiler, bis auf 1000 m Höhe. Wir passieren zwei Arbeiter, die den Trail in Stand halten.

Wir bewegen uns weiter an mächtigen Felswänden vorbei, durch dunkle in den Fels geschlagene Wegabschnitte und immer wieder durch üppiges, wucherndes Grün.

Täler werden von langen Hängebrücken überspannt. Die längste misst 140 m und führt uns in 60 m Höhe über die Baumwipfel.
Marie ist nicht schwindelfrei. Mit verbundenen Augen führe ich sie über die ersten Brücken. Die letzten schafft sie offenen Auges.

Auf diesen Pfaden legen wir bis zum Nachmittag 30 Kilometer zurück. Die Nacht verbringen wir auf einer Wiese am Trail. Die morgendliche Frische hilft uns den nächsten Berg zu erklimmen. Und dann geht es meist bergab – auf dem Gleisbett einer alten Tram. Vor 60 Jahren transportierte sie Holzstämme ins Tal. Um die Höhen zu überwinden wurde sogar eine Spirale in den Fels geschlagen. Richtig rollen lassen können wir uns nicht. Der unebene und steinige Weg schüttelt uns kräftig durch.

Im Tal angekommen verschwindet der Nationalpark-Forest. Privatland mit aufgeforsteten Kiefernwäldern und eingezäunte Wiesen prägen wieder die Landschaft.
Der Trail endet in der verschlafene Ortschaft Ongarue mit einfachstem Zeltplatz, leider direkt neben der Bahnschiene. Das donnernde Getöse der vorbeifahrenden Güterzüge verhindert den erquickenden Schlaf.

Geothermische Phänomene.

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Dez 012016
 

dsc0668050. Reisetag

1133 km

 

 

Neuseeland ist für Radfahrer wahrlich kein Paradies. Es gibt vor allem Highways und wenige Nebenstraßen. Der Neuseeländer, eigentlich ein freundlicher Mensch, wird im Auto oft zum Rowdy. Er fährt zu schnell und eng an uns Radfahrern vorbei. Diverse Cycle-Trails bieten oft eine Alternative zur Hauptstraße. Diese sind vor allem für Mountain-Biker konzipiert und für uns mit Gepäck wahrscheinlich schwer befahrbar. Trotz Bedenken planen wir möglichst auf diesen unsere Weiterfahrt Richtung Süden.

Rotorua verlassen wir auf dem Thermal-Cycle-Trail. Zunächst entlang dampfender Erdlöcher und schmaler Hangpfade, 20 Kilometer entlang eines Highways auf einem Radweg und über holprige eingezäunte Pfade durch Hügelwiesenlandschaft. Wie so oft wundern wir uns, weshalb direkt neben dem Pfad eine Straße verläuft, diese aber für den Radfahrer nicht zugänglich ist. Es ist Privatland und für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Dieses Phänomen beobachteten wir bereits häufiger. Wunderschöne weite Natur, aber überall Zäune und Absperrungen.

Nach 35 Kilometer erreichen wir das Volcanic Valley, ein junges Thermalgebiet, entstanden durch einen Vulkanausbrauch 1886. Nach dem Entrichten des üblichen hohen Eintrittspreises wandern wir bergab vorbei am Inferno Crater Lake mit 80 Grad heißem Wasser und am Fraying Pan Lake, der größten Heißwasserquelle der Erde. Ein Minigeysier spuckt sein Wasser in einen dampfenden mit bunten Algen verzierten Bach. Ein interessanter dreistündiger Nachmittagsausflug.

Nach einer kurzen Weiterfahrt schlagen wir unser Zelt auf einem vermeintlich einsamen einfachen Zeltplatz auf. Wir sind die ersten. Leider rollt so nach und nach die Camper-Karawane an mit einer bis spät in die Nacht feiernden und trinkenden Work- und Travel-Gruppe. Zum Glück hält Oropax die meisten Geräusche ab. Ich schlafe gut.

Zeitig stehen wir auf. Um 10 Uhr an jedem Morgen spukt im naheliegenden „Wai-O-Tapu Thermal Wonderland“ ein Geysier sein Wasser in die Höhe. Das möchten wir sehen.

Wir fahren auf dem gekennzeichneten Trail weiter. Jedoch wird dieser schwieriger und schwieriger. Immer öfter müssen wir steile steinige Passagen hinauf und leider auch hinunter schieben. Wir sind mitten in einem Mountainbike-Park gelandet, etwas abseits der Straße – aber auf dem richtigen Weg. Gerade rechtzeitig erreichen wir das „Wonderland“ und zahlen den üblichen Eintritt. Zwei freundliche Schweizer, Markus und Monika, nehmen uns in ihrem Van mit zum etwas abseits gelegenen Geysierschauplatz. Und es ist wirklich ein Theater. Eine Bühne ist errichtet, die sich so langsam füllt. In der Arena, hinter einem kleinen Zaun, ein weißer Kegel mit Öffnung. Um 10 Uhr erscheint ein Herr mit Mikrophon. Nach fünf Minuten Ansage, kippt er einen Beutel Seifenpulver in die Öffnung und so langsam fängt der Geysier an zu spucken. Die Menge fotografiert den Geysier und sich davor. Sehr befremdlich. Jeder Reiseführer beschreibt diesen Ausbruch als etwas Besonderes. Die Vermarktung hat mal wieder geklappt.

Die vulkanischen Phänomene des Parks sind aber sehenswert. Ein kochender, vielfarbiger Champagner Pool, ein blubbernder Schlammteich und faszinierende Mineralterrassen.

Nach dieser Besichtigung fahren wir ins Waikite Valley zu den Thermalpools. Dort können wir unser Zelt aufschlagen und uns im heißen Wasser einweichen. Am Abend gibt es sogar im Campingbus der Schweizer, die ebenfalls hier Station machen, einen Wein zu trinken.

Den nächsten Tag bleiben wir. Es regnet in der Nacht, der Morgen ist grau und Marie hat Bauchgrummeln.

 

Faszinierende stinkende Touristenmetropole.

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Nov 282016
 

dsc0644847. Reisetag

1082 km

 

Ein nach Schwefelwasserstoff riechender Odem liegt über Rotorua. Wir weilen in Neuseelands aktivster Thermalgegend. Die qualmenden Erdlöcher, blubbernden Schlammtümpel und dampfenden Seen ziehen trotz des durchdringenden Geruchs nach faulen Eiern die Touristenkarawanen an, uns eingeschlossen. Nicht nur in der Stadt, auch rundherum dampft, blubbert und spritzt es aus der Erde. Der letzte Vulkanausbruch war 1886. Und alles wird touristisch vermarktet, die Thermalbäder, Geysiere und von der Asche begrabenen Dörfer. 

Ich bin fasziniert von diesen noch nie gesehenen Naturereignissen. Mitten in der Stadt treibt der Wind Wasserdampfschwaden über Tümpel und Seen oder eine graue breiige kochende Flüssigkeit spritzt aus Löchern. Wir schauen uns nur die frei zugänglichen vulkanischen Aktivitäten an. Erst auf unserer Weiterfahrt werden wir einige vulkanische Besonderheiten besuchen.

In Rotorua bleiben wir fünf Nächte in einem netten Hostel. Die Besitzerin kommt aus Deutschland und ist in Neuseeland „hängen“ geblieben. Solche Lebenswege finde ich interessant. Ich hätte mir ebenfalls vorstellen können mich irgendwo in der Welt niederzulassen. Nur ergab sich bisher keine passende Gelegenheit.

In Rotorua machen wir einige Radausflüge durch dampfende Gegenden und in den Redwoodforest mit riesigen Mammutbäumen. Eigentlich wollten wir im Forest mit dem Rad herumfahren, sind aber in dem Teil des Waldes angekommen, der nur für Spaziergänger freigegeben ist. (Alles ist, wie bereits erwähnt, wohlgeordnet in diesem Lande.) Also sind wir gewandert, ist auch schön.

An einem anderen Tag besucht Marie ein Maori-Thermal-Village mit Dorfbesichtigungsprogramm und Show. Ich mag solche Veranstaltungen und Orte nicht, bei denen alles organisiert ist und Busladungen durchgeschleust werden. Allzu viele gibt es davon in Neuseeland und die Eintrittspreise von 25 Euro und mehr sind recht hoch.

Trotz Thomas Bedenken habe ich einen interessanten Ausflug erlebt. Das Whakarewarewa Village ist ein belebtes Dorf, in dem die Geothermik zum Kochen, Heizen und Baden verwendet wird. Das Essen wird als „Hangi“ in einem Erdloch zubereitet. Durch die Zubereitung mittels Dampf kann das Essen nicht anbrennen und es ist eine einfache Möglichkeit der Essenszubereitung. Das heiße Wasser wird kanalisiert und in Becken zum Baden gesammelt. Abends, wenn die Touristen das Dorf verlassen haben nutzen die Bewohner diese Gelegenheit.

Die Tanz- und Gesangsaufführung war nett, aber kein Muss. Der Haka-Tanz wirkt auf der Bühne eben nicht kriegerisch oder stark sondern touristisch aufbereitet. Sogar das deutsche Fernsehen war da. RTL Explosiv berichtet vermutlich samstags in 2 oder 3 Wochen über dieses Dorf.

Hobbiton.

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Nov 232016
 

dsc0638942. Reisetag

1036 km

60 km Bus

 

Die Weiterfahrt nach Matamata ist unspektakulär gut. Das Wetter radfahrerInnenfreundlich – der Wind kommt kontinuierlich von der Seite ohne starke Böen, die uns aus dem Gleichgewicht bringen könnten. Der Himmel blau mit kleinen Wölkchen betupft. Unterwegs besichtigen wir ein Art Heimatmuseum und trinken das erste L+P (Lemon und Paeroa), ein süßes Limonadengetränk der Gegend, mittlerweile von Coca Cola übernommen.

Das Hostel in Matamata eröffnete vor 3 Wochen, ist nicht überfüllt und riecht nach Neubau. Es hängen noch keine Schilder „Keep the kitchen tidy“, „Don´t do this“ und „Do that“. In Folge dessen steht Lauren, die Besitzerin morgens in der Küche und räumt den Spül weg.

Ein kleiner Exkurs über meine Erfahrungen mit jungen Menschen in Hostelküchen. Ich denke häufiger „Hey ich bin nicht eure Mutti“ (die alles hinter euch herräumt). Und es gibt nette Augenblicke: Ein junger deutscher Backpacker präsentiert stolz seinen ersten Auflauf. Wir werden häufig gesiezt, obwohl wir die Anderen duzen. Vermutlich liegt es an unserem Alter?

Am nächsten Tag starten wir unseren Hobbitonausflug, dem Drehort von Mittelerde aus dem Herr der Ringe. Mit ca. 35 anderen Touristen sitzen wir im ersten Bus. In Hobbiton angekommen werden wir zügig durchs Gelände geführt. Im 10-minütigen Abstand startet die nächste Gruppe und so geht es wohl den ganzen Tag. Alles bestens organisiert, beim hohen Eintrittspreis von ca. 55 Euro/Person auch zu erwarten. Eine höchst profitable Geschäftsidee.

Wir sehen bei unserem Gang vor allem die Türen der 44 Hobbithäuschen am Grashang, alles Kulisse. Dahinter ist nichts. Davor alles nett plaziert: Ein auf alt getrimmter Zaun, dahinter der Vorgarten mit Blumen und weiteren schön anzusehenden Dinge. Wir erfahren wie dieses Gelände entdeckt wurde, die Armee kam mit Bulldozern und half bei der Gestaltung mit. Ein in der Geschichte erwähnter Baum wurde künstlich errichtet und mit tausenden von Plastikblättern versehen usw.

Und immer wieder werden wir mit „Keep your last picture please, we have to continue“ zur Eile angetrieben. Das mit dem Fotografieren ist schwierig. Meist steht schon ein Chinese oder Japaner vor dem Motiv um mit ins Bild integrieret zu werden.

Nach 2 Stunden Hobbiton-Häuschenfassadenschauen, einem Hobbitfreigetränk und nicht immer verständlichen Infos ist der Rundgang beendet. Das ist wohl nur eine Tour für eingefleischte Hobbitfans. Wir sind froh als wir wieder im Bus sitzen.

Die 60 km entfernte Stadt Rotorua können wir nur über eine stark befahrene Straße erreichen. Wir wählen wieder die Busvariante. Der Busfahrer verweigert diesmal aus Platzgründen die Mitnahme der Räder. Hätte er gewollt und die Taschen der anderen Reisenden anders plaziert, wäre Platz gewesen. Wir werden nicht mitgenommen und am nächsten Tag kann es uns genau so gehen. Frustriert kehren wir ins Hostel zurück.

Dank der Hilfe einer super engagierten Mitarbeiterin des örtlichen Touristenoffice schaffen wir es am nächsten Tag. Sie organisiert uns eine Tour in den Hobbiton-Bussen, die aus diversen Städten den Filmort anfahren. Erleichtert und dankbar für diese Hilfe erreichen wir Roturoa. Dort mieten wir uns wieder in ein Hostel ein.