Sep 022012
 

138. Reisetag 

8408 km 

51.337 Höhenmeter

 

Die Nacht zur Abwechslung mal in einem richtigen Bett verbracht. Auch nicht schlecht. Zumal eine kräftige Regen- und Gewitterfront vorbeizog.

Das „Meer“ gehört noch zum Golf von Sankt Lawrence. Es ist sehr Nährstoffreich und deshalb beliebt bei den Walen. Die beabsichtigte Whale-Watching Tour fiel wegen starkem Wind leider aus. In den nächsten Tagen wohl auch.
So radelte ich weiter auf dem Cabot Trail. Diesmal quer durch das Binnenland zur anderen Inselseite. Rundherum nur Wälder, Täler und Berge. Ich war noch im Nationalpark.
Anfangs flach, aber schon nach wenigen Kilometern ging es steil in die Höhe. Deutlich steiler als am Vortag. Der Wind half mir etwas. Es war trotzdem sehr anstrengend mit all meinem Gepäck in 3,5 km 400 Höhenmeter zurückzulegen. Kurz vor der Passhöhe gab es einen kräftigen Regenschauer.
Damit hatte ich meine steilste Strecke in Kanada, bezogen auf die Länge, hinter mich gebracht. (So hoffte ich.) Deutlich steiler als die Straßen in den Rocky Mountains.
Oben angekommen ging es über eine Ebene mit Busch, Gras und zerzausten Nadel- und Laubbäumen. Hatte gehofft noch einmal Elche zu sehen. Diese trifft man eher früh am Morgen oder abends – das ist nicht meine Reisezeit.
Bald ging es wieder in die Tiefe. Bei der Talfahrt mit Sicht aus Radfahreraugenhöhe wunderte ich mich, dass ich die Bergfahrt überhaupt geschafft hatte. Es ging sehr steil nach unten, fast auf Meereshöhe, über einen Bach. Danach gleich wieder 100 m in die Höhe.

Ich schwächelte an diesem Tag ein wenig. Sofort schlichen sich in die Gedanken die bequemen Vorstellungen: Wie schön ist es zu Hause. Warum machst du die Tour und willst du ewig weiterfahren.

Bereits gegen Mittag suchte ich den Campingplatz auf. Der nächste wäre in 30 km Entfernung gewesen. Noch bevor ich mein Zelt aufbaute hielt ich auf einer Bank einen Mittagsschlaf. Hatte eine wunderbare Sicht über die Küste. Bin jetzt am Atlantischen Ocean.
Am Abend wurde ich von zwei amerikanischen Paaren zum Wein und Unterhaltung eingeladen. Bis der Regnen kam. Verkroch mich ins Zelt. Die Nacht war unruhig mit wenig Schlaf. Ein kleiner Sturm zog über mich dahin. Das Heulen kündigte jeweils die Böe an, die das Zelt auf den Boden drückte. Nur durch meine Einlage flog es nicht weg. Wasserdicht war es und kein Riss in der Zeltwand. Am Morgen stürmte es weiter. In einer kurzen Regenpause konnte ich das Zelt nass einpacken. Gefrühstückt hatte ich trocken in einer Schutzhütte. Auf dem Zeltplatz traf ich einen anderen Radler, der in die gleiche Richtung fuhr. Wir sind zusammen losgefahren und hatten in etwa die gleiche Geschwindigkeit. Der starke Wind stand uns meist zur Seite. Es ging viel über die Berge, mit wundervollem Blick über die Küsten.
Der auf der Karte angegebene Zeltplatz zur Übernachtung war schon vor Jahren geschlossen. Die Touristeninformation wusste davon nichts. Sie hatte uns noch die Kilometerzahl dorthin mitgeteilt Auf dem Gelände bauten wir unser Zelt trotzdem auf. Es war bereits spät und eine einsame Gegend. Nachts heulten die Koyoten (oder Wölfe) den Vollmond an. Die Gänsehaut kam augenblicklich. Ich versicherte mich, mein Bärenspray hatte ich mit ins Zelt genommen. Schlief bald wieder ein.
Zum Morgen hin kroch die Kälte zu mir und ich tiefer in meinen Schlafsack. Den hatte ich in den letzten Zeit nur als Decke verwendet. Der Sommer neigt sich dem Ende zu.

Wegen der Kühle wollten wir im nächsten Ort frühstücken. Die nächste Gelegenheit bot sich erst 30 km später. Wir waren bereits auf einem viel befahrenen Highway. Dieser brachte uns nach Sydney. Dort kaufte ich mir mein Fährticket für die Überfahrt nach Neufundland für den nächsten Tag.

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