106. Reisetag
2301 km
Neuseelands längster Trail liegt vor uns – der „Alps2Ocean“ mit 310 Kilometern. Der offizielle Beginn liegt an den Hängen vom Mt. Cook, mit 3724 m Neuseelands höchster Berg. Wir starten alternativ in Tekapo, um den notwendigen Helikopter-Transfer (mit Rädern) über den Tasmanfluss zu vermeiden.
Die Regenwolken vom Vortag sind verschwunden, der heftige Wind ist geblieben. Da wir das Zimmer räumen müssen entscheidet Marie mutig: wir fahren weiter. Anfangs kommen wir gut voran, auf einer Straße ohne Steigung entlang eines Kanals. Dieser verbindet die (meist) gestauten Bergseen, deren unterschiedliche Höhen zur Stromerzeugung genutzt werden. Nach einer Kehre des Kanals wird der Seitenwind zum heftigen Headwind.
Zum Weiterradeln langen unsere Kräfte nicht, sogar das Schieben ist mühsam. Marie streikt und will umkehren. Ich bin sauer. Wir fahren zurück nach Tekapo, dem Ort in dem wir ungewollt bereits 5 Nächte verbracht hatten. Auf einer Wiese vor der JH schlagen wir das Zelt auf. Bei fast Null Grad wird es unsere kälteste Nacht draußen. Der nächste Tag belohnt uns mit Sonnenschein und Windstille. Ohne Anstrengung fahren wir entlang von Kanälen und türkisblauen Bergseen durch schönste Gebirgslandschaften, am Horizont die Kuppen der Schneeberge. Die Konturen der Berge grenzen sich scharf vom klaren Himmel ab. Ganz anders der nächste Tag. Tief hängende Wolken reduzieren den Weitblick und geben der Landschaft etwas Melancholisches. Bevor die ersten Tropfen fallen haben wir am Ohau-See auf einfachsten Campingplatz das Zelt aufgeschlagen und unser Abendessen zubereitet. Der einsetzende ausdauernde Regen hält uns den nächsten Tag im Zelt fest. Es hat sich bewährt lieber zu warten und wirklich, bei Sonnenschein brechen wir einen Tag später auf. Es geht kräftig in die Höhe. Zunächst auf guter Piste mit sagenhaften Rückblick auf den Ohau-See und der Schneekuppe des Mt. Cook dahinter. Leider erfordert bald das grobe Gestein auf dem Weg unsere ganze Konzentration. Selbst die anschließende Talfahrt erlaubt wegen der schlechten Wegbedingungen wenige Seitenblicke. Der Trail endet auf einer geschotterten Straße. Schönstes Umfeld und Weitblicke aber wenig Möglichkeit diese zu genießen, da der lose Schotter den Blick nur nach vorne erlaubt.
Geruhsamer erleben wir die nächsten Tage. Entlang von Stauseen und Flüssen bewegen wir uns talwärts. Selbst der Wind meint es gut mit uns.
Erst am letzten Tag, bevor wir den Pazifik erreichen, stellen sich noch einmal Berge in den Weg. Merkwürdigerweise ist es in Küstennähe deutlich kälter als oben in den Bergen. Müde und bei Regen erreichen wir den Ort Oamaru. Zelten wollen wir nicht. Da viele Unterkünfte voll sind dauert es etwas länger in der recht hügeligen Stadt eine Bleibe zu finden.
Zur Abwechslung von den Nudelgerichten essen wir am Abend jeder eine viel zu große Pizza.
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