9072 km
Donnerstag ist Regentag. Ich bleibe einen weiteren Tag in Didim. Der Touristenstadtteil am Meer besteht aus Appartements, Maklerbüros, Zahnkliniken, geschlossenen Hotels und Restaurants. Trostlos. Das Leben, das sonst in den türkischen Orten herrscht gibt es hier nicht. Werde direkt unruhig.
Den Freitag hätte ich mir dann schöner gar nicht wünschen können. Wenig Wind, blauer Himmel, Fahrt im T-Shirt und viel Freude unterwegs zu sein. Das Gelände ist meist hügelig und mit Olivenbäumen bepfanzt. Zwischen den Bäumen weiden Schafherden, ab und zu ist ein Esel angepflockt. Auf ebenen Flächen stehen Orangenbäume und Felder.
Die Straße führt am See Bafa Gölü vorbei. Früher (vor 2500 Jahren) war hier das Meer. Durch Ablagerungen der Flüsse, die auch den antiken Städten zu schaffen machten, war ein Arm vom Meer abgeschnitten und ist ein Binnensee geworden. Die steilen Berge (fast) rundherum lassen ein wenig Alpenatmosphäre aufkommen. Bei einem Stopp am Uferrastplatz bekomme ich von freundlichen Menschen Tee und Kuchen angeboten.
Auf der Weiterfahrt halte ich an einer Fabrik mit stark rauchendem Schornstein. Hier werden die Reste der Olivenölproduktion in drehenden Trommeln erhitzt. Was genau gemacht wird kann ich nicht erfahren. Bin nur bis zum Heizer vorgedrungen. Der weitere Zugang wird mir verwehrt. Meine Vermutung – der Restölanteil verdampf und wird kondensiert. Der trockene Rückstand ist Heizmaterial.
Auch dieser Tag ist nicht ganz ruinenlos. Keine bange, es gibt nur zwei Fotos dazu. Schön an einem Hang von Olivenbäumen umgeben sehe ich die Ruinen des Zeus-Tempels von Euromos aus dem 2. Jh. n. Chr. Er gilt als einer der sechs besterhaltenen Tempel von Asien.
Vorher auf einem Feld sah ich bereits diverse Säulenreste. Archäologen hätten auch hier noch genügend auszugraben. Zum Tempel soll noch eine versunkene Stadt gehören.
Kurz vor Milas, meinem Übernachtungsort halte ich noch an einer Teestube. Treffe einen netten Alten, wir verstehen uns wortlos.
Später im Hotel gibt es zum Abendessen sogar ein Büfett mit hohem Gemüseanteil.
Der nächste Morgen beginnt mit einer steilen Auffahrt über eine Hügelkette. Habe es lieber, wenn ich mich erst auf flacher Straße etwas einfahre. Geht aber nicht immer. An diesem Tag herrscht relativ viel Verkehr, verglichen mit den Tagen vorher.
An einem flachen See sehe ich einige Flamingos. Sie haben dünne Stelzenbeine. Ihr Kopf steckt meist im Wasser.
Am Wegesrand stehen ab und zu kreisrunde Kuppelbauten. Es sind Wasserspeicher aus dem 19. Jahrhundert zur Sicherstellung der Wasserversorgung von Vieh und Feldern.
Nach dem Überqueren einer weiteren Hügelkette erreiche ich die Ägäisküste. Mit schöner Sicht fahre ich am Wasser entlang.
Manch riesiger Hotelkomplex, eingezäunt und zur Zeit geschlossen steht am Ufer.
Ich übernachte in Torba auf der Bodrumhalbinsel. Es gibt einige Fischerboote und damit auch Fischer, aber Touristen sind das Hauptgeschäft. Alles ist geschlossen, es gibt nicht einmal ein Restaurant. In einem kleinen Laden kaufe ich mir zur Abendmahlzeit Schafskäse und Brot, dazu gibt es ein Bier.
Das Gedicht von Eva Strittmatter habe ich von einer Leserin zugeschickt bekommen. Vielen Dank Monika.
Es spiegelt einen Teil meiner Empfindungen wieder.
Anbeginn
Mein Leben setzt sich zusammen:
Ein Tag wie dieser. Ein anderer Tag.
Glut und Asche und Flammen.
Nichts gibt es, was ich beklag.
Früher habe ich so gefühlt:
Irgendwas Großes wird sein.
Inzwischen bin ich abgekühlt:
Es geht auch klein bei klein.
Was soll schon Großes kommen?
Man steht auf, man legt sich hin.
Auseinandergenommen
Verlieren die Dinge den Sinn.
Doch manchmal sind solche Stunden
Von Freiheit vermischt mit Wind.
Da bin ich ungebunden
Und möglich wie ein Kind.
Und alles ist noch innen
In mir und unverletzt.
Und ich fühle: Gleich wird es beginnen.
Das Wunder kommt hier und jetzt.
Was es sein soll? Ich kann es nicht sagen.
Und ich weiß auch: das gibt es gar nicht.
Aber plötzlich ist hinter den Tagen
Noch Zukunft ohne Pflicht.
Und frei von Furcht und Hoffen,
Und also frei von Zeit.
Und alle Wege sind offen.
Und alle Wege gehen weit.
Und alles kann ich noch werden,
Was ich nicht geworden bin.
Und zwischen Himmeln und Erden
Ist wieder Anbeginn.
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