9631 km
Die Mountain-Lodge verlasse ich nach einem guten Frühstück am sonnigen Morgen. Ich rolle hinunter ins breite Tal. Dort fahre ich flach talab auf kleiner Straße. Neben mir das alltägliche Leben in den Dörfern. Maiskolben werden in einer Mühle zu Futter geschrotet. Eine Ziege weigert sich an einer anderen Stelle wieder neu angebunden zu werden. Spinat wird geerntet. In einem Dorf ist gerade Markttag.
Ich erreiche den kleinen Saklikent-Nationalpark. Ein Fluss hat sich eine 18 km lange Schlucht durch das Gebirge gebahnt. Bin alleine hier. Das Eintrittshäuschen ist geschlossen, kann mich aber durch das Drehkreuz zwängen. Über einen hölzernen Bohlenweg betrete ich die Klamm über ca. 200 Meter. Danach müsste ich durchs Wasser waten. Behalte meine Schuhe an und kehre um.
Die Weiterfahrt erfolgt entlang des breiten mit Schotter gefüllten Flussbettes. Der Fluss kennt nur ein Bergab. Ich muss diverse Hügel überqueren. Ich nähere mich der antiken Stadt Xanthos, früher Hauptstadt und die größte Stadt Lykiens. Am Rande eines Ackers sehe ich den oberen Bogen eines Tores aus dem Boden herausragen. Es gibt noch viel zu graben. Ein Schäfer treibt seine Herde daran vorbei. Einige Kilometer weiter stehen wie gehabt die Ruinen von Theater, Agora und Kirche. Hinzu kommen viele Sarkophage und Felsengräber. Dazwischen farbenfrohe Blumenwiesen.
An dieser antiken Stätte haben auch Landschildkröten ihr gefallen gefunden. In Mengen sind sie zu sehen. Es scheint gerade Paarungszeit zu sein, nicht mit einem Brunftschrei wie von einem Hirsch, sondern mit einem Klack-Klack.
Bereits fünf Kilometer weiter liegen die Ruinen der Stadt Letoon, mit Xanthos als Weltkulturerbe gelistet. Der Name ist vom Heiligtum der Göttin Leto abgeleitet, die eine Geliebte von Zeus und Mutter seiner Kinder Apollo und Artemis sein soll.
Ich befinde mich im Tomatenland. Die gesamte breite Flussebene ist mit Gewächshäusern zugepflastert. Mit wenigen Ausnahmen wachsen darin Tomaten. Dazwischen weiden auf schmalen Streifen Ziegen. Es gibt nur eine Winter-/Frühlingsernte. Der Sommer ist einfach zu heiß. Die Tomaten stehen zwar in der Erde, aber ihren Wachstum verdanken sie der Chemie, die fusionsartig tröpfchenweise zugeleitet wird. Wahrscheinlich stammen bereits die Samen aus der Genfabrik – den Werbeschildern nach zu schließen.
Problemlos darf ich in die Gewächshäuser hineinschauen und bekomme viele Tomaten geschenkt. Als Nicht-Tomatenesser versuche ich die Menge jeweils auf eine Tomate zu begrenzen.
Am Rande der Tomatenebene liegt an einem kleinen Bach eine Pension. Ich treffe dort ein Ehepaar aus Berlin. Sie wandern auf dem Lykischen Weg, ein 500 km langer Wanderweg entlang der Küste. Wir erhalten ein gutes vegetarisches Abendessen. Anschießend spendiert der etwas deutsch sprechende Wirt kleine türkische Köstlichkeiten und reichlich Raki.
Ein warmer Tag kündigt sich an. Meine Stiefel und Beinlinge habe ich eingepackt, Sandalen und T-Shirt sind angesagt. Ich mache einen kleinen Morgenspaziergang zu einer alten lykischen Festung, von der nur Mauern und Wehrtürme erhalten sind. Interessant ist der Mauerbau. Die Lykier fügten die Steine polyederförmig zusammen. Die Römer bauten mit quaderförmigen Blöcken.
Meine nächste Station ist der nahe liegende Ort Patara. Nicht nur der längste unterbrochene Sandstrand der Türkei ist hier zu finden, auch spielt er in der Geschichte eine wesentliche Rolle. So unpassend es klingen mag, der Nikolaus ist hier geboren, ein byzantinischer Bischof des 4. Jh. aus Myra.
In Zeiten davor, war der Ort ein lykischer Hafen, hatte berühmte Tempel, von denen wenig zu sehen ist und weitere Ruinen. Aufwändig restauriert ist das Buleuterion (Versammlungsort), das „Parlament“ des Lykischen Bundes, oft als erste demokratische Union bezeichnet.
Ansonsten ist der Ort langweilig, am nächsten Tag geht’s weiter erst über eine Bergkette, dann an der Küste entlang nach Kas.
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