Thomas Kipp

Pinguine, Boulders und mee(h)r.

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Feb 092017
 

120. Reisetag

 2494 km

 

Unser nächster Stopp ist 40 Kilometer weiter südlich, im kleinen Ort Hampden. In einem etwas muffeligen Campingwagen an der Küste nisten wir uns für die nächsten zwei Tage ein. Der Vorteil gegenüber dem Zelt: wir können stehen, die Nebengeräusche auf dem Platz stören weniger und es soll regnen.

Am Ankunftstag ist es jedoch schön bei kräftigen Winden. Nach dem Ablegen des Gepäcks liegt die anstrengendere Etappe vor uns. Eine Klippe in 10 Kilometer Entfernung hinter diversen Hügeln. Und wie im Reiseführer vorausgesagt kommen gegen Abend einige Gelbaugenpinguine aus dem Wasser und watscheln zu ihren aufgestellten Nistkästen. Ein Zaun schützt sie vor zu aufdringlichen Besucher.
Auf den Steinen unten am Ufer lümmeln Seelöwen und -hunde herum. Wir schauen ihnen vom Rand einer Klippe zu während die stürmischen Winde an uns zerren. Den Naturgewalten so ausgeliefert zu sein ist etwas Besonderes. Ganz anders als das Kämpfen gegen den Wind auf dem Fahrrad. Das müssen wir auf der Rückfahrt.

Am nächsten Morgen spazieren wir bei Ebbe entlang der Steilküste. Zunächst alleine – bis zu einem Abschnitt auf dem ungewöhnlich große kugelförmige Konkretionen halb versunken im Sand stecken – die „Moeraki Boulders“. Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Kugeln im Zeitraum von einigen Millionen Jahren in Meeresschlamm nahe der Oberfläche gebildet haben.

An der Straße mit einem Hinweisschild versehen und in jedem Reiseführer beschrieben, hält hier die durchs Land ziehende Touristenkarawane und stört ein wenig bei der Betrachtung. Aber wir gehören ja ebenfalls dazu.

Am Nachmittag ziehen vermehrt Wolken auf und der vorausgesagte Regen setzt ein. Er kann uns nichts anhaben mit festem Dach überm Kopf.
Der Campingplatz wird von einem Schweizer Paar gemanagt und das zieht offenbar herumreisende Landsleute an. Von freundlichen Alpenländern werden wir am Abend zu einem Wein eingeladen und bekommen am nächsten Morgen sogar eine Original Schokolade geschenkt.

Die nächsten 80 Kilometer legen wir mit dem Bus zurück, da es bis zur nächsten Stadt nur den Highway 1 mit entsprechendem Verkehr gibt.

Dunedin, siebtgrößte Stadt Neuseelands, das „Edinburgh des Südens“, von den ersten Schiffladungen Schotten im Jahr 1848 gegründet.
Viele alte Gebäude sind in der Stadt erhalten geblieben. Darunter auch der pompöse Bahnhof, eines der meistfotografierten Gebäude Neuseelands. Der Zugverkehr beschränkt sich hingegen auf ein bis zwei Abfahrten am Tag.

Unsere erste Unterkunft finden wir in einem völlig überfüllten Hostel. Die bezahlbaren Unterkünfte der Stadt sind alle voll. Für die nächsten Nächte finden wir über Airbnb bei Janie eine Unterkunft. Für mich ist sie anstrengend, da Janie gerne redet, Marie kommt mit ihr besser zurecht. Die Bleibe ist aber gut und über Tag erkunden wir die Stadt.

Drei Nächte verbringen wir auf der vorgelagerten Halbinsel. Immer das gleiche Phänomen. Bei unserer frühen Ankunft auf dem Campingplatz sind wir fast die einzigen Gäste, am Abend ist er voll von Wohnmobilen. Und alle wollen die Albatross-Kolonie am Inselzipfel besuchen – wir natürlich auch. Zum Schutz der Albatrosse ist alles weiträumig abgesperrt, aber auch um die Besucher kräftig zur Kasse zu bitten. Die Gruppen beobachten im Halbstundenrhythmus durch getönte Glasfenster die Albatrosse.
Unser Besuch erfolgt (leider) in windstiller Zeit und so sehen wir nur die auf ihren Eiern sitzenden großen Meeresvögel. Erst bei Wind können die Albatrosse mit einer Flügelspannweite von drei Metern starten und landen. Einige fliegende sehen wir von einer naheliegenden Klippe aus.

Steam-Punk, Trödel und Schafschur.

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Jan 302017
 

110. Reisetag

2335 km

 

Oamaru – ein merkwürdiger Ort.
In einem alten Gebäude, im sogenannten Steam-Punk Headquarter, haben sich kreative Schweißer mit wilden Figuren aus Überbleibseln des Industriezeitalters des letzten Jahrhunderts ausgetobt, vermischt mit Spiegel-Technik und Klangkunst auf einem alten Klavier. Davor steht eine alte Lock, die nach dem Einwurf von 2 Dollar funkten sprüht, dampft und pfeift.

Nicht nur im Headquarter, auch auf dem Kinderspielplatz ist geschweißte Kreativität präsent. An einem riesigen Hochrad hängen Schaukeln, die Rutsche ist über einen gepanzerten Elefanten zu erreichen.

Oamaru hat das Glück auf stabiler Scholle zu stehen. Die schweren Erdbeben im 200 km entfernten Christchurch hinterließen keine Spuren. Viele Gebäude aus viktorianischer Zeit sind in Hafennähe erhalten geblieben. Ihren ursprünglichen Zweck erfüllen sie schon lange nicht mehr. Diverse Trödel- und Krimskramsläden, Galerien und Cafes haben sich hier angesiedelt.
Auf der Straße fährt ein Radler auf einem Hochrad, wie in vergangenen Zeiten, spielend einfach wie es aussieht. Andere Hochräder stehen zum Verkauf oder sind auf der Straße festgeschraubt – zum Aufsteigen für Neugierige. Es bleibt uns ein Rätsel weshalb gerade in dieser Stadt.

Die meisten Traveller kommen jedoch wegen der Pinguine. Nahe dem Ufer findet jeden Abend dieselbe Schau statt. Auf einer Bühne sitzend sehen die Touristen einen Schwarm Zwergpinguine aus dem Wasser kommen und über Steine zu ihren künstlichen im Boden liegenden Brutkästen watscheln. Der bessere Platz kostet ca. 35 Euro, die schlechteren sind günstiger. Wir beobachten das Theater aus der Ferne.

Unsere Unterkunft wechseln wir bereits am zweiten Tag (ist ausgebucht) und haben Glück damit. Die neue hat nicht nur einen schönen Blick über den Hafen, das besondere für uns ist der Mann der Chefin. Er ist Schafscherer und nimmt uns mit zu seiner Arbeit. Er organisiert sogar unseren Transport zur 40 km entfernten Schaffarm.
1000 Schafe werden an diesem Tag ihre Wolle verlieren. Zusammengepfercht stehen sie bereits einen Tag lag auf kleinstem Raum ohne die Möglichkeit zum Fressen – zum Ausködeln, damit beim Scheren alles sauber bleibt.
Im Schuppen sind 4 Schafscherer bei der Arbeit. Muskulöse Männer, sie packen das Schaf an den Vorderbeinen und ziehen es rückwärts aus dem Pferch. Die Schur beginnt. Manchmal strampelt es noch, dann wird der Klammergriff verstärkt und der Kopf zwischen die Beine geklemmt. In atemberaubender Schnelle fährt die Schere über den Körper. Nach 90 Sekunden erhält das Schaf einen Schubs und rutscht hinab in den Stall, die Schur ist beendet. Das heutige Tagespensum liegt bei 250 Schafen pro Scherer.
Frauen mit Holzschiebern klauben die frisch geschorene Wolle zusammen und sortieren sie nach Reinheit und Länge. Alles läuft mehr oder weniger wortlos ab. Es herrscht eine energievolle, schweisstreibende Arbeitsatmosphäre. Abba ertönt im Hintergrund zu dem lauten Brummen der Scherapparate.

 

Alps2Ocean.

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Jan 262017
 

 

 106. Reisetag

2301 km

 

Neuseelands längster Trail liegt vor uns – der „Alps2Ocean“ mit 310 Kilometern. Der offizielle Beginn liegt an den Hängen vom Mt. Cook, mit 3724 m Neuseelands höchster Berg. Wir starten alternativ in Tekapo, um den notwendigen Helikopter-Transfer (mit Rädern) über den Tasmanfluss zu vermeiden.

Die Regenwolken vom Vortag sind verschwunden, der heftige Wind ist geblieben. Da wir das Zimmer räumen müssen entscheidet Marie mutig: wir fahren weiter. Anfangs kommen wir gut voran, auf einer Straße ohne Steigung entlang eines Kanals. Dieser verbindet die (meist) gestauten Bergseen, deren unterschiedliche Höhen zur Stromerzeugung genutzt werden. Nach einer Kehre des Kanals wird der Seitenwind zum heftigen Headwind.

Zum Weiterradeln langen unsere Kräfte nicht, sogar das Schieben ist mühsam. Marie streikt und will umkehren. Ich bin sauer. Wir fahren zurück nach Tekapo, dem Ort in dem wir ungewollt bereits 5 Nächte verbracht hatten. Auf einer Wiese vor der JH schlagen wir das Zelt auf. Bei fast Null Grad wird es unsere kälteste Nacht draußen. Der nächste Tag belohnt uns mit Sonnenschein und Windstille. Ohne Anstrengung fahren wir entlang von Kanälen und türkisblauen Bergseen durch schönste Gebirgslandschaften, am Horizont die Kuppen der Schneeberge. Die Konturen der Berge grenzen sich scharf vom klaren Himmel ab. Ganz anders der nächste Tag. Tief hängende Wolken reduzieren den Weitblick und geben der Landschaft etwas Melancholisches. Bevor die ersten Tropfen fallen haben wir am Ohau-See auf einfachsten Campingplatz das Zelt aufgeschlagen und unser Abendessen zubereitet. Der einsetzende ausdauernde Regen hält uns den nächsten Tag im Zelt fest. Es hat sich bewährt lieber zu warten und wirklich, bei Sonnenschein brechen wir einen Tag später auf. Es geht kräftig in die Höhe. Zunächst auf guter Piste mit sagenhaften Rückblick auf den Ohau-See und der Schneekuppe des Mt. Cook dahinter. Leider erfordert bald das grobe Gestein auf dem Weg unsere ganze Konzentration. Selbst die anschließende Talfahrt erlaubt wegen der schlechten Wegbedingungen wenige Seitenblicke. Der Trail endet auf einer geschotterten Straße. Schönstes Umfeld und Weitblicke aber wenig Möglichkeit diese zu genießen, da der lose Schotter den Blick nur nach vorne erlaubt.

Geruhsamer erleben wir die nächsten Tage. Entlang von Stauseen und Flüssen bewegen wir uns talwärts. Selbst der Wind meint es gut mit uns.

Erst am letzten Tag, bevor wir den Pazifik erreichen, stellen sich noch einmal Berge in den Weg. Merkwürdigerweise ist es in Küstennähe deutlich kälter als oben in den Bergen. Müde und bei Regen erreichen wir den Ort Oamaru. Zelten wollen wir nicht. Da viele Unterkünfte voll sind dauert es etwas länger in der recht hügeligen Stadt eine Bleibe zu finden.
Zur Abwechslung von den Nudelgerichten essen wir am Abend jeder eine viel zu große Pizza.

Trockenes Land – türkisblaue Bergseen.

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Jan 182017
 

 

 

 98. Reisetag

1986 km

 

Genug der vielen Busfahrten und Stadtaufenthalte. Zur Eingewöhnung nach langer Pause starten wir auf dem „Little River Trail“, der aus Christchurch hinaus auf die vorgelagerte Halbinsel führt. Durch Vulkanausbrüche entstanden ist sie recht unwegsam und bergig. Der Trail verläuft jedoch auf einem ehemaligen Gleisbett und küstennah durch flaches Land.

Nach dem Verlassen der Vororte Christchurchs mit den endlosen Reihen der typischen Holzhäuser erreichen wir den Bahndamm, der uns auf geschotterten Weg durch trockenes Grasland mit viel Dornengestrüpp Richtung Küste führt.

Das offene Meer bekommen wir kaum zu sehen, dafür die endlose Weiten von Salzmarschen des Lake Ellesmere. Durch einen breiten Schotterstreifen ist dieser von der offenen See abgeschnitten. Auf seinen Wasserflächen tummeln sich die Vögel. Besonders interessant der große weiße Löffler, ein Schreitvogel mit aufstehenden Federfächer im Nacken. Mit seinem langem „Löffelschnabel“ stochert er unermüdlich im seichten Wasser herum.
Durch ein breites Flusstal mit Stausee gelangen wir ins Innere der Halbinsel und zur Endstation der Eisenbahn und damit unseres Trails. Es folgt eine kurze Bergfahrt und wir erreichen den Little River Campingplatz einem ehemaligen Bird-Sanctuary, mit gemütlichen Sitzecken, Topfblumen und Kompostklo.

Am nächsten Morgen geht es größtenteils auf dem gleichen Weg zurück, leider bei bedecktem Himmel. Geplant ist, einen von unserer Route etwas abgelegenen Campingplatz aufzusuchen. Der Wind bläst aber heftig gegen uns und Maries Magen rebelliert ein wenig. Wir übernachten in dem einzigen Motel im öden Ort Rolleston, dessen hoher Preis mir wiederum Magenprobleme bereitet.

300 Kilometer auf mäßig verkehrsreicher Straße liegen vor uns zum nächsten (fast) autofreien Radtrail „Alp2Ocean“. Zunächst durchfahren wir die flache Landschaft des Canterbury, eine der trockensten Regionen Neuseelands. Die von der Tasmansee kommenden feuchten Wolken regnen an der Westseite der Alpenkette ab bevor sie den Osten der Südinsel erreichen. Das Land wird trotzdem intensiv landwirtschaftlich genutzt. Lange Bewässerungsanlagen fahren computergesteuert über Wiesen und Felder. Das Wasser dazu wird durch Kanäle von aus den Alpen kommenden Flüssen abgezweigt.
Wir radeln fast geradeaus durch die Felderlandschaft, etwas ansteigend bei leichtem Wind von hinten, bis wir am späten Nachmittag steil hinunter in die Schlucht des Rakaia-Flusses abtauchen. Nach dem Zeltaufbau versuchen wir uns bei einem Spaziergang mit Stein-Art am Ufer des türkisblauen Wassers, dessen Farbe durch die Reflektion vom fein verteilten Gesteinsmehlsedimenten im Sonnenlicht entsteht.

Am Abend dann das übliche Nudelgericht und ein ins Zeltverkriechen mit der Dunkelheit. Die Nacht wird unruhig. Ein heftiger Wind fegt durch die Schlucht und lässt das Zelt flattern. In Europa würde man wohl Sturm dazu sagen.

Drei weitere Tage sind wir entlang des Alpenvorlandes bis zum Lake Tekapo unterwegs, den Startpunkt des nächsten Trails. Es wird bergig. Auf den Feldern weiden Hirsche. Von den Europäern zum Jagen ins Land gebracht hat ihre Zahl wegen fehlender Feinde überhand genommen. Als man merkte, dass sich ihr Fleisch gut nach Europa verkaufen konnte begann die Zucht.

Tekapo ist ein beliebter Halte- und Übernachtsungsort für die Touristenkarawane, besonders der asiatischen Gäste. Es ist ganz schön hier: Spaziergang auf und Weitsicht vom Mt. John, dem Hausberg, auf türkisblau leuchtende Seen und Bergkulissen. Zwei Tage hätten uns genügt. Wir bleiben länger. Wir buchten bereits in Christchurch ein Hostel, da wegen der Hauptreisezeit kurzfristig nichts zu bekommen ist. Früher als geplant kommen wir an, eine Umbuchung oder Stornierung ist nicht möglich. Nach zwei Zeltnächten wechseln wir ins Hostel. Das Wetter zeigt sich von seiner schäbigen Seite, Regen und heftige Winde gegen uns machen die Weiterfahrt unmöglich. Notgedrungen verlängern wir unseren Aufenthalt noch einmal.
Der Nutzen eines Regentages, ich schreibe den längst fälligen Blog.