24. Reisetag
1061 km
Gestern war ein Brückentag. Ich bin über 18 Brücken im Myra Canyon gefahren.
Es ist eine bizarre Landschaft. 2003 war ein Feuersturm durch den Canyon gefegt und hat alles verbrannt – die Wälder und die alten Brücken. Verkohlte Baumstümpfe und kahle Hänge sind die Zeugen des damaligen Feuers. Die Natur lässt sich durch derartige Ereignisse nicht aufhalten. Hat der Samen nun im Boden überlebt oder der Wind hat ihn hergetrieben – ich weiß es nicht? Zwischen den verkohlten Resten wachsen bereits auf weiten Flächen neue Tannen und Kiefer. Die Menschen waren diesmal schneller als die Natur. 2008 waren alle Brücken neu erstellt, durch Freiwilligenarbeit und Spenden. Der TCT war wieder befahrbar.
Ich konnte in ca. 1.250 m Höhe über 15 km ohne Steigungen den Canyon umfahren. Mit weitem Blick in den Canyon und auf die andere Hangseite.
Bevor ich dieses Erlebnis haben konnte war am Tag davor wieder Bergfahrt angesagt. Auf weniger gutem Weg schraubte ich mich 850 m in die Höhe – meist mit Blick auf den Okanagan See.
Es gab Warnhinweise auf Klapperschlangen. Habe aber kein Klappern gehört. Es ist wohl noch zu kalt. Ein murmeltierartiges Wesen machte Männchen am Wegesrand. Als es mich sah verschwand es in seinem Bau. Die Neugierde ließ es aber bald wieder herauskommen. Fasst angegriffen wurde ich von einem huhnartigen Vogel. Er kam immer näher auf mich zu und fing an zu Hacken. Da bin ich weitergefahren. Unterwegs traf ich einen Schweizer Radler. Er war schon länger unterwegs. Ehe ich eine Frage stellen konnte fing er ohne Unterbrechung an zu erzählen. Nach 15 Minuten unterbrach ich mit „ich muss mal weiter“ den Redefluss und war froh in die andere Richtung fahren zu können. Hoffe ich werde nicht auch mal so.
Am späten Nachmittag traf ich müde auf 1.250 m Höhe am Chute Lake ein. Hier sollte es Bett, Essen und einen Campingplatz geben. Mir blieb nur der Campingplatz. Alles war noch wegen Winter geschlossen. Kochte mein Tütensüppchen, schaute auf den See und habe in der Nacht so gerade nicht gefroren. Am Morgen schaute ich mich auf dem Anwesen ein wenig um und sah Erstaunliches. Es muss hier einen Sammler geben, der über Jahre auch wirklich alles gesammelt hat: Schilder, Werkzeugen, Maschinen und vieles mehr.
Die morgendliche Kälte in mir wurde bald vertrieben durch den Kaffee, die Sonnenstrahlen und die anfangs noch schlechten Wegverhältnisse. Der immer wieder mögliche weite Blick übers Tal auf den Okanagan See ließ Glücksgefühle aufkommen.
Im Myra Canyon war ich zeitlos geworden und konnte einfach nur stehen bleiben und schauen. Bis ich merkte, dass noch eine weite Strecke zur nächsten Unterkunft zu bewältigen war.
Nach dem Canyon wurde die Wegstrecke deutlich schlechter. Sand und Steine sind nichts gegen Teiche auf dem Weg. Viele Male musste ich die Radtaschen abnehmen, durch das Gestrüpp am Rande tragen und den gleichen Weg noch einmal mit dem Rad zurücklegen. Den fehlenden Spuren im Schnee zufolge war ich wohl der erste in diesem Jahr auf der Strecke. Nach einem Schild „passing not possible“ verließ ich den TCT, ohne nachzuschauen ob ich da doch durchkomme. Über einen Feldweg erreichte ich erst eine Forststraße und dann den Highway, der mich nach Beaverdill führte. (Ich war froh über mein GPS-Gerät auf dem ich die Wege verfolgen konnte.) Leider war das alte Hotel aus dem Jahre 1910 im letzten Jahr abgebrannt. Es wurde in meinem Führer so verlockend beschrieben. Ich fand ein Zimmer mit Kochgelegenheit. Zum Campen war es mir zu kalt.
Am nächsten Tag radelte ich auf dem Highway nach Midway, meiner nächsten Station. Zweimal versuchte ich es mit Abschnitten auf dem nahen TCT. Die Wegverhältnisse dort waren so schlecht, dass ich es aufgab.